Afrikanische Frauen rücken in den Mittelpunkt

Von modebewussten Sapeuses in Brazzaville, Republik Kongo, bis hin zu Unternehmerinnen in Gambia, die mit Heimtextilien handeln – Frauen in ganz Afrika nehmen ihr Leben selbst in die Hand.

JOHNNY LANGENHEIM

Foto von VICTOIRE DOUNIAMA

Brazzaville: Ein kulturelles Zentrum am Kongo

Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo, wurde 1880 von dem in Italien geborenen französischen Entdecker Pierre Savorgnan de Brazza gegründet. Knapp die Hälfte der 5,7 Millionen Einwohner*innen des Landes leben in Brazzaville. Die Hafenstadt liegt am Ufer des Kongo und ist das wichtigste administrative und kulturelle Zentrum des Landes. Seit 2013 ist Brazzaville eine von der UNESCO ausgezeichnete „Creative City of Music“ und Sitz des African Music Councils. In der Stadt finden zahlreiche hochkarätige Musikfestivals statt. Ebenso steht Brazzaville für Mode und hier fand im April 2022 die erste Brazza Fashion Week (BFW) statt.

Foto von National Geographic CreativeWorks

Die kolonialen Wurzeln der Sape

Anfang des 20. Jahrhunderts übernahmen kongolesische Männer in Brazzaville und Leopoldville (heute Kinshasa, die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo) die Mode und den Stil der europäischen Aristokratie, den Dandy-Look. Dies war der Versuch, von den französischen und belgischen Kolonialherren Respekt einzufordern. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten kongolesische und andere afrikanische Soldaten mit einer Mode nach Hause zurück, die sie aus Europa mitgebracht hatten. In den 1980er-Jahren war die Sape – ein Akronym für La Société des Ambianceurs et des Personnes Élégantes (Gesellschaft der Stimmungsmacher und eleganten Menschen) in beiden Städten etabliert. Die Subkultur hatte sich von ihren kolonialen Wurzeln gelöst und wurde von kongolesischen Musikstars wie Papa Wemba beeinflusst.

Foto von Wikimedia Commons

Eine kongolesische Bewohnerin der Sape Couture

Heute ist die Sape ein internationales Phänomen, das mit Anhängern in den kongolesischen Quartieren in europäischen Städten wie London, Paris und Brüssel Aufmerksamkeit erregt. In Brazzaville performen die Sapeurs in ihren Stadtvierteln. Mit fantasievoller Mode und großer künstlerischer Kreativität bauen sie ihr Alter Ego auf, mit dem sie sich von ihrer Alltagsumgebung abheben. Sapeurs tragen extravagante Anzüge zu alten Pfeifen, zu Filzhüten, zu übergroßen Sonnenbrillen, zu polierten Spazierstöcken, zu übergroßen Krawatten, Anzugschuhen und Taschenuhren. Sapeurs präsentieren ihren persönlichen Stil durch markante Posen und durch den unverwechselbaren rollenden Gang, der einzigartig für die Sape und als Diatance bekannt ist.

Foto von Yagazie Emezi

Aufstieg der Sapeuses

Die Unternehmerin und zweifache Mutter Laurence Ndzimi wirft sich in Pose. Ndzimi ist Mitglied von Mavula Sape, einer offiziellen Gruppe der Sapeuses in Brazzaville. Im vergangenen Jahrzehnt haben sich zu den Sapeurs auch ihre weiblichen Gegenstücke, die Sapeuses, gesellt. Diese Frauen widerlegen die Auffassung, dass Raffinesse und modische Eleganz vom wirtschaftlichen Status abhängen und brechen mit traditionellen Geschlechterrollen. „Frauen in Afrika haben schon immer ihre Stimme erhoben“, sagt die Fotografin und National Geographic Explorer Yagazie Emezi. „Sie wurden nur zum Schweigen gebracht oder ignoriert. [Heute] übernehmen Frauen politische Rollen und sind Aktivistinnen.“

Foto von Yagazie Emezi

Designerstücke und andere Fundstücke aus dem Secondhandladen

Sapeuses beschaffen und individualisieren ihre Kleidung und Accessoires in Secondhandläden, in Boutiquen, Schneidereien oder auf Märkten. Oft wenden sie einen erheblichen Teil ihres bescheidenen Einkommens für ihre Kleidung auf. Auf dem Markt Poto-Poto im Herzen von Brazzaville finden sich zahlreiche Verkaufsstände mit Secondhandmode, Tintage-Teilen und Accessoires. Messani Grace (links) ist Präsidentin von Mavula Sape. Sie und ihre Mitstreiterinnen treten oft in einem Fernsehprogramm auf, das der Sape gewidmet ist. Messanis Hoffnung ist, dass es eines Tages Gelegenheiten für Frauen gibt, die Sape international zu vertreten.

Foto von VICTOIRE DOUNIAMA

Solidarität und sozialer Wandel

Bei der Sape geht es um mehr als nur um mutige soziale Statements, es geht auch um Solidarität und Freundschaft. Nachbarschaftsverbände wie Mavula Sape bieten Sapeuses Gelegenheiten, sich zu treffen, sich zu unterhalten und mit anderen Gruppen in einen Wettbewerb zu treten. Obwohl die Sape internationale Anerkennung erlangt hat und in großen städtischen Zentren wie Brazzaville (Republik Kongo) und Kinshasa (Demokratische Republik Kongo) eine gewisse Akzeptanz genießt, gibt es immer noch Menschen, die das Schauspiel, bei dem sich Frauen wie Männer kleiden, kritisch beäugen.

Foto von Yagazie Emezi

Eine Subkultur der Selbstbefähigung

Brazzaville ist die Hauptstadt eines Landes, in dem Armut weit verbreitet ist und das tägliche Leben der Menschen schwierig sein kann. Die farbenfrohe Eleganz der Sapeuses und ihrer Kostüme und die Ausgelassenheit ihrer Auftritte mit der unverwechselbaren Musik, den Ritualen und einer besonderen Sprache, verdrängen den Alltag. Sapeuses treten oft in der Öffentlichkeit auf und werden größtenteils als lokale Stars gefeiert. Im Laufe der Jahrzehnte hat die Sape als Vehikel für Widerstand, für friedlichen Protest und sozialen Aktivismus etabliert. Der Einfluss dieser besonderen Subkultur ist heute auf der ganzen Welt spürbar ist.

Foto von Yagazie Emezi

Eine neue Generation im Aufbruch

Die Shows der Sape werden auf dem Sender Télé Congo in der Republik Kongo ausgestrahlt. Messani Grace tritt dort regelmäßig auf, ihre Familie schaut zu Hause zu. Messanis Tochter Daniella hat sich die Subkultur ebenfalls zu eigen gemacht, sagt aber, dass es für Mädchen ihres Alters selten sei, Sapeuse zu werden. „Vielleicht halten es manche für beschämend, aber für mich ist es normal“, sagt sie. Daniella war „sehr schüchtern“, als sie anfing, aber jetzt fühlt sie sich mutig. Obwohl sie mit derselben Leidenschaft wie ihre Mutter dabei ist, hat sie einen ganz anderen Stil entwickelt. Sie trägt Jeans und dazu eine lange Jeansjacke. Auch die Subkultur der Sapeuses ist – Social Media sei Dank – schnellen Veränderungen unterworfen.

Foto von National Geographic CreativeWorks

Afrikanische Frauen sind wirtschaftliche Kraftpakete

Frauen in ganz Afrika holen sich die Macht: Wenn es um Frauen in unternehmerischer Verantwortung geht, sind die Länder im Afrika südlich der Sahara weltweit führend. Viele Frauen eröffnen Stände mit Street Food Stände, Outlets oder Modegeschäfte. Einige dieser Unternehmerinnen bauen ihre Unternehmen zu kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus. Haddy Dibba gründete ihr Unternehmen für Mode und Heimtextilien in Banjul, der Hauptstadt von Gambia. Dab Creations produziert afrikanisch inspirierte Produkte, von Wohnkultur bis hin zu farbenfrohen Modeartikeln. Ihre unternehmerischen Kenntnisse entwickelte Dibba mit Hilfe des UN SheTrades-Programms und des Logistikunternehmens DHL.

Foto von MUHAMADOU BITTAYE

Sich weiterbilden und das Geschäft ausbauen

Haddy Dibba arbeitete sechs Jahre von zu Hause aus, ehe sie 2021 ihren eigenen Laden mit einer eigenen Produktion eröffnete. Jetzt beschäftigt Dibba ihr eigenes Team, um ihre kreativen Ideen in marktfähige Waren zum Verkauf an Einheimische und Touristen zu verwandeln. Mit Unterstützung von SheTrades und dem Logistikunternehmen DHL konnte sie sich Kenntnisse in Buchhaltung, Marketing und Preisgestaltung aneignen. Mit ihrem Ladengeschäft und über die sozialen Medien hat sie einen Kundenstamm außerhalb des Landes aufgebaut. Das Logistikunternehmen DHL „kam zu einer Zeit hinzu, als wir Probleme hatten, unsere Produkte ins Ausland zu schicken, weil der normale Postweg Monate dauern könnte“, sagt sie.

Foto von MUHAMADOU BITTAYE

Unternehmerinnen arbeiten mit dem DHL GoTrade-Programm zusammen

„Wir sind davon überzeugt, dass Frauen eine größere Rolle in der Gesellschaft und in der Wirtschaft im südlichen Afrika spielen sollen und müssen“, sagt Venessa Dewing von DHL. Frauen stehen dabei vor zahlreichen Herausforderungen, darunter unangemessene Vorschriften und überbordende Bürokratie, gesellschaftliche Vorurteile, die alleinige Verantwortung für die Familie, der im Vergleich zu Männern oft niedrigere Bildungsstand und vor allem der eingeschränkte Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. DHLs GoTrade-Programm zielt darauf ab, ein nachhaltiges, inklusives Wirtschaftswachstum für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Schwellenländern auf der ganzen Welt zu unterstützen. Dazu gehört die Unterstützung vieler von Frauen geführter Unternehmen sowie die Bereitstellung von Schulungen, Mentoring und logistischer Unterstützung für Frauen, damit diese mit ihren Unternehmen neue Märkte erreichen und Erfolge erzielen können.

 

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Foto von MUHAMADOU BITTAYE

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