Das Leben in Spaniens alten Höhlen

Seit Generationen leben, lieben und sterben die Menschen in den Höhlen von Sacromonte und Guadix.

Von Alexandra Genova
bilder von Tamara Merino
Veröffentlicht am 27. Aug. 2018, 14:53 MESZ
Kinder spielen in verlassenen Höhlen neben ihren eigenen Höhlenwohnungen. Früher war jede Höhle bewohnt, aber mittlerweile ...
Kinder spielen in verlassenen Höhlen neben ihren eigenen Höhlenwohnungen. Früher war jede Höhle bewohnt, aber mittlerweile stehen mehrere Höhlen des Dorfes leer.
Foto von Tamara Merino

Schon seit Jahrtausenden suchen Menschen in Höhlen Zuflucht. Im Süden Spaniens dienten solche Felsformationen lange als Schutz vor wilden Stürmen und Raubtieren. In späterer Zeit dienten sie als Zufluchtsort vor religiöser und rassistischer Verfolgung. Heutzutage gedeiht in ihnen eine einzigartige und stolze kleine Gemeinschaft, die dem modernen Leben zugunsten der friedlichen Einsamkeit der Berge entsagt.

Die chilenische Fotografin Tamara Merino, die auf der ganzen Welt Menschen fotografiert, die in Höhlen leben, interessiert sich dabei vor allem für die Geschichte und die Beziehung zwischen der Landschaft und ihren Einwohnern. „Ich war schon immer fasziniert von der Art und Weise, auf die sich Menschen mit ihrem Land und ihrer Umwelt identifizieren und wie diese ihr Leben beeinflussen“, sagt Merino.

Für den zweiten Teil ihres fortlaufenden Projekts – der erste Teil führte sie in die australische Stadt Coober Pedy – verbrachte Merino zwei Wochen in der spanischen Region Andalusien. Dort fotografierte sie das Leben jener Menschen, die in der von Höhlen durchzogenen Landschaft leben. „Das wichtigste war, keine Vorurteile zu haben“, sagt sie. „Ich sitze gern mit Menschen zusammen und höre mir ihre Geschichten an. Ich teile auch mein eigenes Leben mit ihnen.“

BELIEBT

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    Über dem Dorf Benalúa in den Bergen Südspaniens verdunkelt sich der Himmel.
    Foto von Tamara Merino
    Manuel Gonzales und Encarna Sanchez posieren in ihrem Wohnzimmer für ein Porträt. Die Höhle war das Haus von Encarnas Eltern und sie wurde dort geboren. Manuel wuchs ebenfalls in den Höhlen von Guadix auf und lebt nun mit ihr und ihrem Hund in der Höhle aus ihren Kindheitstagen.
    Foto von Tamara Merino
    Eric, ein Einwanderer aus Deutschland, lebt seit 1998 in den Höhlen von Sacromonte. Er verdient sich seinen Lebensunterhalt damit, dass er in den Straßen von Granada Rockmusik macht.
    Foto von Tamara Merino

    In der Provinz Guadix, in der es etwa 2.000 unterirdische Häuser gibt, traf sie auf Anwohner, die heute noch das Leben jener Bauern führen, die dort vor 500 Jahren wohnten. „Sie leben noch immer mit ihren Tieren zusammen in den Höhlen“, sagt Merino.

    Am Sacromonte, dem heiligen Berg, liegen zahlreiche Höhlen über den Ausläufern von Granada, einem Schmelztiegel der Kulturen und Ethnien. In den abgelegenen Bereichen der oberen Bergregionen wohnen hauptsächlich illegale Siedler. Bei vielen von ihnen handelt es sich um Einwanderer ohne Dokumente. In den unteren Regionen wohnen größtenteils gemeldete Anwohner, die aus kulturellen oder ökologischen Gründen in den Höhlen leben, wie Merino sagt.

    Die zwölfjährige Judith, die in Guadix lebt, läuft über das „Dach“ einer Höhlenwohnung. In der Region wohnen Menschen seit Jahrhunderten in den Felsformationen.
    Foto von Tamara Merino

    Sacromonte ist auch der Geburtsort des spanischen Flamencos – der Tanz entstammt der spanischen Romagemeinde. Viele Mitglieder der Gemeinschaft, darunter auch Henrique Amaya, leben weiterhin in den Höhlen, um ihre Kultur zu würdigen.

    „Ich wurde in einer Höhle mit unseren Haustieren und wilden Tieren geboren“, sagt Amaya, dessen Familie seit sechs Generationen in den Höhlen von Sacromonte lebt. Seine Vorfahren waren die Schöpfer des Flamenco-Tanzes Zambra, der erstmals vor mehr als 500 Jahren in diesen Höhlen getanzt wurde.

    Amaya war erst drei Jahre alt, als er mit dem Tanzen begann. Für ihn wirkt das Tanzen des Flamencos und das Vortragen von Gitano-Poesie an diesem Ort, der so voll von persönlicher Geschichte ist, wie eine starke Verbindung zu seinen Vorfahren. „Es fühlt sich rein und frisch an“, sagt er. „Wie wenn ich um vier Uhr morgens zu einem Wasserfall gehe und mein Kopf unter das Wasser halte.“

    Mbacke steht vor seiner Höhle und kann von dort aus Granada überblicken.
    Foto von Tamara Merino
    Senegalesische Einwanderer sitzen in einer Höhle in den oberen Bereichen der Hügel. Die Höhlen von Sacromonte sind als Heimat einer großen Gitano-Gemeinschaft bekannt, bieten aber Menschen aus aller Welt ein Zuhause.
    Foto von Tamara Merino
    Mbacke sitzt auf seinem Bett in Sacromonte, wo er nun seit etwa zwei Jahren lebt.
    Foto von Tamara Merino

    Tocuato Lopez hat ebenfalls schon sein ganzes Leben in den Höhlen verbracht. Seine Familie lebt seit vier Generationen in den Guadix-Höhlen. In der unerträglichen Sommerhitze bieten sie einen kühlen Zufluchtsort. Viel wichtiger ist aber, dass sie den Bewohnern ein Gefühl der tief verwurzelten Gemeinschaft geben. Obwohl er in Armut aufgewachsen ist – er und seine Schwester liefen früher in die vier Kilometer entfernte Nachbarstadt, wo sie um Essen bettelten –, liebt er seine Heimat.

    „Ich bin sehr stolz darauf, dass ich aus der Höhle komme und noch immer in der Höhle lebe“, sagt der vierfache Vater. „Ich werde in der Höhle sterben.“

    Die Eingangstür einer Höhle in Sacromonte steht offen. Die Differenzen zwischen Stadt und Bewohnern sorgen regelmäßig für Streit um die Höhlen und deren ungeklärten rechtlichen Status.
    Foto von Tamara Merino

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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