Genie oder Wahnsinn? Die Märchenschlösser von König Ludwig II.

Kein deutscher Monarch der Neuzeit gilt als so exzentrisch wie König Ludwig II. von Bayern. Seine Leidenschaft für prunkvolle Schlösser grenzte an Besessenheit – und verschlang Unsummen.

Von Jens Voss
Veröffentlicht am 12. Sept. 2022, 12:20 MESZ
Blick auf Deutschlands berühmtestes Schloss: Neuschwanstein bei Füssen im deutschen Allgäu

Deutschlands berühmtestes Schloss: Neuschwanstein bei Füssen im deutschen Allgäu

Foto von Adobe Stock

Realität und Scheinwelt – bei Ludwig II. prallten zwei Universen aufeinander. Der bayerische König (*25. August 1845, † 13. Juni 1886) schwärmte für die germanischen Sagen des Mittelalters, für die Mystik des Orients und für die grenzenlose Macht der französischen Könige des Absolutismus. Die Wirklichkeit im Freistaat sah allerdings anders aus. Ludwig war ein Staatsoberhaupt mit Rechten und Pflichten. Als konstitutioneller Monarch war er an die Verfassung gebunden. Schon zwei Jahre nachdem er 1864 als 18-Jähriger den Thron bestiegen hatte, verlor er den „Deutschen Krieg“ gegen Preußen – und damit weiter an Einfluss.

Früh erschuf er sich eine schillernde Traumwelt, in der er sein Ideal eines „heiligen Königtums von Gottes Gnaden“ ausleben und sich seinem exzentrischen Lebensstil hingeben konnte. Später lebte der menschenscheue Herrscher meist nachts und schlief am Tag. Sichtbarer Ausdruck dieser selbsterschaffenen Gegenwelt sind die luxuriösen Schlösser, die sich der Märchenkönig bauen ließ – zu einer Zeit, in der sich das Bild der Gesellschaft durch das aufstrebende Bürgertums dramatisch wandelte.

Der junge König Ludwig II. mit Generalsuniform und Krönungsmantel

Foto von Ferdinand von Piloty, 1828,1895, Public domain, via Wikimedia Commons

Schlösser wie am Fließband

Bereits Vater Maximilian II. und Großvater Ludwig I. galten als große Bauherren. Doch die Vorhaben von Ludwig II. sollten alles Bisherige in den Schatten stellen. Als Höhepunkte gelten seine drei berühmten Königsschlösser: Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee.

Tatsächlich hat er sich die meiste Zeit seines Lebens in anderen Anwesen aufgehalten. Einige befanden sich schon seit Generationen im Familienbesitz. Die ohnehin zahlreichen Besitztümer hielten den Monarchen allerdings nicht davon ab, laufend neue Bauprojekte und Änderungswünsche durchzusetzen. Bis kurz vor seinem Tod plante Ludwig den Bau weiterer Schlösser. Dabei hatten die Kosten der laufenden Projekte längst seine finanziellen Mittel überstiegen. Ludwig II. bezahlte seine Bauprojekte aus seinem Privatvermögen und seiner Ziviliste, dem für Monarchen bestimmten Betrag im Staatshaushalt.

Die Münchner Residenz, von 1508 bis 1918 Sitz der bayerischen Herrscher und mit mehr als 40.000 Quadratmetern Grundfläche das größte Stadtschloss Deutschlands, bezog der royale Extentriker indes nur wenige Wochen im Jahr. Und zwar nur so lange, um der in der bayerischen Verfassung festgeschriebenen Residenzpflicht zu genügen.

Galerie: Märchenkönig Ludwig II. und seine Schlösser

„Die Geheimnisse von Neuschwanstein“ im TV auf National Geographic

In enger Abstimmung mit der Bayerischen Schlösserverwaltung dokumentiert die deutsche National Geographic-Eigenproduktion „Die Geheimnisse von Neuschwanstein“ die bisher umfangreichste Restaurierung in der Geschichte des Schlosses. Sie gewährt exklusive Einblicke hinter die Kalkstein-Fassaden, fördert überraschende Entdeckungen zutage und nähert sich dabei nicht zuletzt auch der geheimnisvollen Persönlichkeit des legendären Märchenkönigs.

Sendetermin: TV-Premiere, am Sonntag, 25. September um 21:00 Uhr auf National Geographic

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