Fotostrecke: Menagerie der dunklen See
„Eine Menagerie jenseits aller Vorstellungskraft.“ Das Fotografenpaar Jennifer Hayes und David Doubilet präsentiert die faszinierenden Kreaturen, die des Nachts aus der Tiefsee aufsteigen.

Seeschmetterling und junger Kuhfisch
Das nächtliche Meer bietet Fotografen die Möglichkeit, eine unglaubliche Vielfalt des Lebens einzufangen. Auf der linken Seite ist ein Seeschmetterling (Thecosomata) zu sehen – eine freischwimmende Hinterkiemerschnecke. Sie kann so klein wie ein Sandkorn sein und hat einen ungewöhnlichen Fuß in Form von flügelartigen Lappen. Mit diesen schlägt sie, um durch das Wasser zu treiben. Auf der rechten Seite wird ein junger Kuhfisch vom Licht des Fotografen angezogen.
Fangschreckenkrebs-Larve
Wenn die Nacht über dem offenen Meer hereinbricht, tut sich eine fremde Welt auf: Das Zooplankton schwimmt aus der Tiefe herauf, um nach Nahrung zu suchen. Viele dieser kleinen Organismen sind noch im Larvenstadium, darunter auch der hier abgebildete Fangschreckenkrebs. Die kleinen Wirbeltiere sind gefräßige Räuber, und das Schwarzwasser-Tauchen bietet einen seltenen Einblick in ihr frühes Leben. „Es ist die Kinderstube des Ozeans“, sagt der Fotograf David Doubilet.
Qualle und Feuerfisch-Larve
Fotografen tauchen mitten in der Nacht mit hellen Lampen in die Tiefsee, um Tiere wie diese Qualle (links) zu entdecken, die wie ein Vorhang in der Strömung wabert. Rechts ist die Larve eines Feuerfischs zu sehen, umgeben von winzigen Flohkrebsen.
Doubilet und die Fotografin Jennifer Hayes vergleichen das Schwimmen im nächtlichen Meer mit dem Schweben im Weltraum. „Die einzige Möglichkeit, um herauszufinden, wo oben und unten ist, ist die Richtung der Luftblasen“, sagt Doubilet.
Unsterbliche Qualle
Einige Sichtungen sind seltener als andere, wie zum Beispiel diese unsterbliche Quallenart Turritopsis dohrnii, die Hayes in Anilao auf den Philippinen fotografierte. Nach seinem Tod wachsen aus dem glockenförmigen Schirm des Tieres genetisch identische Polypen heran, sodass es seinen Lebenszyklus praktisch endlos wieder und wieder durchlaufen kann. Es ist eines von mehreren Tieren, die als Heiliger Gral für Schwarzwassertaucher gelten. Für Doubilet und Hayes steht der seltene Löcherkrake an erster Stelle der Liste.
Salpidae
Doubilet und Hayes verwenden Makro-Objektive, um winzige Organismen wie Salpidae zu fotografieren. Die gelatinösen Tiere können von der Größe eines Daumennagels bis zu 30 Meter lang werden. Salpidae können sich zu leuchtenden Ketten zusammenschließen und ihre Bewegungen über elektrische Signale synchronisieren. „Sie verdrehen sich und formen diese erstaunlichen geometrischen Muster“, sagt Hayes.
Stachelmakrelen-Larve und Ohrenqualle
Um sicher durch die Nacht zu kommen, gehen einige Tiere unerwartete Allianzen ein – zum Beispiel diese Larve einer Stachelmakrele, die über dem Schirm einer Ohrenqualle schwebt. Auch die Menschen, die der Gnade der Strömung ausgeliefert sind, sind auf ihre Sicherheit bedacht. Taucher lassen ein mit hellen Lichtern versehenes Seil ins Meer hinab, das an einer Boje an der Oberfläche befestigt ist. Sowohl die Taucher als auch ihr Boot richten sich nach dem Licht, um sicherzustellen, dass sich niemand verirrt.
Fliegender Fisch
„Die Unterseite der Meeresoberfläche ist in einer ruhigen Nacht wie ein Spiegel“, sagt Hayes. Auf diesem von Doubilet aufgenommenen Foto schwimmt ein bunt gefärbter Fliegender Fisch unter der Oberfläche der Sargassosee der Bermudas. Diese Fische können über weite Strecken über die Oberfläche gleiten, indem sie ihre Brustflossen wie Flügel ausstrecken.
Kalmar
Ein Kalmar stößt eine Tintenwolke aus, bevor er in den Tiefen von Raja Ampat in Indonesien verschwindet. Doubilet war fasziniert von dem Schauspiel, sagt aber auch, dass das Fotografieren im nächtlichen Meer frustrierend sein kann. Viele der Tiere sind entweder unglaublich klein oder fliehen beim Anblick eines Menschen. „Wenn man den Fokus verschiebt, dreht sich das Tier in diese oder jene Richtung aus dem Bild heraus und man erwischt es vielleicht nicht.“
Afrikanische Fadenmakrele
Eine Afrikanische Fadenmakrele schwimmt durch das Meer, während ihre Fäden wie die Tentakel einer Qualle wabern. „Das ist das Äquivalent eines marinen Zauberlehrlings“, sagt Doubilet. „All diese seltsamen Dinge tanzen nachts herum.“
Junge Makrele und Qualle
Diese junge Makrele hat sich in einer Qualle versteckt, um der Aufmerksamkeit von Raubtieren in der Nähe von Moalboal auf den Philippinen zu entgehen. Außerdem bildet das Duo auch ein effektives Fortbewegungsmittel. Hayes sagt, sie habe beobachtet, dass „der Fisch die Qualle wie ein Motorboot antreibt“.
Seenadel
Einige Tiere versuchen, sich zum Schutz zu tarnen – wie diese Seenadel, die vorgibt, der Stock zu sein, an den sie sich im Nachtmeer vor Anilao auf den Philippinen klammert. Auch Schwarzwassertaucher machen sich Sorgen um Raubtiere, vor allem Haie. Doch leider, so Doubilet, seien die Haibestände an den meisten Stellen, an denen sie tauchen, gründlich abgefischt worden. „Man fühlt sich aus tragischen Gründen relativ sicher.“
UNIDENTIFIZIERT
Ursprünglich wurde dieses Gebilde als Radiolaria identifiziert – einzelliges Plankton mit einer harten mineralischen Schale. Vermutlich zeigt es aber eher eine Laichmasse einer nicht identifizierten Tierart. Viele nächtliche Begegnungen im Meer lassen sich nicht sofort einordnen. Die Fotos werden innerhalb einer aktiven Gemeinschaft von Wissenschaftlern und Tauchern verbreitet, die zusammenarbeiten, um mehr über dieses einzigartige Ökosystem zu erfahren.
„Für Fotografen auf der ganzen Welt ist es ein Tribünenplatz, von dem aus man eine Parade der seltsamsten und exotischsten Kreaturen der Welt beobachten kann“, sagt Doubilet. „Es ist eine Menagerie, die jenseits aller Vorstellungskraft liegt.“
Papierboot
Ein männliches Papierboot – eine Gattung der Kraken – reist bei Anilao auf den Philippinen per Anhalter auf einer Qualle mit. „Man stößt nur selten auf etwas, das einen nicht fasziniert“, sagt Hayes. „Es ist wirklich ein neuer makroskopischer Blick ins Meer.“
Flohkrebs und Qualle
Ein Flohkrebs sitzt auf einer Qualle in der Isla-Verde-Straße, einer wichtigen Schifffahrtsstraße auf den Philippinen. Ein Tauchgang in diesen tiefen Gewässern, die von Inseln und Riffsystemen umgeben sind, bietet einen Einblick in ein vielfältiges Ökosystem. Laut Hayes macht gerade das das Tauchen im Schwarzwasser unwiderstehlich. „Das Coole daran ist, dass es da draußen immer noch diese Heiligen Grale des Tauchens gibt“, sagt Hayes. „Für uns ist das eine Geschichte, die kein Ende nehmen wird.“
