Fernando Magellan

Von National Geographic

Ein Portugiese in spanischen Diensten beweist endgültig, dass die Erde eine Kugel ist. Fernando Magellan will die Molukken vom Westen aus erreichen – und segelt vom Atlantik in den Pazifik. Die berühmte Meeresstraße wird nach ihm benannt.

Anfang des 16. Jahrhunderts ist Portugal die größte Kolonialmacht. Vasco da Gama hat mit seiner Expedition den Seeweg an die indischen Küsten gebahnt und das Handelsmonopol der Araber gebrochen. Bereits 1494 wurden die Einflussgebiete der beiden konkurrierenden Mächte Portugal und Spanien durch einen Schiedsspruch von Papst Alexander VI. im Vertrag von Tordesillas festgelegt: Alle neu entdeckten Gebiete westlich der Demarkationslinie von 46 Grad westlicher Länge sollen Spanien gehören. Auf das Land östlich davon können die Portugiesen Anspruch geltend machen. Die Einheimischen, die in diesen Ländern leben, wurden nicht gefragt.

Foto von National Geographic

Fernão de Magalhães steht seit 1504 im Dienst der portugiesischen Marine. Unter den Vizekönigen Francisco de Almeida und dessen Nachfolger Afonso de Albuquerque fährt er mit seinem Freund Francisco Serrano nach Indien. Die Portugiesen schlagen muslimische Aufstände in Goa und Calicut nieder. Sie versuchen – zunächst vergeblich – Malakka zu erobern. 1512 besetzt Portugal die Molukken, die zu dieser Zeit Gewürzinseln heißen. Das Handelsmonopol auf Muskatnuss, Pfeffer und die anderen duftenden Kostbarkeiten birgt immense Reichtümer. Magalhães ist zu dieser Zeit vermutlich schon wieder in Portugal. Er wird in Marokko stationiert, bei einer Schlacht gegen die Mauren am Knie verletzt. Sein Leben lang wird er deswegen hinken. Als er sich mit dem Kommandanten der Garnison überwirft, kehrt er in die Heimat zurück. Er hofft, auf die Molukken geschickt zu werden. Mit Serrano, der noch dort weilt, steht er in Briefkontakt. Aber er fällt bei Hof aus nicht geklärten Gründen in Ungnade. Auch die Bitte um eine Solderhöhung wird ihm abgeschlagen. Verletzt in seinem Stolz zieht Magalhães die Konsequenzen. Er legt die portugiesische Staatsbürgerschaft ab, geht 1517 nach Spanien und führt von nun an den Namen Fernando Magellan.

Niemand weiß genau, wann Magellan seine Vision der Weltumsegelung entwickelt hat. Schon ein Jahr nach seinem Umzug trägt er sie gemeinsam mit dem Astronom Ruy Faleiro dem spanischen König Karl I. – als Karl V. später auch deutscher Kaiser – vor. Der abtrünnige Portugiese möchte immer noch zu den Gewürzinseln. Er vermutet, dass die Inselgruppe westlich der Demarkationslinie von Tordesillas liegt. So hätte Spanien, nicht Portugal, ein Anrecht darauf. Vielleicht seien die Inseln sogar leichter von Osten nach Westen zu erreichen. Man müsse dazu vom Atlantik in das große Meer auf der anderen Seite segeln, das Vasco Nuñez de Balboa bereits 1513 entdeckt hat. Dass es eine Verbindung zwischen den beiden Ozeanen gibt, ist bisher bloße Spekulation. Die spanischen Seefahrer Solís und Pinzón vermuten sie am Río de la Plata. König Karl I. locken die zu erwartenden Einnahmen. Am 22. März 1518 schließt er mit Magellan den Vertrag von Valladolid. Der Weltumsegler in spe erhält fünf Schiffe, ausgerüstet mit Proviant für zwei Jahre – unter der Bedingung, dass er mindestens sechs rohstoffreiche Inseln entdeckt. Als Belohnung werden Magellan Anteile am Ertrag aus den künftigen Besitzungen in Aussicht gestellt, ebenso vom Handel mit der Schiffsladung, die er hoffentlich heimbringen würde. Das deutsche Bankhaus der Fugger leistet einen finanziellen Beitrag zu dem Unternehmen.

Am 20. September 1519 sticht die Flotte mit 250 Mann Besatzung von Sanlúcar aus in See. Portugal ist empört, auch in Spanien gibt es starke Vorbehalte gegen das kühne Vorhaben des Ausländers Fernando Magellan. Über Madeira und die Kanarischen Inseln geht es zunächst die afrikanische Westküste entlang. Von dort aus überqueren die „Trinidad“ – auf ihr segelt Magellan –, die „San Antonio“, die „Concepción“, die „Victoria“ und die „Santiago“ den Atlantik. Ende November erreicht das Geschwader Brasilien. Mit an Bord ist der Italiener Antonio Pigafetta, der eine Chronik der Reise schreibt. Im Dezember ankert Magellan in der Bucht von Rio de Janeiro. Im Januar 1520 erreichen sie die Mündung des Río de la Plata. Noch ist nicht bekannt, ob es sich dabei um einen Fluss handelt oder doch um die gesuchte Durchfahrt in das andere Meer. Systematisch erkunden die Seeleute das Gewässer, bis Magellan verkündet, dass es sich um einen Fluss handele. Nicht alle Offiziere teilen die Meinung von Magellan.

Südlich des Río de la Plata fahren sie auf unerforschtes Meer. Niemand weiß, wie lange die Reise dauern wird. Niemand weiß, ob die Suche nach der Passage überhaupt einen Sinn hat. Zwischen der spanischen Besatzung und ihrem portugiesischen Befehlshaber kommt es immer wieder zu Spannungen.

Am 31. März 1520 lässt Magellan vor der Bucht von San Julián die Anker werfen. Die Expedition befindet sich an der südöstlichen Küste Argentiniens. Dort soll die Mannschaft die nächsten Monate verbringen. Es wird kalt, die Männer sind zermürbt von der Ungewissheit. Sie fordern die Rückkehr – es kommt zur offenen Meuterei. Der Oberbefehlshaber Magellan reagiert mit eiserner Faust und lässt die Anführer exekutieren. Die Matrosen bauen Hütten an Land. Sie erkunden die Umgebung und jagen. Juan Rodriguez Serrano – vielleicht ein Bruder von Magellans Freund Francisco – soll die weitere Küste mit seinem Schiff erforschen. Er verliert die „Santiago“ und kämpft sich wochenlang an Land zurück zum Lager. Es ist ein raues Land. Magellan tauft es Patagonien.

Noch vor Ende des Winters gibt Magellan Befehl, die Anker zu lichten. Seine Mannschaft fordert er zum Durchhalten auf. Magellan ist getrieben von der Idee, vielleicht schon bald den heiß ersehnten Einschnitt ins Festland zu finden. Am 21. Oktober 1520 ist es so weit. Sie erreichen einen Küstenvorsprung – sie nennen ihn Kap der 11000 Jungfrauen –, von dem aus es nach Westen geht. Magellan schickt zwei Schiffe los, um zu erkunden, wie weit man segeln kann. Nach drei Tagen kehren sie mit der glücklichen Nachricht zurück, dass es sich wohl tatsächlich um eine Meeresstraße handele. Windgepeitschte See, Nebel, Meerengen und hohe Gezeiten – die Navigation erfordert dort alle Seemannskunst. Es gibt nicht einfach einen geraden Weg, sondern auch Einschnitte, von denen der Kommandant nicht weiß, ob sie die richtige Route wären. Wieder schickt Magellan zwei Karavellen auf Erkundungsfahrt. Der Kapitän der „San Antonio“ nutzt die Gelegenheit zur Desertation und segelt nach Spanien zurück. Die anderen aber durchfahren die knapp 600 Kilometer lange Meeresstraße, die später nach dem großen Seefahrer benannt werden wird. Am linken Ufer sehen sie nachts den Schein von Lagerfeuern – das Gebiet heißt seither Feuerland. Nach 27 Tagen sind sie auf der anderen Seite der Welt. Das Meer ist zunächst ruhig. Magellan nennt es „Mar Pacífico“ – das Friedliche. Doch noch liegt der schlimmste Teil der Reise vor ihnen: Tausende von Kilometern durch den Pazifik.

Magellan verfehlt die vielen Inseln im Südpazifik. Nahrung und Wasser gehen zur Neige. Die Mannschaft isst gekochtes Leder und Sägespäne. Viele sterben an Skorbut. Dann endlich, nach fast 100 Tagen auf See, erreichen sie eine rettende Inselgruppe – die Diebesinseln, später Marianen genannt. Nach weiteren zehn Tagen entdecken sie die Philippinen. Auf Cebu versucht Magellan, das Christentum einzuführen – zunächst mit Erfolg. Die Europäer schließen ein Bündnis mit den Insulanern, deren Herrscher sich sogar taufen lässt. Doch bei Kämpfen mit Eingeborenen auf der Nachbarinsel Mactan werden Magellan und viele seiner Männer getötet.

Der Rest der Besatzung muss ein weiteres Schiff aufgeben. Unter dem Kommando von Juan Sebastián Delcano gelangen die Spanier über Nordborneo im November 1521 auf die Molukken. Trotz der Oberhoheit der Portugiesen gelingt es ihnen dort, eine Ladung Gewürze einzutauschen. Dann wollen sie getrennt zurück in die Heimat. Die „Trinidad“ nimmt eine Ostroute, wird aber unterwegs von Portugiesen gekapert. Die „Victoria“ segelt unter Delcano um das Kap der Guten Hoffnung. Am 6. September 1522 läuft sie in den Heimathafen von Sanlúcar ein – mit 18 Überlebenden.

Die Gewürze auf Delcanos Schiff bringen der spanischen Krone so viel Geld ein, dass nicht nur der Verlust der vier Karavellen gedeckt ist, sondern auch noch ein Gewinn übrig bleibt. Durch die erste Umsegelung der Welt hat Spanien das Handelsmonopol der Portugiesen gebrochen.

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