Roadtrip durch Nova Scotia: Leuchttürme und Leckereien
Auf der zauberhaften Lighthouse Road entdecken Reisende wilde Landschaften, kulinarische Küstenspezialitäten und die Schifffahrtsgeschichte der Region.
Der National Geographic-Fotograf Dan Westergren begab sich auf einen fünftägigen Roadtrip durch die malerischen Fischerdörfer Nova Scotias von Halifax bis zur Bay of Fundy. Dabei folgte er der berühmten, 340 Kilometer langen Lighthouse Route an der Südküste der Provinz. Hinter beinahe jeder Kurve der gewundenen Straße verbirgt sich ein sehenswerter Hafen, ein Leuchtturm oder eine Gelegenheit, den Einheimischen zu begegnen und einen frisch zubereiteten Hummer zu genießen. Eine großartige Gelegenheit also, sich ein bisschen zurückzulehnen, die Landschaft zu genießen und frische Seeluft zu schnuppern.
Die fünf besten Gründe für eine Reise
1. Historische Leuchttürme, hölzerne Fischerboote und grandiose Küstenpanoramen warten nur darauf, gesehen und fotografiert zu werden.
2. Zahlreiche Restaurants und Imbisse bieten fangfrisch zubereiteten Hummer, Muscheln und Fisch an.
3. Besucht Fischerdörfer, charmante Küstensiedlungen und naturbelassene Parks.
4. Entdeckt die Altstadt von Lunenburg, eine UNESCO-Welterbestätte.
5. Erlebt die gewaltigen Gezeitenwechsel in der Bay of Fundy, die aufgrund ihres enormen Tidenhubs weltbekannt sind.
TAG 1: PEGGY’S COVE
Besuch eines berühmten Leuchtturms
Von Halifax aus liegt Peggy’s Cove nur eine Autostunde in südwestlicher Richtung. Dort können Besucher eine von Nova Scotias berühmtesten Sehenswürdigkeiten bestaunen: Peggy’s Point Lighthouse. Der klassisch rot-weiße Leuchtturm wurde 1915 erbaut und befindet sich auf verwitterten Granitfelsen, die ins Meer ragen. Am Fuße des Leuchtturms branden die Wellen gegen die Felsen und erzeugen eine dramatische Szenerie. Wer dieses Schauspiel gern auf einem Foto festhalten möchte, sollte darauf achten, sich am Ufer nur auf völlig trockenen Felsen entlangzubewegen, um nicht auszurutschen.
INSIDERTIPP: „Im Sommer ist der Leuchtturm manchmal ziemlich von Touristen überlaufen“, sagt Westergren. „Wer Menschenmassen vermeiden will, sollte ihn bei Sonnenuntergang besuchen und wird ihn dann fast für sich allein haben.“
Zwischenstopp im historischen Fischerdorf
Der Leuchtturm ist nicht das einzige historische Wahrzeichen in Peggy’s Cove. Das ganze Fischerdorf ist ein designiertes Schutzgebiet und hat sich seinen rustikalen, authentischen Charme erhalten. Besucher können das Hafengebiet zu Fuß erkunden und den Souvenirläden und Kunstgalerien einen Besuch abstatten. Im Hafen wiegen sich bunte Fischerboote auf den sanften Wellen, am Ufer liegen stapelweise Hummerfallen und leuchtend blau, rot und gelb getünchte Häuser dominieren das Stadtbild. Am Ende des Tages führt der Weg zurück zum Leuchtturm, der einen ausgezeichneten Blick auf den Sonnenuntergang verspricht.
INSIDERTIPP: „Über der Bucht steht regelmäßig ein super Imbisswagen, bei dem man sich für ein Picknick seinen eigenen Hummer kochen lassen kann. Ich empfehle aber wirklich die Lobster Rolls“, sagt Westergren.
TAG 2: VON PEGGY’S COVE NACH LUNENBURG
UNESCO-Welterbe in Lunenburg
Die 130 Kilometer lange Strecke von Peggy’s Cove nach Lunenburg führt an der Küste entlang und durch historische Küstengemeinden wie Chester und Mahone Bay. Die Altstadt von Lunenburg ist eine UNESCO-Welterbestätte und gilt als Nordamerikas bestes noch erhaltenes Beispiel für eine vorab geplante britische Kolonialsiedlung. Die Stadt wurde 1753 gegründet und zeichnet sich durch ihr gitterförmiges Straßennetz und besondere architektonische Elemente aus, beispielsweise die fünfseitigen Dachgauben. Bei einer Sonnenuntergangsfahrt auf der Eastern Star, einer fast 15 Meter langen, historischen Ketsch, können Besucher das historische Hafenviertel Lunenburgs vom Wasser aus entdecken.
INSIDERTIPP: „Falls ihr an einem Sonntag in der Gegend seid, schaut in der Saltbox Brewing Company in Mahone Bay vorbei, um traditioneller Seemannsmusik zu lauschen“, sagt Westergren.
Eintauchen in die maritime Geschichte der Region
Von Mitte Mai bis Mitte Oktober können Besucher im Fisheries Museum of the Atlantic tief in die Schifffahrtsgeschichte von Nova Scotia eintauchen. Das Museum befindet sich in einer ehemaligen Fischverarbeitungsfabrik und ist eine wahre Schatzkiste für alles, das irgendwie mit dem Meer zu tun hat. In der Marine Life Gallery können Besucher den Meereslebewesen begegnen, die in Nova Scotia heimisch sind. Beim Lobster Talk erhalten Zuhörer zweimal täglich tiefe Einblicke in die Geschichte und das Leben der berühmten Krebstiere sowie ihre Bedeutung für die Küstengemeinden Nova Scotias.
INSIDERTIPP: „Für das Abendessen kann ich den ‚Lunenburger‘ von The Grand Banker Bar & Grill’s empfehlen“, sagt Westergren. „Das ist ein Burger mit einem Patty aus Rinderhack und einem Topping aus Käse, Bacon, Spinat und Hummerfleisch aus Nova Scotia.“
TAG 3: LA HAVE, BARRINGTON UND LOWER ARGYLE
Fahrt mit einer historischen Kabelfähre
Von Lunenburg aus geht es in südwestlicher Richtung auf der Lighthouse Route (Route 331) nach Barrington – die Hummerhauptstadt Kanadas. Unterwegs lässt die Überquerung des LaHave River mit der LaHave Ferry maritime Stimmung aufkommen. Binnen fünf Minuten schifft die alte Kabelfähre Autos und Passagiere von East LaHave nach LaHave. Für die günstige Überfahrt (7 Dollar pro Fahrzeug) sollten Besucher Bargeld dabeihaben - immer eine Viertelstunde vor und nach der vollen Stunde können Passagiere an Bord gehen. Nach dem Verlassen der historischen Fähre bietet sich ein Zwischenstopp in der LaHave Bakery an. Zu den Spezialitäten des Hauses gehören hausgemachte süße Backwaren und Brote aus lokal angebauten und frisch gemahlenen Körnern.
INSIDERTIPP: „Auf dem Weg von LaHave nach Barrington solltet ihr am Summerville Beach oder an einem der anderen schönen Strände in Nova Scotias South Shore vorbeischauen“, empfiehlt Westergren.
An der Südspitze Nova Scotias
An der südwestlichen Ecke Nova Scotias befindet sich die Fischergemeinde Barrington, in der die Hummerfischerei ein Traditionsgeschäft ist, das auf Mitte des 18. Jahrhunderts zurückgeht. Dort liegen farbenfrohe Cape Islanders an den Kais an – Fischerboote, die vorwiegend zum Hummerfischen genutzt werden. Hier können Besucher den Fischern dabei zusehen, wie sie ihren Fang entladen. Von Barrington aus geht es in südlicher Richtung weiter über die Dammstraße nach Cape Sable Island. Am Ende der Insel befindet sich der weiße Sandstrand Hawk Beach. Bei Ebbe offenbaren sich die Reste des 1.500 Jahre alten versunkenen Waldes, der dort einst wuchs. Der Strand zählt zu den besten Vogelbeobachtungsgebieten in ganz Nova Scotia. Von dort aus können Besucher außerdem das Cape Sable Lighthouse sehen, das mit einer Höhe von 30 Metern der größte Leuchtturm der Provinz ist. In Capt. Kat’s Lobster Shack können Besucher fangfrischen Hummer genießen und danach in der Argyler Lodge einchecken, die sich eine halbe Autostunde in westlicher Richtung in Lower Argyle befindet.
INSIDERTIPP: „Stattet dem siebenfachen Logrolling-Weltmeister Darren Hudson am Barrington River einen Besuch ab und erlernt die Kunst des Axtwerfens, Baumkletterns und Wettsägens“, sagt Westergren.
TAG 4: YARMOUTH, DIGBY UND WOLFVILLE
Besuch an der „Französischen Küste“
Lower Argyle zählt zur Region Yarmouth and Acadian Shores im Südwesten Nova Scotias. Das Gebiet wird auch als „French Shore“ (dt.: Französische Küste) bezeichnet, da viele seiner Bewohner von den französischen Kolonisten (Akadiern) abstammen. Auf dem Küstenweg nach Norden in Richtung Yarmouth weht die akadische Flagge (in Blau, Weiß, Rot und mit dem goldenen Stella Maris oben links) an zahlreichen Häusern. In der Nähe von Yarmouth – dem Ankunftshafen für die Schnellfähre, die zwischen Maine und Nova Scotia verkehrt – können Besucher den ungewöhnlichen Leuchtturm der Cape Forchu Lightstation sehen, der an das Kerngehäuse eines Apfels erinnert. Von dort aus bietet sich auch ein herrlicher Blick auf den Hafen von Yarmouth, den Atlantik und die Bay of Fundy. Im Museum, das sich im Haus des Leuchtturmwärters befindet, können Besucher etwas über die Schifffahrtsgeschichte der Stadt lernen.
INSIDERTIPP: „Von Juni bis Oktober betreibt der Koch der Argyle Lodge direkt am Leuchtturm einen super Mittagsimbiss [The Keeper‘s Kitchen]“, sagt Westergren.
Weltrekordgezeiten in der Bay of Fundy
Von Cape Forchu aus geht es etwa 112 Kilometer weit die Küste hinauf nach Digby, dessen große Jakobsmuscheln weltberühmt sind. Besucher können am Digby Wharf die Flotte der Muschelfischer bestaunen und fangfrische Muscheln probieren, beispielsweise in den lokalen Restaurantfavoriten Shoreline Restaurant and Gift Shop und Churchill’s Restaurant and Lounge at Digby Pines Golf Resort. Nach dem Mittagessen geht es etwa 135 Kilometer nordwärts zum Hall’s Harbour Lobster Pound. Das Restaurant ist nicht nur einer der besten Aussichtspunkte, um die weltberühmten Gezeitenwechsel in der Bay of Fundy zu beobachten, sondern bietet nebenbei auch noch ein exzellentes Hummermenü. Zweimal täglich rauschen etwa 104 Milliarden Kubikmeter Wasser in die Bucht und wieder heraus und erzeugen einen Gezeitenunterschied von 13 Metern oder mehr. Bei Ebbe können die Gäste in Hall’s Harbour die großen Hummerfangboote am Boden der Bucht sehen. Wenn die Flut hereinbricht und der Wasserpegel in der Bucht pro Minute um bis zu 2,5 Zentimeter steigt, werden die Boote langsam wieder gehoben. Die Gezeitenwinde und das kühle Küstenklima können Besucher in den Weinbauregionen Nova Scotias förmlich schmecken. Dafür lohnt sich ein Besuch in Wolfville, wo die Luckett Vineyards ein Abendessen mit Weinverkostung auf der Terrasse anbieten. Das Weingut ist einer von etwa einem Dutzend Produzenten von Nova Scotias charakteristischem Tidal Bay-Wein. Der spritzige Weißwein – der gänzlich aus Trauben besteht, die in Nova Scotia angebaut wurden, größtenteils L’Acadie Blanc, Vidal, Seyval und Geisenheim 318 – wurde 2012 zum ersten Wein der Provinz mit geschützter Herkunftsbezeichnung.
INSIDERTIPP: Westergren empfiehlt eine Wanderung bei Ebbe an der Küste im Minas Basin am westlichen Ende der Bucht. „Die Gezeiten rauschen da alle sechs Stunden raus und rein, daher sollte man sorgfältig planen“, sagt Westergren, der zu einer App rät, die Nutzer über den aktuellen Gezeitenstand informiert. „Bei Ebbe kann man auf einem Parkplatz am Kingsport Beach parken und dann linker Hand an der Küste entlangwandern. Nach 90 Minuten wird eine Gruppe aus Sandsteinklippen und Felsnasen erreicht, die von den Kräften der Gezeiten teils ausgehöhlt wurden.
TAG 5: ADVOCATE HARBOUR UND CAPE D’OR
Besuch im Leuchtturm von Masstown
Der letzte, knapp 275 Kilometer lange Abschnitt der Reise führt um das Minas Basin herum über Truro zum Nordufer der Bay of Fundy. Westlich von Truro lohnt sich ein Zwischenstopp im Masstown Market. In dem Familienbetrieb können Gäste eine hervorragende Meeresfrüchtesuppe oder ein Stück Meeresfrüchtekuchen probieren und im Anschluss den Masstown-Leuchtturm erklimmen. Knapp 50 Kilometer weiter westlich liegt der Five Islands Provincial Park, von dessen atemberaubenden Klippen sich das gewaltige Naturschauspiel des Gezeitenwechsels ausgezeichnet verfolgen lässt. Wer die Zeit hat, sollte ein bis zwei Stunden für eine Wanderung im Park und an den Stränden einplanen.
INSIDERTIPP: „Wandert durch den Cape Chignecto Provincial Park“, empfiehlt Westergren. „Der Eatonville Park verfügt über ein leicht zugängliches Netz aus Wanderwegen, die einen großartigen Blick auf die 180 Meter hohen Klippen bieten. Oder bucht eine Three Sisters Day Tour von Nova Shores Adventures für die schönsten Aussichten in der Bay of Fundy.
Übernachten im Haus des Leuchtturmwärters
Der letzte Leuchtturm auf der Reise ist vielleicht auch der beste: der Leuchtturm am Cape d’Or. Etwa acht Kilometer südlich von Advocate Harbour steht der quadratische Turm auf einer Landzunge, die in die Bay of Fundy hineinragt. Besucher können die hereinbrechende Flut entweder von der Wiese rund um den Leuchtturm aus beobachten oder von den trockenen Felsen direkt darunter. Wer die Gelegenheit dazu hat, sollte während des Neumonds ein Abendessen und eine Übernachtung im Lightkeeper’s Kitchen and Guest House buchen. In dunklen Nächten gibt der wolkenlose Himmel den Blick auf die Milchstraße frei.
INSIDERTIPP: „Die Übernachtung im Lightkeeper’s Guest House war der Höhepunkt meiner Reise, ist aber nichts für schwache Nerven“, sagt Westergren. „Es ist eine Gemeinschaftsunterkunft mit vier Zimmern. Die Aussicht ist unvergleichlich und das Essen ist großartig. Bringt aber Bargeld mit, Kreditkarten werden als Zahlungsmittel nicht akzeptiert.“
REISETIPPS:
Nach der Ankunft am Flughafen von Halifax können sich Reisende ein Auto leihen. Damit geht es dann auf der NS-102 und der Route/NS-333 W 74 Kilometer bis zum Ausgangspunkt der Reise in Peggy’s Cove. Ab da geht es in südlicher Richtung weiter, hauptsächlich auf der Küstenstraße Lighthouse Route/Route 3 (mit gelegentlichen Schlenkern landeinwärts auf der NS-103 W). Nach etwa 227 Kilometern ist Yarmouth der nächste Stopp. Im Anschluss führt der Evangeline Trail/Route 1 (oder die parallel verlaufende NS-101 N) nordwärts in das 238 Kilometer entfernt gelegene Wolfville. Danach geht es nach Osten und dann nach Westen um das Minas Basin herum (über den Nova Scotia Trunk 2 N), bis nach 267 Kilometern Advocate Harbour erreicht ist.
ÜBERNACHTUNG:
Für die erste Nacht bietet sich eine Übernachtung in der Nähe von Peggy’s Cove in Indian Harbour an, wo das Oceanstone Seaside Resort Suiten im Hauptgebäude, Gästezimmer in einem angrenzenden Gebäude und Hütten vermietet. In Lunenburg bietet das Brigantine Inn Zimmer direkt am Wasser an, während Gäste im Herzen der Altstadt im Mariner King Inn unterkommen können, einem restaurierten viktorianischen Bau von 1830. In der Argyler Lodge in Lower Argyle lohnt sich ein Blick auf den Event-Kalender, um herauszufinden, ob eine Acadian Kitchen Party oder ein Lobster Bay Culinary Adventure ansteht. In Wolfville können Besucher selbst erleben, wie sich die Gezeiten und das Klima der Bay of Fundy auf den Geschmack der Weintrauben auswirken, die in Nova Scotia angebaut werden. Das Tattingstone Inn ist ein Bed & Breakfast, in dessen Nähe sich gleich mehrere Weingüter des Annapolis Valley befinden. Für die letzte Übernachtung bietet sich das schlichte Lightkeeper’s Kitchen and Guest House am Leuchtturm von Cape d’Or an.
REISEZEIT: Außerhalb der Saison haben einige Attraktionen und Restaurants geschlossen, daher ist von Juni bis Oktober die beste Zeit für eine Reise auf dieser Route.
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.