Die kontroverse Geschichte von Hundefleisch, von der Antike bis zu den Olympischen Winterspielen

Nicht nur das heutige Asien hat mit der komplexen Problematik zu kämpfen.

Von Heather Brady
Veröffentlicht am 20. Feb. 2018, 17:46 MEZ

Vor den Olympischen Winterspielen 2018 bat die südkoreanische Regierung die zwölf Restaurants in und um Pyeongchang, die Hundefleisch verkaufen, diesen Verkauf während der Veranstaltung einzustellen. Im Gegenzug bot sie Subventionen an, um den Restaurantbesitzern die Anfrage etwas schmackhafter zu machen.

Die meisten Etablissements haben die Bitte jedoch abgelehnt und verwiesen in ihrer Begründung auf die Kundennachfrage. Das hat zu einiger Kritik von internationalen Gästen der Sportveranstaltung geführt. Die vermehrte Aufmerksamkeit hat auch die Debatte über das Essen von Hunden wieder entfacht – ebenso wie Beschwerden von einigen Koreanern über die unfaire Fixierung der westlichen Medien auf diese Thematik, wie sie sich ausdrückten.

Wir werfen einen genaueren Blick auf das kontroverse Thema Hundefleisch in Korea und im Rest der Welt.

Ist Hundefleisch in Südkorea legal?

In Südkorea gibt es keine rechtlichen Konsequenzen für den Verkauf von Hundefleisch. Es wird von offizieller Seite allerdings genau wie Schlangenfleisch als „widerwärtig“ eingestuft. Die Agence France-Presse berichtet, dass die Südkoreaner Hunde zunehmend als Haustiere betrachten und die Tradition daher langsam abflaut. In vielen Fällen wird sie sogar zum Tabu, besonders bei der jüngeren Generation.

Im Schnitt schlachten Südkoreaner jährlich schätzungsweise zwei Millionen Hunde zu Nahrungszwecken und verzehren 100.000 Tonnen Hundefleisch, wie das Animal Welfare Institute in Washington, D.C. berichtet. Die Humane Society International schätzt, dass weltweit etwa 30 Millionen Hunde pro Jahr geschlachtet werden. In Teilen Ostasiens ist diese Praktik seit Jahrhunderten Brauch.

Trotz erwartetem Verkaufsverbot gibt es auf chinesischem Festival weiter Hundefleisch.

Ist Hundefleisch in anderen Ländern legal?

Taiwan war das erste asiatische Land, welches den Kauf und Verzehr von Hunde- und Katzenfleisch verbot. 1998 trat das Verbot für die Schlachtung von Hunden und Katzen und für den Verkauf ihres Fleisches in Kraft. Allerdings entwickelte sich daraufhin ein florierender Schwarzmarkt. Im April 2017 erließ Taiwan ein strengeres Gesetz, das eine Geldstrafe von 8.500 Dollar für das Essen von Hundefleisch vorsieht. Das Land verschärfte auch die Strafen für das vorsätzliche Verursachen von Leid bei Hunden und Katzen: 65.000 Dollar Geldstrafe und eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren sind dafür nun fällig.

Aber global gesehen gibt es noch zahlreiche rechtliche Grauzonen für das Töten und den Verzehr von Hunden. Selbst in manchen Ländern, in denen die Praktik offiziell verboten ist, ist sie weiterhin verbreitet und wird kaum bestraft.

„Obwohl sie nicht überall legal ist, gibt es Länder, die sie weiterhin gestatten: Indonesien, Vietnam, China, Südkorea, Kambodscha, Laos und die Philippinen – letztere nur zu religiösen Festen“, sagt Jill Robinson, die Gründerin und Leiterin der Animals Asia Foundation.

Allerdings zeichnet sich ab, dass die Beliebtheit dieser Praktik abnimmt. Eine Umfrage in China aus dem Jahr 2016 ergab, dass fast 70 Prozent der Einwohner des Landes noch nie Hundefleisch gegessen haben. Eine Umfrage in Südkorea von 2014 zeigte, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen dort nur selten Hundefleisch aß. Die meisten jungen Südkoreaner, die bereits einmal Hundefleisch gegessen haben, gaben an, dass sie das nur auf Druck ihrer Familien und der älteren Generationen getan hatten.

Wird Hundefleisch nur in Asien gegessen?

Nein. Hunde wurden auf der ganzen Welt gegessen. Archäologischen Forschungen zufolge aßen einige amerikanische Ureinwohner schon Jahrtausende vor Kolumbus‘ Eintreffen Hunde. Eine Studie aus dem Jahr 2011 beschrieb beispielsweise einen über 9.200 Jahre alten Hundeknochen, der in gut erhaltenen menschlichen Fäkalien im Südwesten von Texas gefunden wurde.

Die meisten Menschen im Westen hörten zwar vor Jahrhunderten damit auf, Hunde zu essen, aber die Verzweiflung trieb Erforscher wie Roald Amundsen und sein Team mitunter dazu, ihre Hunde zu essen. Als das erschöpfte und frierende Team 1912 den Südpol erreichte, erinnerte es sich an Geschichten grönländischer Jäger, die im Winter ihre Schlittenhunde aßen – und tat es ihnen gleich. Amundsen sagte später, dass das Hundefleisch köstlich gewesen sei.

In den USA ist das Töten und Essen von Hunden in den meisten Bundesstaaten noch immer legal. Allerdings lässt sich kaum sagen, wie oft das heutzutage getan wird, da Hunde dort oft als geliebte Haustiere gelten und ihr Verzehr ein soziales Tabu ist. Schlachtbetriebe dürfen keinen kommerziellen Hundefleischverkauf betreiben, aber in 44 Staaten darf eine Einzelperson Hundefleisch für den persönlichen Verzehr bestellen. Es wurde bereits ein Gesetzesentwurf vorgelegt, um diese Praktik vollends zu verbieten, allerdings wurde das Gesetz noch nicht verabschiedet.

Gilt das Essen von Hunden nicht als kulturelle Praktik?

Einige amerikanische Ureinwohner aßen zwar Hunde, aber für andere war deren Verzehr ein striktes Tabu. Manche verspeisten Hunde lediglich zu religiösen Zwecken. George Catlin, ein Künstler aus dem 19. Jahrhundert, malte ein Gemälde einer Freundschaftszeremonie der Sioux, an der er teilhaben durfte. Dabei wurde auch eine besondere Mahlzeit aus Hundefleisch serviert. Die Zeremonie sollte die Bindungen der Stammesmitglieder feiern, indem ihre treusten Hunde geopfert wurden. Catlin schrieb in seinen Aufzeichnungen: „Da wir uns des Geistes gewahr waren, in dem [das Fleisch] gereicht wurde, konnten wir nicht anders, als es respektvoll zu behandeln und es als ausgesprochenes Kompliment anzunehmen.“

In einigen asiatischen Ländern, besonders in Südostasien, gibt es weiterhin florierende Märkte für Hundefleisch und viele Menschen betrachten diese als Teil ihrer Kultur und Tradition. Manche Menschen glauben, dass Hundefleisch diverse Krankheiten heilen oder eine „warme Energie“ verleihen kann. Andere nutzen das Fleisch eher als billige Proteinquelle.

In Indonesien operiert die boomende Hundefleischindustrie größtenteils im Verborgenen. Experten zufolge wächst sie weiterhin. Je mehr Menschen von der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes profitieren, desto mehr Menschen können es sich leisten, gelegentlich Fleisch zu essen. Hundefleisch ist oft billiger als Rind oder Huhn und daher für viele erschwinglicher.

In China könnte das Interesse an Hundefleisch Robinson zufolge allerdings zurückgehen, da sich immer mehr Menschen Hunde als Haustiere halten. Dennoch werden dort derzeit noch immer um die zehn Millionen Hunde pro Jahr verzehrt, besonders während der kalten Wintermonate, wenn das Fleisch angeblich den Körper wärmen soll.

Gab es auch eine Reaktion auf die Kritik?

Laut Robinson wurde die Thematik des Hundefleischs auch während der Olympischen Sommerspiele in Seoul 1988 aufgebracht. Einige internationale Gemeinden versuchten, Druck auf die Einwohner des Landes auszuüben, damit diese kein Hunde- und Katzenfleisch mehr aßen. Daraufhin beschuldigten viele Südkoreaner sie des „kulturellen Imperialismus“.

„Die Einheimischen, die sich nicht sagen lassen wollten, was sie in ihrem eigenen Land tun sollten, schlachteten und aßen noch mehr Hunde, um gegen die ‚ausländischen Imperialisten, die sich einmischen‘ zu protestieren“, so Robinson.

Catie Cryar, eine Sprecherin für PETA, erzählt, dass einige junge Menschen in China und Korea ihren eigenen Protest gegen den Hundefleischverzehr ihrer Eltern starten, indem sie vegan werden – teils auch wegen der Empörung über den Hundefleischhandel, den sie in den sozialen Medien sehen.

„Unser Team von PETA Asien ist gerade aus Pyeongchang zurückgekehrt und hat sich sehr darüber gefreut, all die veganen Optionen dort zu sehen“, sagte sie.

Wie hat sich die Hundefleischdebatte mit der Zeit verändert?

Der weltweite Druck, das Essen von Hundefleisch zu beenden, existiert schon seit Jahrzehnten, sagte Robinson. Aber der Wandel in den asiatischen Ländern begann erst vor Kurzem.

„Ich würde sagen, dass sich lokale Gruppen erst in den letzten zehn bis 15 Jahren so richtig lautstark in ihren eigenen Ländern geäußert haben“, sagte sie.

Animals Asia hat beispielsweise mit lokalen Regierungen in China zusammengearbeitet, um zu zeigen, dass Hunde, deren Fleisch verkauft wird, oft illegal bezogen werden. Heutzutage gibt es Robinson zufolge keine großen Hundefarmen mehr im Land.

„Fast 100 Prozent der Hunde werden heutzutage von der Straße gefangen oder aus Häusern gestohlen und nicht mehr von den Hundefarmen, die es früher gab, eingekauft“, sagt sie.

Robinson zufolge sei die chinesische Regierung außerdem zunehmend von dem Argument überzeugt, dass der Transport von Hunden zwischen den Provinzen zur Verbreitung von Bakterien und Krankheiten beitragen kann.

„Es gibt bei der Sache auch einen sozialen Faktor. Die Öffentlichkeit versteht, dass die Hundediebe soziale Zwietracht säen, indem sie das ‚persönliche Eigentum‘ anderer Leute stehlen“, erzählt sie.

Gibt es nicht auch dieses berüchtigte Hundefleisch-Festival?

Ja, das Hundefleischfestival in Yulin in China. Es ist ein jährliches Fest, das 2010 zum ersten Mal stattfand und weltweit für Schlagzeilen sorgte, da dort jedes Jahr Tausende Hunde geschlachtet werden. 2017 gab es Gerüchte, dass die Stadt Yulin durch die internationale Kritik den Verkauf von Hundefleisch auf dem Festival verbieten wolle. Allerdings setzten die Hundefleischverkäufer die Regierung unter Druck, sodass es zu keinem offiziellen Verbot kam und das Festival weiterhin wie gewohnt stattfindet.

Weltweit haben Millionen von Menschen Petitionen für die Beendigung des Festivals unterzeichnet. Allerdings sprechen manche ihm auch eine wirtschaftliche oder kulturelle Existenzberechtigung zu, was das Festival zu einem zentralen Brennpunkt in der internationalen Hundefleischdebatte macht.

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