Die Sonnenfinsternis im August ließ Bugwellen wie von einem Boot in der Erdatmosphäre entstehen

Während des historischen Ereignisses rief der Schatten des Mondes atmosphärische Wellen hervor, die Wissenschaftler bereits vor 40 Jahren vorhergesagt haben.

Von Christina Nunez
Veröffentlicht am 27. Dez. 2017, 16:21 MEZ

Wie ein Boot, das durchs Wasser gleitet, erzeugt der Schatten des Mondes sich ausbreitende Wellen in den oberen Schichten der Erdatmosphäre während der folgenreichen totalen Sonnenfinsternis 2017.

Am 21. August raste die volle Sonnenfinsternis durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Dies war die erste Finsternis seit fast 100 Jahren, die das Land von Küste zu Küste überwanderte. Totale Sonnenfinsternisse sind durchschnittlich alle ein bis zwei Jahre irgendwo auf der Erde zu beobachten, aber dieses Ereignis war etwas Besonderes, da es so viele bewohnte Gebiete betraf.

Unzählige Himmelsbeobachter, Professionelle wie Laien, konnten so ihre Instrumente auf die August-Finsternis richten. Sie hofften, eins der vielen fantastischen Bilder zu bekommen, die man nur während einer vollen Sonnenfinsternis sehen kann. Das schloss auch Wissenschaftler vom Haystack Observatory des MIT und der Universität von Tromsø in Norwegen ein. Diese hofften auf Beweise für etwas, das man Bugwellen-Phänomen nennt.


Benannt wurde es nach den V-förmigen Wellen, die vor dem Bug eines Schiffes entstehen, wenn es durchs Wasser gleitet. Die Bugwellentheorie besagt, dass eine totale Sonnenfinsternis Taschen aus Hochdruckluft unter dem Mondschatten entstehen lässt, die dann durch Luft mit geringerem Druck pflügen, während der Schatten über den Planeten rast. Diese Lufttaschen sollten kleine aber messbare Bugwellen in der Atmosphäre verursachen.

Die Theorie wurde in den 1970er-Jahren aufgestellt, doch bislang hatten die Forscher Schwierigkeiten bei der glaubhaften Dokumentation – bis jetzt. Dank der Sonnenfinsternis 2017 berichtet das MIT-Tromsø-Team, dass sie den „ersten eindeutigen Beweis“ dieser schwachen Wellen verzeichnen konnten. Veröffentlicht wurde dies kürzlich im Wissenschaftsmagazin Geophysical Research Letters.

Während der Sonnenfinsternis im August sammelte das Team Daten von etwa 2.000 Satellitenempfängern in ganz Nordamerika. Diese verzeichneten winzige Bugwellen in der Ionosphäre der Erde, einer oberen Schicht, die etwa 60 Kilometer über der Erdoberfläche beginnt. Atome in dieser Zone sind durch Sonnen- und kosmische Strahlung elektrisch aufgeladen.

Die Auswirkung von Sonnenfinsternissen auf die obere Atmosphäre werden schon seit ein paar Jahrzehnten studiert, doch dieses Mal stand eine nie dagewesene Satellitenabdeckung zur Verfügung, die „fantastische Einzelheiten der ionosphärischen Bugwellen“ aufnehmen konnte, sagt der leitende Autor Shun-Rong Zhang vom MIT.

Die neuen Beobachtungen „weisen darauf hin, dass nur bestimmte Arten von ionosphärischen Wellen mit der Sonnenfinsternis in Verbindung stehen“, fügte er hinzu. Er gab auch an, dass die bisherigen Studien zu diesem Phänomen noch einmal aufgerollten werden müssen. „Um unsere Beobachtungen quantitativ zu verstehen, müssen wir ausgefeiltere Modelle erstellen“, sagt er.

Die aufgeladenen Partikel in der Ionosphäre reflektieren Radiowellen und unterstützen damit unsere Kommunikationssysteme. Aber Zhang gab gegenüber Gizmodo an, dass die Bugwellen der August-Finsternis nicht stark genug waren, um Auswirkungen auf diese Systeme oder das Stromnetz zu haben.

Die Wichtigkeit der Forschung in diesem Bereich, schreiben die Autoren, liegt in der Erkenntnis, „dass es komplexe Verbindungsstrukturen zwischen Sonne, Mond und der neutralen Atmosphäre und Ionosphäre der Erde gibt.“ Am Verständnis dieser Beziehung arbeiten Wissenschaftler nach wie vor.

Forscher in den USA hoffen darauf, die Entdeckung bei der nächsten Möglichkeit im April 2024 bestätigen zu können. Außerdem wollen sie die Geheimnisse der Ionosphäre weiter entschlüsseln. Zu diesem Zeitpunkt wird eine weitere volle Sonnenfinsternis von Texas nach New England zu sehen sein. (Lesenswert: Die NASA schickt eine Sonde, um die Sonne zu „berühren“)

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