Neuseelands Willkommen: Mehr als nur Worte

Es ist ein Willkommen, für das es keine Worte gibt, ein Gefühl der Geborgenheit, das sich in kleinen Alltagssituationen widerspiegelt.

Von Carrie Miller
Veröffentlicht am 15. Feb. 2019, 17:23 MEZ
Illustrator Christoph Niemann ist einer von vielen Künstlern, die die vielseitigen Landschaften von Kaikōura inspirieren. Hier ...
Illustrator Christoph Niemann ist einer von vielen Künstlern, die die vielseitigen Landschaften von Kaikōura inspirieren. Hier kommt sein Skizzenbuch am beliebten Aussichtspunkt der Schafskolonie in Point Kean zum Einsatz.
Foto von Erika Larsen

An meinem zweiten Tag in Neuseeland wanderte ich morgens ziellos durch die belebte Ghuznee Street in Wellington. Es war ein Werktag, ich hatte meine Einkaufsliste dabei und fühlte mich desorientiert und überfordert. Ich war in dieses Land gezogen, ohne auch nur eine Menschenseele hier zu kennen. Dafür hatte ich mein Zuhause in den USA zurückgelassen und in diesem Moment fragte ich mich, warum eigentlich.

„Hallo. Sie sehen ein bisschen verloren aus. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“ Eine Frau mittleren Alters, gekleidet in ein Business-Outfit, sprach mich auf der Straße an. Ihr nettes Angebot kam mir wie ein Sonnenstrahl vor, der durch eine dunkle Wolkendecke drang. Ich erklärte ihr, dass ich nach Haushaltswaren suchte – Schwämme, ein Besen, Bettlaken –, um mein neues Zuhause auszustatten.

„Das ist einfach“, sagte sie. „Das haben wir gleich.“ Sie nannte mir die Namen der Geschäfte, in denen ich fündig werden würde (die Ketten haben andere Namen als in den USA), und wo sie sich befanden. Sie winkte nur ab, als ich mich überschwänglich bedankte.

„Kein Problem“, meinte sie. „Und willkommen in Neuseeland.“

Eine Stunde später stand ich mit einem randvollen Einkaufswagen in der Schlange und ein junger Mann kassiert meinen umfangreichen Einkauf ab. „Ziehen Sie in neue Räumlichkeiten?“, fragte er.

„Räumlichkeiten??“

„Räumlichkeiten. Haus. Wo man wohnt“, übersetzte er mir den in Neuseeland gebräuchlichen Ausdruck „flat“ für Wohnung (in USA üblich: apartment).

Ich hatte kaum mit „ja“ geantwortet, als er auch schon eine ganze Reihe an Dingen aufzählte, die ich unbedingt machen und sehen sollte. Ganz oben stand ein Konzert am gleichen Abend in einer Bar in der Nähe.

„Es gibt keinen besseren Einstand in Neuseeland als ein bisschen Kiwi-Musik“, sagte er. „Sie sollten wirklich hingehen. Sie werden es nicht bereuen.“

Ich ging hin und ich bereute es nicht. Auch nicht, dass ich in dieses außergewöhnliche Land gezogen bin. Die entgegenkommende Art der Neuseeländer, die ich bereits an meinem zweiten Tag dort erleben durfte, hat sich auch in den vergangenen 15 Jahren nicht verändert. Die Menschen sind großzügig, ohne dabei zu weit zu gehen, und freundlich, ohne aufdringlich zu sein. Es ist ein Willkommen, für das es keine Worte gibt, ein Gefühl der Geborgenheit, das sich in kleinen Alltagsmomenten widerspiegelt. In diesen fünf Situationen kann man die Herzlichkeit der Menschen hautnah erleben:

1. Ein nettes Hallo für den Sitznachbarn: Auf Regionalflügen innerhalb Neuseelands kommt man problemlos miteinander ins Gespräch. Einen grandiosen Ausblick auf die vielseitige Landschaft gibt es gratis dazu. Kiwis nutzen diese Kurzflüge häufig, sowohl geschäftlich als auch in ihrer Freizeit. Man witzelt hier oft, dass man aufpassen muss, was man sagt, wenn man sich auf dem Flug mit jemandem unterhält. Bei gerade einmal 4,9 Millionen Einwohnern ist es nicht unwahrscheinlich, gemeinsame Bekannte zu haben – und mir ist das mehrmals passiert.

2. Einen Kaffee trinken gehen: Die Kiwis lieben ihre Cafés und an kaum einem Ort kommt man so leicht mit den Einheimischen ins Gespräch wie im Rahmen der Café-Kultur – egal ob Café-Besitzer, Mitarbeiter oder andere Kaffee-Enthusiasten. Wellington ist die Hauptstadt der Cafés, und wenn man eine Weile hier wohnt, wird man ganz schön verwöhnt. Das Fidel’s in der Cuba Street bietet eine große Auswahl, das Flight Coffee Hangar in der Dixon Street ist etwas moderner. Ich mag außerdem das Chocolate Fish an der Shelly Bay und das Café Maranui Surf Life Saving Club, das einen ungehinderten Ausblick auf die Lyall Bay gewährt.

Die Gegend rund um den Bahnhof Britomart in Auckland liegt zwischen dem Waitemata-Hafen und Aucklands Hauptgeschäftsbezirk. Das Viertel wurde als Wohn- und Arbeitsviertel wiederbelebt und besteht aus einem Mix von historischen und modernen Gebäuden. Hier lockt das kleine französische Café L’Assiette oder – eine Top-Adresse für Kaffee-Liebhaber – das Espresso Workshop. Eine gute Tasse Kaffee findet man jedoch überall in der Stadt. Die Kiwis nach einer Empfehlung für ein Café zu fragen, ist ein sicherer Eisbrecher für den Beginn eines Gesprächs. Hier ist meine: Kai Whakapai in Wanaka auf der Südinsel ist ein toller Laden. Hier trifft man eine interessante Mischung aus Einheimischen und Touristen an.

3. Applaus für die Mannschaft: Neuseeländer sind sportverrückt. Kein Sport-Event ist ihnen zu weit weg, und sei es nur das Rugbyspiel einer Nachwuchsmannschaft, Korbball in einer Sporthallte oder ein Cricket-Match. Für Reisende bieten diese Anlässe eine nette (und erstaunlich günstige) Ausflugsmöglichkeit. Außerdem kommt man auch bei diesem Thema leicht ins Gespräch. Egal, in welcher Stadt man sich befindet, die Einheimischen wissen immer, was in sportlicher Hinsicht gerade ansteht. Wer das Spiel nicht live erleben kann, macht einfach einen Abstecher in ein Pub um die Ecke, um es im Fernsehen zu sehen – insbesondere ein All Blacks Rugbyspiel. Selbst wenn ihre Nationalmannschaft in Europa spielt und die Partie um drei Uhr nachmittags übertragen wird: Die Pubs sind voll mit Kiwis, die sie anfeuern.

4. Waren direkt vom Erzeuger: Neuseeländer sind einfallsreiche Menschen, die gerne Dinge mit ihren eigenen Händen herstellen. Honig, Käse, Wein und Marmeladen sind nur einige Beispiele dafür. Und sie lieben es, diese Leckereien mit Gästen zu teilen. Ob Markt (wie der Motueka Sunday Market), Weingut (wie die Winzerei Fromm in der Region Malborough oder die Chad Farm im Gibbston Valley in Queenstown) oder eins der vielen kleinen Geschäfte (wie das Fix & Fogg in Wellington, das wahrhaft göttliche Erdnussbutter herstellt) – überall lernt man mehr über das Land und die Leute, die ihre Produkte mit viel Herzblut entstehen lassen.

5. Eine Kostprobe des Māori-Geistes: Die Kultur der neuseeländischen Ureinwohner ist auch heute noch lebendig und entwickelt sich stetig weiter. Die Māori hüten sie verständlicherweise wie einen Schatz. Einen guten ersten Eindruck bekommt man in einer der zahlreichen Begegnungsstätten für Touristen. Die Waitangi Treaty Grounds in der Bay of Islands ist eine der wichtigsten historischen Stätten Neuseelands. Hier kann man viel über die Geschichte, Gepflogenheiten und Kultur der Māori lernen. Andere Orte wie die Gegend um die geothermalen Quellen von Whakarewarewa bieten Übernachtungsmöglichkeiten in maraes. Diese traditionellen Treffpunkte sind das Zentrum der Māori-Gemeinschaften. Bei diesen Besuchen kann man die Mitglieder der Gemeinschaft kennenlernen, Fragen stellen und tiefer in die Kultur eintauchen. Fotos sollten rund um die maraes jedoch aus Gründen der Höflichkeit nur mit Erlaubnis gemacht werden. Man nennt seinen Namen, stellt Fragen und schaut danach, wie sich die Dinge entwickeln.

Dieser Inhalt wurde von unserem Partner verfasst. Er spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung von National Geographic oder dem Redaktionsteam wider.

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