Eine köstliche Liaison in Bayonne

Hier lässt sich das französische Baskenland von seiner Schokoladenseite kennenlernen: Die Hafenstadt Bayonne gilt als Genuss-Metropole.

Von Ceil Miller Bouchet
Veröffentlicht am 11. Dez. 2017, 09:35 MEZ
Pralinen
Pralinen, so weit das Auge reicht, sind in der Schokoladenstadt Bayonne keine Seltenheit.
Foto von Colour Box

Das Aroma von Schokolade taucht Bayonne in einen unwiderstehlichen Duft. Immer wieder sind die Besucher dieser sonst recht bescheiden wirkenden baskischen Stadt im Südwesten Frankreichs davon überrascht. Dabei spielte Bayonne eine entscheidende Rolle in der Verbreitung der Schokolade über ganz Europa. Die Kakaobohne, wichtigste Zutat für die Delikatesse, hatten die spanischen Nachbarn aus ihren Kolonien in Südamerika mitgebracht. Dann kam sie hierher.

Die Herstellung von Schokolade hat in Bayonne Tradition. Ich habe gehört, dass die Confiserie­-Kunst in diesem Hafenstädtchen am Fuße der Pyrenäen derzeit eine Renaissance erlebt. Meine erste Station ist der Teesalon Chocolat Cazenave. Ich lerne bald: Hinter „Salon de Thé“ verbirgt sich in Bayonne eigentlich immer ein Ort, an dem man heiße Schokolade serviert bekommt. Jedes Café zelebriert das auf seine eigene Art. Mal sind es luftig aufgeschäumte Kunstwerke, mal rührt man Ganache, eine Creme aus Kuvertüre und Rahm, in eine Tasse mit heißer Milch. 

Von Bayonnes Altstadt ziehen sich Straßen und Gässchen hoch zur Kathedrale Sainte-Marie.
Foto von Colour Box, Ageev Rostislav

Ich möchte mehr über die Ursprünge dieser Köstlichkeit erfahren und spaziere während einer halbtägigen Verkostungstour mit Andy Fisher durch Alt­-Bayonne. Der Neuseeländer hat hier eine neue Heimat gefunden und ist zum Schokoladenexperten geworden. „Bayonnes Liaison mit der Schokolade begann im 17. Jahrhundert“, erklärt er mir. „Aus Spanien und Portugal kamen Juden in die Stadt, die vor der Inquisition flüchteten. Die spanischen Kolonialherren hatten zuvor die Trinkschokolade in Mexiko kennengelernt.“ Zusammen biegen wir in die Rue Port Neuf ein, in der die ältesten Manufakturen der Stadt ihre Geschäfte haben. Fisher erzählt weiter: „Einige der Eroberer brachten Kakaobohnen mit zurück nach Spanien. Allerdings wurde das bittere Kakaopulver nicht gleich zur Gaumenfreude.“ Erst der Zusatz von Rohrzucker und Zimt machte Schokolade zu einem einzigartigen Genussmittel. Die Rezepte dafür brachten die Juden mit auf ihrer Flucht nach Frankreich. „Schon bald wurde Bayonne zur Schokoladenhauptstadt des Landes“, sagt mein Begleiter.

Wir steuern auf die orangefarbene
 Markise des Maison Pariès zu, eines der 
besten und nobelsten Schokoladenhäuser
 der Stadt. Es wurde 1895 gegründet und 
ist noch immer im Besitz derselben Familie. Die eleganten Pralinen in den Vitrinen 
sehen eigentlich zu schön aus, um sie zu 
essen. Am Ende kann ich aber doch nicht 
widerstehen. Ich wähle die Kanougas-
Karamellbonbons – die alte Spezialität 
des Hauses mit einer angenehm festen Konsistenz –, und zart schmelzende Pralinen, die aussehen wie das Wahrzeichen der Gegend, der Berg La Rhune.

Als Nächstes machen wir uns auf zu Puyodebat, einem der neueren Hersteller von Bayonne-Schokolade. Dort bewundern wir die Sammlung alter Kakaokannen mit Aufschäumern aus Holz. Die Franzosen erfanden dieses elegante Zubehör, als heiße Schokolade in Versailles beliebt wurde. Ich verlasse das Geschäft mit einer kleinen Tüte der Hausspezialität „Craquinettes“, einem würfelförmigen Gebäck aus Schokolade und Haselnüssen.

Als wir am L’Atelier du Chocolat ankommen, fühle ich mich schon ganz aufgekratzt von so viel Zucker. In der Werkstatt streicht die Chefin Sylvie Bernac geschmolzene Schokolade auf eine Platte. „Möchten Sie unsere Spezialität probieren?“, fragt sie mich und schaut von ihrer Arbeit auf. „Wir fügen der Schokolade scharfen Pfeffer aus der Region hinzu.“ Alles, was ich am Baskenland liebe – seine Rauheit und Herzlichkeit –, scheint sich in diesem dunklen Stück Schokolade zu einem komplexen Genusserlebnis zu vermischen: Rustikale Tanine verschmelzen mit zarter Süße, in der eine Spur von pikantem Piment d’Espelette zu schmecken ist – eine großartige Kombination. „Wenn es mir mal nicht gut geht, dann esse ich ein Stück davon, und alles ist wieder in Ordnung“, erzählt mir Bernac. Ich kann mir das gut vorstellen. 

Dieser Artikel wurde gekürzt und bearbeitet. Die ganze Geschichte steht in der Ausgabe 4/2017 des National Geographic Travelers. Jetzt ein Magazin-Abo abschließen!

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