Das geheime Leben der Aale

Ein durchweg glitschiges Sujet. Aber Mythos, Sexsymbol und Gaumenschmaus. Hommage an einen der geheimnisvollsten Fische der Welt - der sich genau andersherum verhält als Lachse: Er verbringt die meiste Zeit seines Lebens in Flüssen und Seen.

Von James Prosek
bilder von David Doubilet
Foto von David Doubilet

Als Kind in Connecticut kannte ich eels, also Aale, vor allem aus Kreuzworträtseln oder vom Scrabblespiel – man kann mit ihnen gut überzählige E loswerden. Später fingen meine Freunde und ich sie manchmal beim Angeln, unabsichtlich. Als lebende Wesen erschienen sie uns merkwürdig. Waren das Schlangen oder so was?

Wir fürchteten uns davor, ihnen die Haken aus dem Maul zu lösen. Irgendwann erklärte uns ein älterer Mann, der uns beobachtete, das seien auch Fische . Fische? Wenn das stimmte, muss­ten es aber ganz besondere Fische sein.

Dann verging eine lange Zeit, in der ich kaum über Aale nachdachte. Bis vor sechs Jahren. An einem kalten Novembertag bin ich in den Cats­kill Mountains im Bundesstaat New York unter­wegs. Ein Schild am Straßenrand kündigt eine „Räucherei Delaware-Delikatessen“ an, und ich folge ihm spontan. Auf einer unbefestigten Fahr­bahn komme ich durch einen düsteren Nadel­wald zu einem kleinen, mit Dachpappe verkleideten Schuppen am Steilufer über dem Delaware River. Hinter der Sperrholztür der Räucherei erscheint ein Mann mit Spitzbart und Pferdeschwanz. Er stellt sich vor: Ray Turner.

Jeden Sommer, wenn der Fluss wenig Wasser führt, richtet Turner – auch er aalglatt, zäh und ein wenig seltsam – die Steinmauern eines Stau­wehrs her, das Wasser durch ein hölzernes Fang­gestell leitet. Fast vier Monate braucht er für diese Arbeit. Es ist die Vorbereitung für die Wanderung der Aale. Nur in zwei Nächten im September kommen sie hier vorüber: Bei Neu­mond, wenn der Himmel am dunkelsten ist und der Fluss am höchsten steht, schwimmen die geschlechtsreifen Aale zum Ozean .

Turner lädt mich ein, ihn zu begleiten. In ei­nem Kanu paddeln wir flussaufwärts zum Wehr. «Das ist „Baldy“», sagt er und zeigt auf einen Weißkopfseeadler, der über uns kreist. Der Vogel späht schon mal zum Fanggatter, um Turner zuvorzukommen, falls dort ein Fisch hängen bleibt. Das breite Tal erinnert an ein Gemälde aus der Zeit der Romantik.

In guten Jahren fängt Turner im September an die 2500 Aale. «Und jedes Mal lasse ich das größte Mädchen im Fluss wieder frei», sagt er. (Ein weibliches Tier, das es bis zu den Laichplätzen im Meer schafft, kann 30 Millionen Eier ausstoßen.) Turner räuchert seine Aale heiß und verkauft sie an Passanten und Händler. Das bringt ihm 20.000 Dollar pro Jahr ein. «Meiner Ansicht nach sind die Aale die besten Protein­lieferanten in meinem Sortiment – mit einem einzigartigen Aroma von Fisch, Apfelbaum-Holzrauch und einem Hauch von dunklem Herbsthonig. Forellen und Lachse werden in Farmen gezüchtet. Nur die Aale nicht. Die stam­men aus freier Wildbahn – echte Biofische also.»

Zurück in der Räucherei, zeigt mir Turner die beiden aus Betonblöcken gebauten Kammern, in denen die Aale – mariniert und gebeizt mit Salz, braunem Zucker und Honig – an Stangen hängen. Hinter jeder Kammer steht ein 200-Liter-Ofen. Bei 70 bis 80 Grad werden die Aale mindestens vier Stunden im Holzrauch gegart.

Hinter dem Schuppen türmen sich sauber geschichtete Stapel aus handgespaltenem Apfelbaumholz. Turner führt mich zu einem hölzer­nen Becken. Es sieht aus wie ein riesiges, halbiertes Weinfass. Außen ist es mit Moos be­wachsen, zwischen den Dauben tropft Wasser heraus. Den oberen Rand umringt ein enger Maschendraht. Ich blicke in das klare Wasser. Als Turner mit einem Netz darin herumrührt, versetzt er 500 silbrige Aale in Aufregung. Die meisten sind knapp einen Meter lang. Ihr ge­schmeidiges Gewimmel wirkt sinnlich und irgendwie magisch.

Süsswasseraale der Gattung Anguilla sind urtümliche Fische. Es gibt sie seit etwa 50 Millionen Jahren, und im Laufe ihrer Evolution entwickelten sie sich zu 16 bis 20 verschiedenen Arten. Wie viele es genau sind, darüber diskutie­ren die Biologen noch. Die meisten wandernden Fische, zum Beispiel die Lachse, sind anadrom (aufsteigend): Sie leben als ausgewachsene Tie­re im Meer und wandern zum Laichen Flüsse und Bäche hoch. Die Süßwasseraale gehören zu den wenigen Fischen, die es umgekehrt ma­chen: Sie verbringen ihr Erwachsenenleben in Seen, Flüssen oder Flussmündungen und lai­chen im Ozean ; Fachleute sprechen von einer katadromen (absteigenden) Lebensweise. In der Regel findet man die Weibchen weiter stromauf­wärts, während die Männchen im Mündungs­gebiet bleiben. Viele Aale leben jahrzehntelang in den Flüssen, ehe sie zum Laichen ins Meer zurückkehren. Danach sterben sie. Bisher ist es niemandem gelungen, Süßwasseraale bei der Fortpflanzung in der Natur zu beobachten.

Im Biologieunterricht haben wir gelernt, dass die in Bächen und Teichen gefangenen Aale aus Eiern geschlüpft sind, die im Ozean trieben. Und dass das Laichgebiet der ostamerikanischen und europäischen Aale vor allem in der Sargassosee liegen soll. Das ist eine große, im Uhrzeiger­sinn kreisende Meeresströmung im Westatlantik. Dass Süßwasseraale sich im Meer fortpflanzen, wissen wir, weil man ihre treibenden Larven dicht unter der Wasseroberfläche mehrere tau­send Kilometer von der nächsten Küste entfernt gefunden hat. Die Larven der Aale sind winzige, durchsichtige Lebewesen mit schmalem Kopf und einem Körper, der wie ein Weidenblatt aus­sieht. Bis 1896 hielt man sie für eine eigene Fischart; erst dann konnten italienische Biolo­gen in einem Aquarium beobachten, wie sie sich in Aale verwandelten.

Geschlechtsreife Aale streben unaufhaltsam wieder dem Ozean zu. Ich habe es selber erlebt, denn ich habe versucht, sie zu Hause in meinem Aquarium zu halten. Gleich an dem ersten Mor­gen, nachdem ich sie eingesetzt hatte, schlän­gelten sich die Aale über den Fußboden von Küche und Wohnzimmer. Mit einem Metallgit­ter über dem Aquarium, das ich mit Steinen beschwert hatte, konnte ich sie zwar einsperren, aber dann scheuerten sie sich an dem Draht wund. Einer verendete bei dem Versuch, durch den Auslass des Wasserfilters zu entkommen. Als ich auch diese Öffnung mit einem Gitter verschloss, schlugen die Aale mit dem Kopf gegen die Glasscheiben, bis sie tot waren. Von da an versuchte ich nie mehr, diese Fische in einem Aquarium zu halten.

Aale sind unheimlich mobil. Sie tauchen in Seen und Teichen auf. Und selbst in Wasserlöchern, die keine erkennbare Verbindung zum Meer haben. Man weiß, dass Aale in regnerischen Nächten zu Tausenden von einem Teich über Wiesen und Weiden in einen Fluss kriechen können. Doch woher wissen sie, wo der Fluss ist? Man hat sogar schon beobachtet, wie junge Aale an moosbewachsenen Mauern emporklettern.

«Wie viele Tiere gibt es, die in derart unter­schiedlichen Lebensräumen zurechtkommen?», sinnierte David Doubilet einmal, als er Aale in Neuseeland fotografierte. Er stand bis zu den Knien in einem Bach, an seiner Tauchermaske hing Brunnenkresse. «Es ist ein Fisch, der in den dunkelsten Tiefen der Ozeane geboren wird, und später finden wir ihn an Land auf einer Kuhweide.» In der Normandie erzählen die Bau­ern von Aalen, die in Frühlingsnächten die Flüs­se verlassen, um in den Gemüsegärten Erbsen zu fressen. Das ist zwar ein Märchen, aber Aale sind tatsächlich die einzigen Fische, die das Was­ser verlassen, wenn man ihnen am Ufer etwas zu fressen anbietet – Makrelen aus der Dose zum Beispiel oder Hundefutter. Die Maori in Neuseeland tun das an besonderen Fütterungs­stellen, wie ich selber beobachten konnte. In freier Wildbahn sind Aale Räuber: Sie fressen Wasserinsekten und Fische ebenso wie Muscheln und andere Aale.

Was uns aber am meisten staunen lässt, sind die Wanderungen der Aale: Zu Millionen machen sie sich von den Flüssen auf den Weg zum Meer, wo sie über Tausende von Kilometern ihre Geburtsstätte finden. Wer von ihnen es schafft, hat viele Gefahren überstanden: Wasserkraft­werke, umgeleitete Flüsse, verschmutztes Was­ser, Infektionen, hungrige Raubfische und Vögel und, nicht zuletzt, fischende Menschen. Heute droht mit dem Klimawandel eine weitere Ge­fahr: Ändern sich die Meeresströmungen, könn­te das die Orientierung der Aale stören. Doch zum Symboltier des Artenschutzes wird der Aal – anders als Panda und Tiger – wohl dennoch nicht werden.

Von Aristoteles bis zu Plinius dem älte­ren, von Izaak Walton bis zu Carl von Linné hatten Naturforscher verschiedenste Theorien über die Herkunft der Aale: dass ihre Brut aus Schlamm entsteht, dass die Aale sich vermeh­ren, indem sie sich an Felsen reiben, dass sie aus dem Tau hervorgehen, der im Mai und Juni fällt, oder dass sie lebende Junge zur Welt bringen. Eine Ursache der Rätselei war wohl, dass man bei Aalen weder Ei- noch Samenzellen finden konnte. Ende des 18. Jahrhunderts wurden in einer berühmten Aalfischerei im italienischen Comacchio im Laufe von 40 Jahren mehr als 152 Millionen ausgewachsene Aale während ihrer Wanderung gefangen und ausgenommen: In keinem einzigen fand man Eier. Man wuss­te nicht einmal genau, ob Aale ein Geschlecht haben, denn bis dahin hatte noch niemand ihre Fortpflanzungsorgane identifiziert. Erst später stellte sich heraus, dass die Geschlechtsorgane der Aale erst dann durch Samen- und Eizellen anschwellen, wenn die ausgewachsenen Fische die Flussmündungen verlassen haben und zu ihren Laichgründen im Ozean schwimmen.

1876 erhielt ein Medizinstudent namens Sig­mund Freud den Auftrag, die Hoden männlicher Aale zu untersuchen. Man hielt weißliche Ge­webeschleifen in der Körperhöhle dafür. Freuds Beschreibung dieser Organe war seine erste wis­senschaftliche Veröffentlichung, aber erst 1897 wurde die Hoden-Theorie bestätigt.

1904 bekam der junge dänische Meeresfor­scher und Biologe Johannes Schmidt eine An­stellung auf dem dänischen Forschungsschiff „Thor“. Er sollte das Paarungsverhalten von Kabeljau und Hering erforschen. Im Frühjahr ent­deckte er westlich der Färöer-Inseln in einem Fischnetz eine Larve des Europäischen Aals Anguilla anguilla. War es möglich, dass die Aale, die in dänischen Bächen lebten, auf hoher See mitten im Atlantik laichten?

Ein Jahr zuvor hatte sich Schmidt mit der Er­bin der Carlsberg-Brauerei verlobt, und das dänische Unternehmen sponserte seine Meeres­forschung. Mit gut ausgerüsteten Schiffen sammelte der Biologe eine Fülle von Daten. Er wies nach, dass die Aale, die er fing, mit zunehmen­der Entfernung von der europäischen Küste immer kleiner wurden. Daraufhin erklärte Schmidt, das Laichgebiet der Aale müsse sich im südwestlichen Teil des Nordatlantiks befin­den: in der Sargassosee. «Es ist kein anderer Fall bekannt, in dem ein Fisch ein Viertel des Erd­umfanges zurücklegen muss, um seine Lebens­geschichte zu vollenden», schrieb er 1923. «Eine Larvenwanderung von solcher Entfernung und Dauer (...) ist im Tierreich einzigartig.»

Schmidt starb 1933, und später bezweifelten manche Wissenschaftler seine Behauptungen über die Sargassosee. Sie fanden heraus, dass er in seinen Artikeln bestimmte Daten unterschla­gen hatte, damit die Aussagen plausibler erschie­nen. Nun fragten seine Kollegen: Wie konnte Schmidt so sicher sein, dass die Sargassosee der einzige Laichgrund der nordamerikanischen und europäischen Aale ist? Schließlich hatte er nie beobachtet, wie Aale aus dem Ei schlüpfen, und er hatte kaum an anderen Orten nach Aalen gesucht. Und dennoch: Bis heute spricht alles dafür, dass Schmidt recht hatte.

Erst vor fast 20 Jahren entdeckten Forscher das Laichgebiet des Japanischen Aals Anguilla japonica. Katsumi Tsukamoto von der Univer­sität Tokio leitete 1991 eine Expedition in den Pazifik. Westlich von Guam fand das Team in einer dunklen Nacht Hunderte von Aallarven, die erst wenige Tage zuvor geschlüpft waren. Mit an Bord war damals Michael Miller, ein junger Forscher an der Universität von Maine.

Als ich Miller in seinem Arbeitszimmer in Tokio besuche, ärgert er sich immer noch, dass es Tsukamoto und ihm damals nicht geglückt war, auch die Eltern der frisch geschlüpften Ja­panischen Aale zu finden: «Wir haben sie viel­leicht nur um 50 Meter verfehlt, aber der Ozean ist riesig. Es besteht nur eine sehr geringe Wahr­scheinlichkeit, dass man an die Stelle kommt, an der die Aale laichen. Da braucht man schon sehr viel Glück.» Und auch das Wetter muss mitspielen. «Ich kann mich an keine einzige Aalreise erinnern», sagt Miller, «auf der uns nicht ein Taifun zu einer Kursänderung gezwun­gen hätte. Man könnte fast meinen, Poseidon persönlich hüte das Geheimnis der Aale.»

Das ist es, was mich an den Aalen am meis­ten fasziniert: die Vorstellung von einem Tier, dessen Lebensbeginn dem Menschen verborgen bleibt. Und möglicherweise werden wir das Rät­sel nie mehr lösen, denn ob Amerikanische, Eu­ropäische oder Japanische Aale: Überall gehen die Bestände zurück.

Vor sechs Jahren, im November 2004, forder­ten die Brüder Doug und Tim Watts in einer Petition an die amerikanische Fischereibehörde FWS, den Amerikanischen Aal Anguilla rostrata auf die Liste der gefährdeten oder sogar vom Aussterben bedrohten Arten zu setzen. So wie in Deutschland der Europäische Aal Anguilla anguilla als stark gefährdet eingestuft ist. Die Watt-Brüder argumentierten mit dem Zusam­menbruch der Aalbestände im oberen Sankt-Lorenz-Strom: Dort war die Zahl der Jungtiere seit Mitte der achtziger Jahre fast auf null zu­rückgegangen. Die Region, zu der auch der On­tariosee gehört, ist in Nordamerika die größte Kinderstube für Aale. Einst sollen allein die weiblichen Aale dort 50 Prozent der gesamten Fisch-Biomasse ausgemacht haben.

Zum Verhängnis wurden den Aalen zwei Staudämme: Sie blockieren die Fischwanderung in den Oberlauf des Sankt-Lorenz-Stromes und in den Ontariosee. Selbst wenn es einem jungen Aal über Fischtreppen gelingt, stromauf voran­zukommen, wird er später, wenn er als ausgewachsenes Tier stromab schwimmt, in die Turbinen der Kraftwerke gesogen. «Manche Aale kommen unten mit abgezogener Haut he­raus», erzählte mir Doug Watts. Und je größer der Aal, desto größer die Gefahr. In Neuseeland, wo die Langflossenaale zwei Meter lang werden, bedeuten Turbinen für sie den sicheren Tod.

Doch im Februar 2007 befand die Behörde, man werde den Amerikanischen Aal nicht auf die Schutzliste setzen. Als Grund wurde ange­geben, dass Aale ja nicht zwangsläufig ins Süßwasser hinauf wandern müssten. Manche würden ihr ganzes Leben im Brackwasser der Flussmündungen bleiben. Watts ist empört: «Das ist, als würde man sagen: Weißkopfseead­ler brauchen keine Bäume. Sie können ihre Nester ja auch auf Telefonmasten bauen.»

Aber selbst wenn die Aale den Wasserkraft­werken entkommen, fallen sie immer häufiger dem größten Raubtier der Erde zum Opfer: uns. Der internationale Handel wird vor allem durch den Appetit der Japaner auf gegrillten Aal (ka­bayaki) angetrieben. In Japan glaubt man, Aal­fleisch verleihe Energie, besonders bei Hitze, und der „Aaltag“ (Doyo Ushi No Hi) wird meist Ende Juli gefeiert. 2009 wurden allein in diesem Monat auf dem Tsukiji, dem berühmten Fisch­markt von Tokio, mehr als 50.000 Kilo Aal ver­kauft. Die Fische werden fast immer in Restaurants verspeist, die ausschließlich Aal anbieten. Denn es ist nicht eben einfach, die Tiere zu schlachten, auszunehmen und zuzube­reiten. Im Unterschied zu anderen Fischarten wird Aal auch nie roh serviert. Sein Blut enthält ein Nervengift, das erst durch Kochen oder Räu­chern seine Wirkung verliert.

Meistens wird Aal auf Bambusspießen über einem Holzfeuer gegrillt. Zwischendurch taucht man ihn mehrmals in Wasser, so dass das Fleisch feucht bleibt. Anschließend wird er mit einer Marinade aus Sojasoße, süßem Reiswein und Zucker bestrichen und mit sansho (Szechuan­pfeffer) bestreut. Dann halbiert der Koch den Aal der Länge nach, legt ihn in ein Reisbett und reicht ihn im unaju, einer schwarzen Lack­schachtel mit roter Innenseite. Die Leber ser­viert man in einer Suppe, die Wirbelsäule wird gern tiefgefroren geknabbert.

Angeblich schneidet man in Tokio den Aal am Rücken entlang auf, damit der Vorgang nicht an den traditionellen Selbstmord der Samurai erinnert, die sich ein Schwert in den Bauch stießen. In Kyoto, wo es weniger Samurai gab, schlitzt man den Aal auf der Bauchseite auf. Dort behaupten die Leute auch, die Frauen der Stadt hätten eine besonders schöne Haut, weil sie viel Aal essen. Tatsächlich ist das Fleisch reich an den Vitaminen A und E, und wegen der hohen Konzentration an Omega-3-Fettsäuren schützt es angeblich gegen Diabetes des Typs 2 (Altersdiabetes).

Der Handel ist bis heute auf die in freier Wildbahn gefangenen Fische angewiesen. Ein Aal, der in Manhattan auf den Teller kommt, ist vielleicht im Atlantik aus dem Ei geschlüpft, wurde als Jungtier – als Glasaal – in einer Fluss­mündung in Frankreich gefangen, per Flugzeug lebend nach Hongkong transportiert, in einer Fischfarm in Guangdong großgezogen, in einer benachbarten Fabrik ausgenommen, gegrillt und verpackt, und schließlich per Luftfracht nach New York geschickt. Wie man Aale in Gefan­genschaft profitabel vermehren könnte, das hat bisher noch niemand herausgefunden.

(NG, Heft 11 / 2010, Seite(n) 82 bis 99)

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