Robert E. Peary

Mit eisenhartem Willen und einer Expedition im militärischen Stil bezwingt der Amerikaner Wind, Eis und klirrende Kälte. Nach einem 800-Kilometer-Marsch steht er am Ziel seiner Träume: Er ist der erste Mensch am Nordpol.

Von Robert E. Peary
Robert E. Peary 1909
Foto von Bild: Robert E. Peary / National Geographic

Robert E. Peary 1909

Mit eisenhartem Willen und einer Expedition im militärischen Stil bezwingt der Amerikaner Wind, Eis und klirrende Kälte. Nach einem 800-Kilometer-Marsch steht er am Ziel seiner Träume: Robert E. Peary ist der erste Mensch am Nordpol.

Ende des 19. Jahrhunderts ist die Erde zum größten Teil erforscht. Nur noch wenige weiße Flecken sind auf den Karten zu finden. Die Antarktis gehört dazu, aber auch noch die Gebiete im hohen Norden. Keiner der Nordreisenden ist so besessen von der Idee, den Pol zu erreichen wie Robert Edwin Peary.

Robert E. Peary ist Ingenieur in der amerikanischen Marine. 1884 bis 1885 führt er in Nicaragua Vermessungsarbeiten durch. Zurück in Washington liest er ein Werk des schwedischen Polarreisenden Adolf Erik Nordenskjöld . Von da an steht fest: Er möchte Arktisforscher werden.

Robert E. Peary ist ein Mann der Tat. So fährt er bereits ein Jahr später das erste Mal nach Grönland. Gemeinsam mit dem Dänen Christian Maigaard versucht Peary, das Land von Jakobshavn aus nach Osten zu durchqueren. Die beiden Männer brechen an der Diskobucht auf. Sie gelangen 160 Kilometer landeinwärts, bevor sie vom schlechten Wetter zum Umkehren gezwungen werden. Immerhin aber sind sie weiter gekommen als irgendein nicht Einheimischer vor ihnen. Der Ehrgeiz von Peary muss daher nicht erst geweckt werden. Ihm ist klar, dass er wiederkommen wird. Im Jahr 1891 reist er gemeinsam mit seiner Frau und vier Begleitern nach Grönland. Bei der Überfahrt bricht Robert E. Peary sich ein Bein. Er wird vom Expeditionsarzt Frederick A. Cook behandelt, der später sein ärgster Konkurrent wird. Das Unternehmen wird von der Akademie für Naturwissenschaften in Philadelphia unterstützt. Peary soll die Nordwestküste Grönlands erforschen. Das Expeditionsteam errichtet ein Fertighaus am Inglefield-Golf und überwintert bei den Inuit. Peary ist fasziniert davon, wie das Volk in dem extremen Klima überlebt. Er möchte so viel wie möglich über ihre Lebensweise herausfinden. Wie bauen sie ihre Schlitten und Iglus? Wie spannen sie ihre Hunde an? Welche Nahrung liefert in der Kälte am meisten Energie? Peary weiß, dass ihm ihr uraltes Wissen auf seinen späteren Expeditionen von Nutzen sein wird.

Von hier aus geht es nur noch nach Süden. Robert E. Peary fotografiert sein stolzes Team am Pol.

Im Jahr 1892 startet Robert E. Peary einen erneuten Versuch, im Norden das eisige Land zu durchqueren. Dem Norweger Fridtjof Nansen ist die Passage 1888 weiter südlich gelungen. «Ein harter Schlag», wie Peary zugibt, doch sein Ehrgeiz, der erfolgreichste Entdecker dieses Polargebiets zu werden, ist damit nur noch mehr angestachelt. Am 16. Mai startet Robert E. Peary – unter anderem mit Cook und dem Norweger Eivind Astrup – zu seinem „weißen Marsch“, wieder vom Inglefield-Golf aus. Mit Hundeschlitten fahren sie nach Nordosten. Sie umgehen die tückischen Eisspalten des Petermann-Fjords, umwandern den St.-George-Fjord, der tiefer ins Land hineinschneidet, als sie dachten. Sie halten sich weiter in nordöstliche Richtung. In der Nähe des Victoria-Fjords biegen sie nach Südosten ab und ziehen weiter, bis sie eisfreies Land sehen. Im Zickzack steigen sie von der Eiskappe, die das Land bedeckt, hinab. Ein mehr als 1000 Kilometer langer Marsch durch eine weiße Wüste liegt hinter ihnen. Sie genießen den Anblick von Moschusochsen und arktischem Mohn. Die Bucht, die sie am 4. Juli – dem amerikanischen Unabhängigkeitstag – erreichen, nennt Peary „Independence Bay“. Die Expedition befindet sich bei 81 Grad 37 Minuten nördlicher Breite – viereinhalb Grad nördlich vom Bismarck-Kap, das Carl Koldewey auf der zweiten deutschen Nordpolarfahrt erreicht hat. Die Männer führen ethnographische und meteorologische Beobachtungen durch. Einige der kartografischen Aufzeichnungen, die Peary an der Ostküste vornimmt, erweisen sich später als falsch. Doch Robert E. Peary liegt schon jetzt richtig mit seiner Vermutung, dass Grönland eine Insel ist. Die Männer machen sich auf den Rückweg, überqueren das Binneneis teilweise mit aufgespannten Segeln. Einen Monat später kommen sie in ihrem Ausgangslager an. Die doppelte Querung des Eisschilds – sie sind die Ersten, die das geschafft haben.

Im Herbst 1893 wird Pearys Tochter Marie Ahnighito in Grönland geboren. In den folgenden Jahren unternimmt er weitere Erkundungen. Er erforscht die Eisküste, den Walfisch-Sund und die Inuit, die im Smith-Sund leben. Insgesamt durchquert er den Norden Grönlands noch viermal. 1895 finden dabei alle Expeditionsteilnehmer fast den Tod. Peary startet mit sechs Eskimos, zwei eigenen Männern und 60 Schlittenhunden. Sie entdecken vorher angelegte Proviantlager nicht, weil sie zugeschneit wurden. Auf dem Rückweg kriechen sie zum Teil auf allen vieren. Peary aber versucht ungerührt, immer weiter nach Norden vorzustoßen. Noch im selben Jahr erreicht er seinen bisher nördlichsten Punkt – Pearyland. Er findet riesige Meteoriten, die er in die Vereinigten Staaten schickt. 1898 verliert Robert E. Peary durch Erfrierungen acht Zehen. Doch sein Wille, den Pol zu erreichen, bleibt ungebrochen. In demselben Jahr gründen einige reiche Männer in New York den Peary Arctic Club, um seine Polbezwingung zu unterstützen.

Im Jahr 1900 erreicht Peary den nördlichsten Punkt von Grönland, zieht von dort zum Independence-Fjord. Damit hat Peary endgültig bewiesen, dass Grönland eine Insel ist. Zwei Jahre später wagt er vom Hecla- Kap der Insel Ellesmere mit Hundeschlitten seinen ersten Vorstoß zum Pol – bis 84 Grad 17 Minuten. Doch 500 Kilometer vorm Ziel wird er von der Eisdrift zurückgedrängt.

Im Jahr 1905 bricht Robert E. Peary von New York aus zu einer neuen Expediton auf. Die amerikanische Regierung stellt ihm mit der „Theodore Roosevelt“ ein eistaugliches Schiff zur Verfügung. Die Eroberung des Pols ist zu einem nationalen Anliegen geworden. Peary versucht, durch den Robeson-Kanal vorzudringen. Er stellt bei 87 Grad 6 Minuten einen neuen Rekord auf. Doch das Schiff wird durch das Eis so stark beschädigt, dass er wiederum umdrehen muss. Zwei Jahre später ist die „Roosevelt“ repariert. Peary durchfährt den Robeson-Kanal. Wieder sind Eis und Strömung gefährlich. Die Sicht ist schlecht. Aber die Expedition erreicht wie geplant Cape Columbia auf der Insel Ellesmere. Dort überwintert das Team. Peary hat mehrere Eskimofamilien und Schlittenhunde aus dem grönländischen Etah mitgebracht. Sie sollen die Expedition unterstützen, zum Teil begleiten. Er ist 800 Kilometer vom Pol entfernt.

Die Vorhut der Truppe bricht am letzten Februartag des Jahres 1909 auf. Sie soll den Weg erkunden und spuren, Vorräte und Ausrüstung transportieren, Lager anlegen. Ohne ihre Arbeit wäre das Unternehmen nicht möglich. Am 1. März folgt der Rest der Mannschaft. Das gesamte Team besteht aus sieben von Pearys Männern, 17 Inuit, 19 Schlitten und 133 Hunden. Schon bald lassen sie den Festlandsockel hinter sich. Offene Wasserrinnen behindern von nun an das Vorankommen. Das Thermometer zeigt 50 Grad unter null. Das Eis bewegt sich – manchmal hörbar, manchmal fühlbar. Eines Nachts reißt eine Rinne auf, mehrere Iglus drohen auf einer Scholle in Richtung offenes Meer davonzutreiben. Oft liegt diesige Luft über den Eisfeldern, dann sieht alles gleich aus. Tiefer Schnee verdeckt die Vertiefungen im aufgebrochenen Eis. Der Wind treibt die große Scholle, auf der die Männer sich bewegen, nach Süden – in die falsche Richtung. Sie kommen dennoch voran, wie ihre Berechnungen zeigen. Der letzte Hilfstrupp wird zurückgeschickt.

Mit fünf Männern – vier davon Inuit – und den besten Hunden wagt Peary den finalen Vorstoß. Sie haben Vorräte für 40 Tage dabei. Der Plan ist, in fünf Tagesmärschen von je 40 Kilometern den Pol zu erobern. Sie queren eine 100 Meter breite Eisbrücke, die gerade nach dem letzten Schlitten aufbricht. Der raue Wind lässt die Haut in den Gesichtern platzen. Aber das ist jetzt alles egal. Am 6. April 1909 hat Peary sein Lebensziel erreicht. Er steht als erster Mensch am Pol.

Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten entbrennt ein bitterböser Streit zwischen Peary und Cook, der behauptet, den Nordpol bereits ein Jahr vorher erreicht zu haben. Doch von den meisten Wissenschaftlern wird – bis heute – Peary Recht gegeben.

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