Diese alten Bäume erzählen Geschichten
Artikel in englischer Sprache veröffentlicht am 24. März 2016
Auf der Erde gibt es mehr als drei Billionen Bäume, aber nur von sehr wenigen kennen wir die Geschichte. Natürlich ist jeder Baum wichtig. Sie reinigen die Luft, bieten Fell- und Federtieren ein Zuhause und auf ihren lernen Kinder (und Junggebliebene) das Klettern. Aber manche Bäume gibt es schon deutlich länger als andere. Köcherbäume beispielsweise können bis zu 300, Eichen bis zu 1.000 und Borstenkiefern und Eiben sogar mehrere Tausend Jahre alt werden.
Im Jahr 1999 machte es sich die Fotografin Beth Moon zur Aufgabe, einige dieser alten Bäume zu dokumentieren. Dabei suchte sie speziell nach alten Motiven, die „aufgrund ihrer Größe oder ihres Erbgangs einzigartig sind“. Es war eine echte Herausforderung. „Es wurden so viele unserer alten Bäume gefällt“, berichtet sie, „dass man alleine kaum einen findet“.
Während sie einige Motive durch Recherche fand, folgte sie in anderen Fällen Tipps von Freunden und begeisterten Reisenden. Dabei führte ihr Weg sie von Großbritannien über die USA, Afrika und den Nahen Osten bis nach Asien. Sie fand nach Königinnen benannte Eichen und teekannenförmige Affenbrotbäume.
„Manchmal ist der Weg schon das halbe Ziel“, sagt Moon in Bezug auf einen Baum in Madagaskar, der besonders schwer zu finden war. „Er war so groß, dass man meinen könnte, er wäre leicht zu entdecken. Aber dem war nicht so. Letztendlich fuhr das Dorfoberhaupt mit uns bis zum Baum. Die Dorfbewohner waren so fasziniert, dass sie hinter dem Jeep herliefen und mich im Feld sitzend beim Fotografieren beobachteten.“
An den Bäumen begeistert sie unter anderem der Grund für ihre lange Lebenserwartung. „Mich fasziniert immer wieder, wie Bäume sich an schwierige Bedingungen anpassen und sie überstehen. Manche Bäume werden im Alter hohl, um zu überleben. Der Baum sendet in der Mitte des Stamms eine Luftwurzel hinab, die von innen nach außen weiterwächst.“ In ihrem Buch „Ancient Trees: Portraits of Time“ erklärt sie, dass „diese uralten Individuen überragende Gene besitzen, die ihnen halfen, Krankheiten und andere Herausforderungen zu überleben.“
Diese Belastungsfähigkeit zeigen ihre Fotografien, die sie mit einer Mittelformat-Kamera von Pentax aufnimmt. Die Abzüge erstellt sie auf schwerem Aquarellpapier aus Baumwolle, das mit einer Metalltinktur aus Platin und Palladium beschichtet ist. Bei diesem Verfahren wird das Bild in die Papierfasern eingebunden, sodass es die Zeit überdauert, ohne zu verblassen.
In der Realität stehen vielen der gezeigten Bäume jedoch harte Zeiten bevor. „Köcherbäume sterben in Namibia, weil es zu wenig Wasser gibt. Drachenblutbäume stehen auf der Liste der gefährdeten Arten, und drei verschiedene Affenbrotbäume sind zurzeit auf der Roten Liste gefährdeter Arten der Weltnaturschutzunion aufgeführt. „Das Verschwinden von Primärwäldern ist wohl eines der gravierendsten Umweltprobleme unserer Zeit.“
Moon erinnert sich noch gut an ihre Kindheit, in der sie viele Nachmittage in einer bequemen Öffnung in ihrer Lieblingseiche verbrachte. „Ich hatte schon immer eine besondere Beziehung zu Bäumen“, erzählt sie. Daran hat sich nicht viel geändert. „Bei der Arbeit an diesem Projekt hatte ich oft die Gelegenheit, unter den Bäumen, die ich fotografiert habe, zu übernachten. Es waren unvergessliche Erfahrungen, im Weihrauchwald auf der Insel Sokotra oder in den Salzpfannen der Kalahari-Wüste in Botswana unter riesigen Affenbrotbäumen zu schlafen. Ich habe mich noch nie lebendiger gefühlt.“
Sie hofft, durch das Teilen dieser Wunder eine Diskussion über den Erhalt dieser Schätze zu entfachen. Sie betrachtet es als ihre Aufgabe als Künstlerin, ihre Leidenschaft in Form von Kunst auszudrücken und so Dialoge und Taten anzuregen und Begeisterung zu wecken.