Galerie: Tektonisches Abenteuer in Island
Von Florian Bison, Pana Mogren
Veröffentlicht am 7. Feb. 2020, 12:31 MEZ

Tag 1: Hoch im Norden. Unser auserwählter Startpunkt ist Rifstangi, einer der zwei nördlichsten Punkte Islands. Um dorthin zu gelangen, müssen wir die Bikes jedoch stehen lassen und eineinhalb Stunden wandern. Endlich angekommen, finden wir dort ein offensichtlich seit Jahrzehnten verlassenes Haus vor, in dem Raben neben einem Kinderbett einen Haufen Knochen angesammelt haben.
Foto von Florian BisonTag 3: Dank Rückenwind und geringer Steigung legen wir an diesem Tag 110 Kilometer zurück. Unser Ziel: eine Oase nahe des Berges Herðubreið. Er ist knapp 1.700 Meter hoch und gilt seiner auffälligen Form wegen als Königin der Berge Islands.
Foto von Florian BisonTag 5: Wir nehmen uns einen Tag „frei“, um den Vulkan Askja zu erkunden. Erst einmal geht es mit dem Bike zehn Kilometer bergauf, um zu den heißen Quellen zu kommen. Der Askja setzt sich aus drei Calderen, also Vulkankratern, zusammen. In der Mitte befindet sich der See Öskjuvatn, der mit 220 Metern einer der tiefsten Seen des Landes ist.
Foto von Florian BisonTag 5: Als wir am Askja den Víti-Krater (isländisch für „Hölle“) erreichen, erschlägt uns der Gestank nach faulen Eiern fast. Aber ohne Schwefelgeruch kein warmes Wasser (hier im Krater ist es circa 25 °C warm). Es stammt aus schwefelhaltigen Thermalquellen, aus denen die Isländer auch ihr warmes Leitungswasser beziehen.
Foto von Pana MogrenTag 5: Elf von zwölf Nächten verbringen wir in Zelten. Die richtige Ausrüstung (Zelt, Isomatte und Schlafsack) ist dabei in jeder Hinsicht überlebenswichtig: Ohne Schlaf keine Energie für den nächsten Tag. Das Material muss nicht nur seine Funktion erfüllen, sondern auch leicht sein.
Foto von Florian BisonTag 6: Der härteste Teil der Tour führt durch Sandwüste. Drei Stunden nach Abfahrt haben wir gerade mal acht Kilometer zurückgelegt, denn wir müssen fast ausschließlich schieben. Die Entscheidung, auf das mühselige Fahren im Sand zu verzichten, war in mehr als einer Hinsicht nötig: Da wir nur einen begrenzten und streng rationierten Vorrat an Proviant mitführen, müssen wir Energie sparen.
Foto von Florian BisonTag 6: Nach circa sieben Stunden erreichen wir eine Abzweigung. Hier müssen wir eine schwerwiegende Entscheidung treffen: Fahren wir über die längere Strecke, die weitaus weniger Hindernisse mit sich bringt, aber auch weniger spektakulär ist? Oder stürzen wir uns in Ungewisse und nehme eine völlig unbekannte Route? Wir entschieden uns für das Abenteuer.
Foto von Florian BisonTag 6: Kein Tacho, kein GPS, kein Navi – nur ein Satellitentelefon für den Notfall. Das erste Mal, dass wir das bereuen, ist an diesem Tag. Zeit und Raum existierten quasi nicht. Zeit nicht, da es durch den Polartag nie dunkel wird und wir teilweise bis 1 Uhr nachts auf den Rädern sitzen. Raum nicht, weil wir nur die Gesamtstrecke kennen, die wir am Tag zurücklegen müssen. Wir wissen also nie, wie weit wir schon gefahren sind oder noch fahren müssen. Ist der nächste Hügel der letzte oder kommen noch fünf weitere?
Foto von Florian BisonTag 6: So muss es sich anfühlen, über den Mond zu fahren. Diesen Gedanken hatten nicht nur wir: Hier trainierten die NASA-Astronauten vor 50 Jahren die Mondlandung.
Tag 6: Zu den Naturwundern, die wir an diesem Tag sehen, gehört das gigantische Lavafeld Holuhraun.
Foto von Pana MogrenTag 6: Wenn der Wind hier mit bis zu 200 km/h über den Gletscher weht, können die Temperaturen schnell um 15 bis 20 °C fallen. Dann kann man sich nur noch in einem Rescue Zelt auf den Boden legen und darauf warten, dass es vorbeigeht. Im Hintergrund: der Dyngjujökull-Gletscher.
Foto von Pana MogrenTag 6: Kistufell Rescue Shelter. Nach 16 Stunden erreichen wir unser Ziel: eine heimelige und gemütliche Hütte mit Transistorradio und Kerzen. Es ist ein unglaublich absurdes Gefühl, so fernab jeder Zivilisation einen solchen Ort vorzufinden. Die Fenster sind mit Holzplanken geschützt – oft kommt hier sicher niemand vorbei.
Foto von Florian BisonTag 7: Kistufell Rescue Shelter. So richtig wollen wir noch nicht los. Aber da sich unser Wasservorrat dem Ende neigt, müssen wir weiter.
Foto von Pana MogrenTag 7: Kistufell Rescue Shelter. Nach Tagen mal wieder eine Toilette vorzufinden, ist fantastisch.
Foto von Florian BisonTag 7: Spregisandur. Dieser Teil der Strecke ist unfassbar eintönig und so wird die Tour auch zu einer mentalen Herausforderung. Hinter jedem Hügel verbirgt sich ein weiterer – und wir haben keine Ahnung, wie viele es noch werden.
Foto von Florian BisonTag 7: Spregisandur. An diesem Tag müssen wir 20 Flüsse überqueren. Das kostet viel Zeit: Wenn man alle Taschen abnimmt, verliert man bis zu 45 Minuten pro Fluss – und muss drei bis vier Mal hin und her. Das Wasser ist zudem eiskalt: Schon nach der ersten Überquerung sind unsere Füße taub. Mitunter sitzen wir danach noch mal fast eine Stunde am Ufer, bis wir unsere Füße wieder spüren.
Foto von Florian BisonTag 8: Nýidalur. Mittlerweile ist uns die Anstrengung ins Gesicht geschrieben: Unsere Augen sind geschwollen und die Glieder müde.
Foto von Florian BisonTag 11: Holaskjol. Nach Sandwüsten und Mondlandschaften wird es jetzt immer grüner. Anfänglich leuchten nur kleine grüne Flecken in der Landschaft auf, die sich wie Flüsse einen Weg durch schmale Senken bahnen.
Foto von Florian BisonTag 9: Versalir. Bekanntschaft mit der heimischen Fauna: Sobald wir langsamer fahren oder anhalten, umkreisen uns hunderte Fliegen. Essen ist kaum möglich, Pausen werden fast zur Qual.
Foto von Florian BisonTag 11: Holaskjol. Hier beginnt das letzte Kapitel der Tour. Nach einem letzten Tag bergauf ist es nun vorbei mit Bergen. In der Ferne sehen wir schon das Ziel unseres Trips: das Meer.
Foto von Florian BisonTag 11: Von der Reise gezeichnet: Florian Bison hat die Biketour durch Island fotografisch dokumentiert. Der Fotograf lebt eigentlich in Hamburg.
Foto von Pana MogrenTag 12: Kötlutangi. Auf dem Inselberg Hjörleifshöfði links im Bild wimmelt es nur so von Blumen und Vögeln, die dort ihre Nester gebaut haben. Der Duft und der Vogelgesang sprechen Sinne an, die wir in den letzten Tagen nur selten genutzt haben. Das 221 Meter hohe Hjörleifshöfði-Plateau ist nach einem der ersten Siedler der Insel benannt, Hjörleifur Hróðmarsson, und thront majestätisch über der Sanderfläche Mýrdalssandur.
Foto von Florian BisonTag 12: Am Ziel. Kütlutangi ist der südlichste Punkt der Insel. Als wir am schwarzen Strand ankommen, liegt Nebel über der Küste. Wir fühlen uns, als würden wir durch Wolken fahren.
Zwanzig Minuten sitzen wir einfach nur da, sprechen nicht und freuen uns. Wir fühlen uns unglaublich gut, weil wir es geschafft haben – aber gleichzeitig auch unsagbar klein, weil uns die Natur in den letzten zwölf Tagen gezeigt hat, wie mächtig und überwältigend sie ist.
Foto von Pana Mogren