Nach Katastrophe vor 66 Millionen Jahren: Haben Lava und Asche den Planeten wiederbelebt?

Nach dem Aussterben der Dinosaurier könnten vulkanische „Rülpser“ nach Jahren verheerender Kälte und Dunkelheit den Planeten wieder erwärmt haben.

Von Michael Greshko
Veröffentlicht am 16. Mai 2023, 13:34 MESZ
Dinosuarier Aussterben

Vor 66 Millionen Jahren starben die Dinosaurier aus, nach dem Einschlag eines Asteroiden. Es dauerte wohl 100.000 Jahre, bis das Leben wieder in größerem Maße auf die Erde zurückkehrte.

Foto von Herschel Hoffmeyer / Shutterstock.com

Etwa zur gleichen Zeit, als vor 66 Millionen Jahren ein Asteroid einschlug und den riesigen Chicxulub-Krater in die Erde bombte, brach im heutigen Westindien ein gewaltiger Vulkankomplex aus. Mehr als 200000 Kubikkilometer Lava traten bei der heftigen Eruption aus, und immense Mengen von klimaverändernden Gasen wurden in den Himmel geschleudert. Während sich die meisten Wissenschaftler einig sind, dass der Asteroid der Auslöser des massenhaften Artensterbens war, das die Dinosaurier auslöschte, rätseln die Forscher seit Langem, ob der Vulkankomplex – der Dekkan-Trapp – zu den verheerenden Folgen für das irdische Leben beigetragen hat.

​Erderwärmung durch CO2 aus dem Vulkan

In einer Studie aus dem Jahr 2020 simulierte Alfio Alessandro Chiarenza, damals wissenschaftlicher Mitarbeiter am University College London, mithilfe von Modellen das prähistorische Klima der Erde. Sein Team passte die Variablen an verschiedene apokalyptische Szenarien an. Die Simulationen zeigten, dass der Asteroid den Planeten für alle Dinosaurier, abgesehen von Vögeln, unbewohnbar machte. Ein anderes Ergebnis mag auf den ersten Blick nicht so eingängig erscheinen: Die Vulkane des Dekkan-Trapps könnten die Erde danach tatsächlich lebensfreundlicher gemacht haben, nicht schlechter. „Ich würde sagen, das ist ein Sargnagel [für die Hypothese, dass] der Dekkan-Trapp das Massenaussterben vorangetrieben hat“, sagt die Paläontologin Anjali Goswami. Die Forschungsleiterin am Natural History Museum in London war nicht an der Studie beteiligt.

In den vergangenen zehn Jahren haben Geologen bestätigt, dass der Dekkan-Trapp wellenartig über einen Zeitraum von wahrscheinlich rund 700.000 Jahren mehrfach ausgebrochen ist – ein Zeitraum, der sich mit dem Chicxulub-Einschlag überschneidet. Der Dekkan-Trapp könnte das Leben vor 66 Millionen Jahren in zweierlei Hinsicht beeinflusst haben. Kurz- und mittelfristig hätte das von den Vulkanen freigesetzte Schwefeldioxid den Planeten abkühlen und sauren Regen begünstigen können, der die Ozeane und größere chemische Kreisläufe gestört hätte. Langfristig hätte die große Menge an CO2, die bei den Eruptionen freigesetzt wurde, zu einer stetigen Erwärmung führen und die globalen Ökosysteme belasten können.

​Neues Leben nach 100.000 Jahren

Die Modelle des Forscherteams enthüllten ganz Unerwartetes: Der Dekkan-Trapp könnte tatsächlich dazu beigetragen haben, dass sich das Leben wieder erholte, weil die CO2-Emissionen der Vulkane die Auswirkungen des harten Winters abmilderten. „Das ist eine erstaunliche Wendung“, sagt Hull. „Ich glaube nicht, dass jemand erwartet hätte, dass Vulkanismus die Folgen des Einschlags abmildern würde. Das ist wirklich überraschend.“ Auch fernab der indischen Lavaströme gibt es Anzeichen dafür, dass der Dekkan-Trapp die Rückkehr des Lebens begünstigt hat.

Im Oktober 2019 stellte eine Gruppe um den Paläontologen Tyler Lyson vom Denver Museum of Nature and Science mehrere Fundstätten in den Rocky Mountains vor, die die Flora und Fauna Nordamerikas nach dem Asteroiden-Einschlag repräsentieren. Das Team fand heraus, dass die Ökosysteme in den ersten 100.000 Jahren nach dem Einschlag nur wenig Leben beherbergten. Doch dann blühte die Vielfalt der Säugetiere und Pflanzen in Wellen auf, die mit milden Erwärmungsperioden korrelierten. Diese wiederum gingen mit CO2-Schüben einher, die vom Dekkan-Trapp stammen könnten. Die jüngsten Studien, sagt Lyson, hätten einer faszinierenden Idee Bahn gebrochen: „Der Dekkan erscheint plötzlich nicht mehr als Zerstörer, sondern vielmehr als Schöpfer.“

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Foto von National Geographic

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