David Livingstone

Er ist besessen von Afrika. Zunächst Missionar, dann Forschungsreisender, entdeckt der Schotte den Sambesi. Als erster Europäer durchquert er den Kontinent von Osten nach Westen. Sein Traum ist, die Nilquellen zu finden.

Von National Geographic

David Livingstone ist besessen von Afrika. Zunächst Missionar, dann Forschungsreisender, entdeckt der Schotte den Sambesi. Als erster Europäer durchquert er den Kontinent von Osten nach Westen. Sein Traum ist, die Nilquellen zu finden.

Als Zehnjähriger arbeitet David Livingstone in einer Textilfabrik. Er muss etwas zu seinem Lebensunterhalt beitragen. Später studiert er Medizin und Theologie. Livingstone tritt der Londoner Missionsgesellschaft bei, um als Arzt und Missionar nach China zu gehen. Doch der Ausbruch des Opiumkriegs durchkreuzt seine Pläne. Dann also Afrika. Auf der Fahrt zum Kap lässt David Livingstone sich vom Kapitän zeigen, wie man geographische Orte bestimmt. Als ahnte er, dass es nicht bei seiner sesshaften Tätigkeit bleiben wird.

Im März 1841 kommt David Livingstone in der Nähe von Port Elizabeth in Südafrika an. Er arbeitet auf den entlegenen Missionsstationen Kuruman, Mabotsa und Koloben. 1844 heiratet er Mary Moffat, die Tochter eines Missionars. Livingstone unternimmt Erkundungsreisen, sucht neues Land zum Missionieren. Gemeinsam mit dem reichen Engländer William Oswell, der die Expedition bezahlt, durchquert Livingstone 1849 zum ersten Mal die Kalahari. Sie entdecken den Ngamisee im Betschuanaland (heute Botswana). Zwei Jahre später nimmt Sebitoane, der Häuptling der Makololo, Livingstone mit auf eine Reise nach Norden. Bei Sesheke steht der Schotte als erster Europäer am Sambesi. Bisher ist nur die Mündung des Stroms bekannt. Keiner weiß etwas über seinen Verlauf.

Livingstones Entdeckernatur ist erwacht. Vielleicht eignet sich der Sambesi als Handelsroute? Vielleicht lässt sich auf diesem Weg die Zivilisation ins Innere Afrikas bringen? Von einigen kleinen Stationen abgesehen sind die Europäer noch nicht weit ins Herz des riesigen Erdteils vorgedrungen. Wohl haben einzelne Händler – meist Portugiesen – einige Regionen des Kontinents bereist. Doch sie haben kaum Karten hinterlassen, und wenn, dann nur sehr ungenaue. Auch die Makololo sind an der Erforschung des Flusses interessiert. Sie wollen ihr Elfenbein zu weiter entfernten Handelsplätzen transportieren. Daher bieten sie Livingstone ihre Unterstützung an.
Der Missionar hat noch ein weiteres Motiv: Am Oberlauf des Sambesi sieht er die Gräuel des Sklavenhandels, den Araber und Afrikaner betreiben. Er möchte Wege finden, ihn zu verhindern. Die Missionsgesellschaft gibt ihr Einverständnis für die Expedition. Seine Frau und Kinder schickt der Brite von Kapstadt aus nach London.

David Livingstone selber reist nach Linyanti, der Hauptstadt der Makololo. Am 11. November 1853 startet die große Entdeckungsreise. Mit Kanus fährt Livingstone den Sambesi hinauf. Am Ufer begleiten Ochsen die Tour. Sie tragen die Vorräte. Der Fluss ist majestätisch, sein Lauf führt durch dichten Wald, an Palmyra-Palmen vorbei. Die Männer müssen Stromschnellen überwinden, manchmal tragen sie die Boote an Land vorbei. Livingstone sieht mehr als 30 neue Vogelarten. Es wimmelt von Krokodilen. Über den Liambai und den Liba geht es nach Westen, in Richtung Angola und Atlantikküste. Sie kreuzen mehrere Flüsse, unter anderem den Kasai. Es wird noch Jahre dauern, bis Hermann von Wissmann feststellt, dass dieser ein Zufluss des Kongos ist.

Am 31. Mai 1854 erreicht David Livingstone Luanda – völlig erschöpft, abgemagert, fieberkrank. Er war mehr als ein halbes Jahr unterwegs. Doch das Angebot englischer Kapitäne, ihn mit in die Heimat zu nehmen, lehnt er ab. Längst ist Livingstone besessen von Afrika. Mit dem Ergebnis seiner Expedition ist er nicht zufrieden. Er wollte eine günstige Verbindung zur Küste finden. Doch diese Route hat sich als viel zu beschwerlich erwiesen. David Livingstone macht sich auf den Rückweg nach Linyanti – und benötigt fast ein Jahr. Von Linyanti aus fährt er erneut den Sambesi entlang, diesmal nach Osten. Die Eingeborenen haben Livingstone von den „Mosioatunja“-Fällen erzählt, was in ihrer Sprache „donnernder Rauch“ heißt. Ende 1855 entdeckt Livingstone als erster Europäer die gigantischen Wassermassen, die sich 60 Meter – es ist Trockenzeit – in die Tiefe stürzen. Zu Ehren der Queen nennt er sie Victoriafälle.

David Livingstone umgeht die unschiffbaren Stellen des mittleren Sambesi. Über die portugiesische Handelsniederlassung Tete erreicht er am 20. Mai 1856 bei Quelimane im heutigen Mosambik den Indischen Ozean. Als erster Europäer hat er Afrika von Westen nach Osten durchquert. Zurück in England wird David Livingstone als Nationalheld gefeiert. Seine Aufzeichnungen über „Missionsreisen und Forschungen in Süd-Afrika“ werden zum Bestseller. Er scheidet aus der Christlichen Mission aus. Jetzt ist er endgültig nur noch Forscher. Im Jahr 1858 startet Livingstone seine zweite große Expedition. Diesmal wird er von der englischen Regierung unterstützt. Er soll den Mittellauf des Sambesi genau kartieren, das gesamte Flussgebiet untersuchen und in Kontakt mit den dort lebenden Völkern treten. David Livingstone soll Handelsmöglichkeiten auskundschaften und Rohstoffe finden, die sich zum Export nach England eignen. Er soll der Sklavenjagd entgegenwirken.

London hat den Forscher diesmal mit einem kleinen Dampfer ausgestattet. Er trifft in drei Teile zerlegt am Sambesi ein. Zunächst fährt Livingstone den Fluss wieder hinauf. Doch an den Kebrabasa-Fällen zwingt ihn der Strom zum Umkehren. Er erkundet den Shire, einen großen Nebenfluss. Am 18. April 1859 entdeckt er den Chilwasee, fünf Monate später den Njassasee. Die Eingeborenen, die Livingstone trifft, haben noch nie zuvor Weiße gesehen. Sie sind misstrauisch, manchmal auch feindlich. Der Forscher geht mit großer Umsicht vor, um ihre Ängste zu zerstreuen. Nie bahnt Livingstone sich den Weg mit Gewalt. Lieber hinterlässt er Geschenke und zieht sich dann zurück, um später noch einmal wiederzukommen.

David Livingstone unternimmt einen zweiten Anlauf, den Mittellauf des Sambesi zu befahren. Es gelingt ihm, bis auf einige kleine Teilstücke, den Lauf des Stroms zu klären. Er kartiert den Njassasee und macht einen Abstecher zum Rovuma, den die Portugiesen – im Gegensatz zum Sambesi – nicht für sich beanspruchen. Doch die englische Regierung hat sich eine wirtschaftliche Erschließung des Gebiets erhofft. Da dies nicht geschieht, beruft sie Livingstone 1863 nach London zurück.

Dennoch startet er zu einer dritten Expedition auf den schwarzen Kontinent. Er möchte das Geheimnis der Nilquellen lösen. Von Sansibar aus gelangt Livingstone über den Rovuma am 6. August 1866 zum Njassasee. Von dort aus dringt er ins Unbekannte vor. Im Oktober beginnt die Regenzeit, die das gesamte Gebiet in eine Schlammwüste verwandelt. Livingstone kreuzt den Tschambesi, von dem er zunächst annimmt, dass er zum Sambesi fließt, und den L˘uoangwa. Am 1. April 1867 gelangt er zum Tanganjikasee. Vom Fieber so geschwächt, kann David Livingstone kaum noch laufen. Aber er lässt nicht locker. Nach einer kurzen Erholungspause zieht er weiter. Er entdeckt den Mwerusee, durch den der Luapula strömt, kann aber nicht klären, zu welchem Flusssystem er gehört. Die richtige Antwort wird er bis zu seinem Tod nie erfahren: Der Strom führt zum Kongo.

Auf dem Weg zurück zum Tanganjikasee entdeckt David Livingstone im Juli 1868 den Bangweolosee. Er durchquert Wasserläufe, die ihm bis zur Brust reichen. Seit zwei Jahren hat er keine Nachricht von der Außenwelt erhalten. Er weiß nicht, dass man ihn für verschollen, wenn nicht für tot hält. Mit letzter Kraft erreicht er die Arabersiedlung Ujiji. Die Vorräte und Briefe, die ihm dorthin geschickt wurden, sind gestohlen und verkauft. Livingstone hat gar nichts mehr. Am 28. Oktober 1871 trifft Henry M. Stanley in dem Ort ein – die Rettung. Der amerikanische Journalist ist von dem Verleger des „New York Herald“ nach Zentralafrika geschickt worden, um den Forscher zu suchen.

Nach Livingstones Genesung unternehmen sie gemeinsam eine Erkundungstour zur Nordspitze des Tanganjikasees, die Richard F. Burton und John Speke bei ihrer Expedition nicht erreicht haben. Sie suchen einen Ausfluss, der womöglich zum Nil führt. Stanley und Livingstone kommen am Ende zu dem Schluss, dass es ihn nicht gibt.

Livingstone lässt sich auch von Stanley nicht zur Rückkehr nach England überzeugen. Er hält seine Forschungen noch längst nicht für abgeschlossen.

Am 1. Mai 1873 stirbt David Livingstone am Bangweolosee. Einheimische transportieren seinen Leichnam zur Küste. Er wird in der Londoner Westminster-Abtei beigesetzt. Aber sein Herz liegt in Afrika begraben.

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