5 Fragen an Wildtierfotograf Sasan Amir

Wildlife-Fotograf Sasan Amir reist um die ganze Welt, um besondere Tierarten festzuhalten. Tausende schauen ihm dabei auf Social Media zu. Wir fragen ihn nach seinen Highlights – und nach seinem Erfolg auf Instagram.

Von Insa Germerott
Veröffentlicht am 2. Mai 2025, 08:32 MESZ
Foto von Sasan Amir mit Kamera.

Sasan Amir ist neun Monate im Jahr auf der ganzen Welt unterwegs – immer auf der Jagd nach dem besten Tierfoto. 

Foto von Sasan Amir

Sasan Amir ans Telefon zu bekommen, ist gar nicht so einfach. Denn wenn er nicht gerade brusttief im Wasser eines Flusses steht oder im Dickicht eines Dschungels kniet, um ein bestimmtes Tier abzulichten, kümmert er sich schon wieder um neue Projekte. Neun Monate im Jahr ist der gebürtige Saarbrücker auf der ganzen Welt unterwegs, um zu fotografieren und zu filmen – vom Amazonas bis nach Bali. Der 29-Jährige hat Umweltschutz in Bingen am Rhein studiert und ist hauptberuflich Wildlife-Fotograf und -Filmemacher. Mit seiner Foto- und Videografie will er eine Verbindung zwischen gefährdeten Tierarten und Menschen schaffen und zeigen, wie schützenswert unser Planet und seine Bewohner sind. 

Sein Lieblingsmotiv: Prädatoren – also Jäger – aller Art. „Ich finde spannend, wie viele verschiedene Jagdstrategien sie haben“, sagt er. Ob Wanderfalke, Luchs oder Kaiman – Sasan Amirs Instagram-Account ist voll mit spektakulären Naturaufnahmen. In seinen Behind-the-Scenes-Videos gibt er Einblicke in seine Arbeit. Ob er dabei je in Gefahr geraten sei? Nein. Das liege, so sagt er, aber vor allem daran, dass er die Tiere, die er fotografiert, gut kennt – und die Orte, an denen er arbeitet, auch. 

Du bist weltweit unterwegs für deine Arbeit. Gibt es einen Moment, der dir in den letzten Jahren besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ich habe eine kleine Serie über Bechsteinaras in Costa Rica fotografiert. Jahrelang hatte ich die Tiere immer nur aus der Ferne gesehen, wir wussten aber, dass es in der Region, in der wir unterwegs waren, irgendwo Nester von ihnen geben musste. Ein Jahr lang sind wir immer wieder verschiedene Berge hochgewandert und haben gesucht – bis wir wirklich ein Nest fanden: in der Aushöhlung eines hohen Baumes, auf etwa 25 Metern Höhe. Direkt gegenüber war ein Berg, von dem aus wir genau in das Nest hineinsehen konnten. In einem Moment flogen mehrere Papageien heraus und setzten sich nebeneinander auf einen Ast. Bildtechnisch sah das schon schön aus. Aber dann fing ein Männchen an, sich zu putzen, und ein Weibchen zog eine seiner langen Federn heraus, spielte damit und ließ sie fallen. Ich bin extra nochmal runtergegangen, um nach ihr zu suchen. Die Feder habe ich dann mit nach Hause genommen, ich habe sie bis heute. Es fühlte sich an wie ein Dankeschön dafür, dass wir so viel Zeit und Energie investiert haben, um diese Tiere zu finden. 

Das klingt, als wäre Wildtierfotografie sehr zeitintensiv. Was ist daran noch herausfordernd für dich?
Man braucht Durchhaltevermögen und Geduld – und Wildtierfotografie ist sowohl körperlich als auch mental sehr fordernd. Man schleppt schweres Equipment mit sich herum: mehrere Kameras, Linsen, Stative, Drohnen, Essen und Wasser. Da ist man schnell bei 25 Kilo. Dann kraxelt man tagelang Berge hoch, durchquert den Regenwald, sitzt stundenlang in der prallen Sonne oder im strömenden Regen. In Bolivien waren wir in den Anden auf über 5.000 Metern Höhe unterwegs. Dort ist mein gesamtes Team höhenkrank geworden. Wir mussten fünf Tage pausieren, um uns zu akklimatisieren. Mit den Tieren ist es dasselbe. Man kann ein Tier nicht einfach anrufen und sagen: „Wir machen um 17 Uhr ein Fotoshooting am Flussufer. Komm vorbei.“ Es gibt Projekte, bei denen ich monatelang kein einziges gutes Bild bekomme. Man darf sich dann nicht auf das Negative fokussieren, sondern immer auf die Erfahrung. Man muss akzeptieren, dass der Weg das Ziel ist. Und trotzdem denkt man manchmal: „Dieser Weg könnte auch verdammt nochmal kürzer sein!“

Was mich aber fast noch mehr fordert, ist das Emotionale. Ich bin ein sehr familienverbundener Mensch, und wenn ich wochenlang unterwegs bin, fehlen mir meine Familie, meine Freundin und meine Freunde. Dann bekomme ich echt Heimweh. 

Galerie: Majestätische Jaguare und schlafende Gorillas: Wildtiere vor der Kamera

BELIEBT

    mehr anzeigen
    Zwei Bechsteinaras auf einem Ast.

    Ein Foto der Bechsteinaras, die Sasan Amir in Costa Rica fotografierte. „Ihre lebenslangen Partnerschaften und ihre verspielte Art machen sie zu faszinierenden Botschaftern für die Schönheit und Zerbrechlichkeit ihres Lebensraums“, sagt der Wildlife-Fotograf. 

    Foto von Sasan Amir

    Wie kamst du zu dem Job?
    Ich fotografiere seit ich sieben bin, aber habe nie eine klassische Ausbildung in Fotografie gemacht, sondern mir alles durch Trial and Error selbst beigebracht. Über die Jahre habe ich Unmengen an Fehlern gemacht und diese dann irgendwann in einem Excel-Sheet festgehalten, um daraus zu lernen. Manchmal sagen Leute zu mir: „Du hast ein Talent.“ Aber ich kann versprechen, dass es nicht so ist. Ich mache das nur einfach schon mein Leben lang. Dadurch habe ich Stück für Stück ein ganz gutes Level erreicht. Es wäre wahrscheinlich leichter gewesen, hätte ich einfach einen Workshop besucht – das hätte mir mehrere Jahre Arbeit erspart. Aber am Ende bin ich froh, dass ich es selbst geschafft habe. Dass ich heute von der Fotografie leben kann, verdanke ich unter anderem großen Sponsoren und größeren kommerziellen Projekten. Nur so kann ich mir viele meiner Non-Profit-Projekte in der Wildtierfotografie überhaupt leisten.

    Du hast mittlerweile über 630.000 Follower auf Instagram und über 200.000 auf TikTok. Davon träumen viele in deiner Branche. Wie hast du das geschafft?
    Lange Zeit war ich bei 40.000 bis 50.000 Followern. Bis ich vor etwa zwei Jahren damit angefangen habe, Behind-the-Scenes-Videos zu drehen – wie ich meine Setups aufbaue oder wie ich irgendwo im Dschungel sitze. Ich muss sagen, ich hasse es, vor der Kamera zu stehen. Auch wenn es auf Instagram zu 100 Prozent nicht so aussieht. Es hat mich Jahre gekostet, um mich daran zu gewöhnen. Der Grund, warum ich es trotzdem mache: Künstliche Intelligenz wird immer besser darin, realistische Tierfotos zu erzeugen. Ich wusste, dass ich mich als Person hinter meinen Bildern sichtbar machen muss, um meine Arbeit unersetzbar zu machen. KI kann zwar ein Tierbild erstellen, aber keine echte Person ersetzen. Das war meine Strategie – und sie hat funktioniert. Drei bis vier dieser Videos sind viral gegangen. Eins davon hatte 20 Millionen Views und hat mir 220.000 neue Follower gebracht. Darauf ist zu sehen, wie ich einen Dreifarbenreiher vom Wasser aus aufnehme. Ich habe das Gefühl, dass Instagram ein bisschen wie Glücksspiel ist. An diesem Tag hatte ich das Glück, dass ein Video von mir in diesem Algorithmus gelandet ist. 

    Was ich auch immer in meinen Vorträgen und Workshops sage: Instagram ist eine Illusion. Man sieht dort nur die besten 0,001 % der Bilder, die jemand gemacht hat. Was man nicht sieht, sind die Tausenden von unscharfen, unspektakulären oder verrauschten Fotos. Nicht in jeder Woche und nicht in jedem Monat schafft man es, ein gutes Bild zu machen. Vor allem nicht am Anfang. Es ist wichtig, dass man da achtsam und geduldig mit sich selbst ist.

    Gibt es ein Projekt, das du unbedingt noch umsetzen möchtest?
    Mein großer Traum ist es, Polarbären in der Wildnis zu fotografieren. Das Problem ist, dass das extrem teuer ist. Mindestens 35.000 Euro würde allein die Reise für mich und eine weitere Person kosten, die mich unterstützt. Außerdem ist es sehr riskant, Polarbären zu fotografieren. Weil bei ihnen immer Nahrungsknappheit herrscht, würden sie sofort auf Menschen losgehen. Das ist allerdings auch ein Grund, warum ich sie gerne dokumentieren würde: Sie stehen für die drastischen Folgen des Klimawandels. Ihr Lebensraum schwindet rapide, das Eis schmilzt und ihre Jagd nach Nahrung wird immer schwieriger. Es wäre mir wichtig, dieses Tierschutz- und Klimaschutz-Thema nach außen zu tragen. Ich will in Zukunft generell mehr Projekte machen, wo es um Tierschutz geht. Immer mehr Tierarten sterben aus oder sind vom Aussterben bedroht. Das ist unwiderrufbar, das können wir nicht mehr reparieren. Ich will zeigen, dass diese Tiere schützenswert sind und damit noch viel mehr Leute erreichen.

    loading

    Nat Geo Entdecken

    • Tiere
    • Umwelt
    • Geschichte und Kultur
    • Wissenschaft
    • Reise und Abenteuer
    • Fotografie

    Über uns

    Abonnement

    • Magazin-Abo
    • TV-Abo
    • Bücher
    • Disney+

    Folgen Sie uns

    Copyright © 1996-2015 National Geographic Society. Copyright © 2015-2025 National Geographic Partners, LLC. All rights reserved