Tollwut-Robben an den Stränden von Kapstadt
In Südafrika ist es zu einem Tollwut-Ausbruch bei Seebären gekommen. Es ist das erste Mal seit 40 Jahren, dass die Krankheit bei einer Robbenart festgestellt wurde – und das erste Mal überhaupt, dass sich Meeressäuger nachweislich gegenseitig infizieren.
Südafrikanische Seebären sind in Kapstadt für viele Besuchende Teil des Touristenprogramms. Diese (hoffentlich gesunden) Exemplare wurden im Hafen vor dem städtischen Aquarium fotografiert.
Kapstadt ist in den kalten Monaten für viele Deutsche ein Traumreiseziel. Wer diesen Winter nach Südafrika reist, sollte an den Stränden jedoch achtgeben: Im Meer rund um die Stadt wurden in den vergangenen Monaten mehrere Robben gefunden, die mit Tollwut infiziert waren. Und sie sind angriffslustig.
Über 50 bestätigte Fälle
Bereits im Oktober 2023 tauchte nach Angaben der Stadt ein infizierter Südafrikanischer Seebär (Arctocephalus pusillus) an einem Strand in Kapstadt auf. Im aktuellen Jahr kamen in Westkap 51 bestätigte Fälle dazu, sagt Gregg Oelofse, Küstenmanager der Stadt Kapstadt. „Wir testen jedoch nur Tiere, die sich auffällig verhalten haben – die Dunkelziffer könnte also viel höher sein.“
Aufmerksam wurden die Behörden durch aggressive Tiere: Eine Robbe hatte im Mai am beliebten Strand in Muizenberg binnen kürzester Zeit fünf Surfer gebissen, eine andere einen Hund. „Zuletzt hat eine tollwütige Robbe vor elf Tagen drei Hunde am Strand von Kommetjie angegriffen“, sagt Oelofse. Kurz vorher sei es zu einem Vorfall mit einem Mann auf einem Stand-up-Paddle-Board gekommen.
„Bislang hatten wir Glück, es hat sich kein Mensch infiziert“, sagt Oelofse. Da die Inkubationszeit einige Monate bis über ein Jahr beträgt, könne man noch keine finale Entwarnung geben. „Alle Betroffenen sind jedoch schnell behandelt worden mit einer Postexpositionsprophylaxe“, sagt er.
Weitere infizierte Robben wurden unter anderem auch in Blouberg, Strand, Big Bay und Fish Hoek gefunden.
Erster dokumentierter Tollwut-Ausbruch bei Meeressäugern
Die Nachricht ist brisant, denn Tollwut ist bei den Meeressäugern extrem ungewöhnlich: 1980 wurde auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen eine Infektion bei einer Robbe nachgewiesen. Danach nie wieder. In Südafrika gab es zuvor keine bestätigten Fälle bei den Seebären. Nach Angaben von Forschenden in Südafrika ist es das erste Mal überhaupt, dass es zu einem Tollwut-Ausbruch unter Robben kommt und sich die Tiere gegenseitig infizieren.
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Das bestätigt auch Conrad Freuling, Tollwut-Experte beim Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald. „Wahrscheinlich ist die Krankheit über Schakale auf die Robben übertragen worden“, sagt er. Letztendlich seien alle Säugetiere empfänglich. Wie häufig und wo Tollwut bei Robben oder Seelöwen vorkommt, sei derzeit unklar. „Natürlich ist es aber auch eine Frage der Untersuchungshäufigkeit.“
„Kein Grund zur Panik“
Tollwut ist für Menschen extrem gefährlich: Die Infektionskrankheit, auch Rabies genannt, endet ohne Impfung und Behandlung meist tödlich. Trotzdem bleiben die Behörden in Kapstadt entspannt: „Es besteht kein Grund zur Panik“, heißt es in einer Meldung der Regierung. Tollwut sei zwar bei den Südafrikanischen Seebären neu, in vielen Wildtierpopulationen Südafrikas sei sie jedoch endemisch. Kliniken kennen sich also mit Tollwut-Fällen aus. Wer von einem Tier gebissen wird, sollte umgehend einen Arzt aufsuchen.
Conrad Freuling vom FLI sagt: „Sich wegen der Robben vorsorglich impfen zu lassen, ist allerdings Quatsch.“ Dass man tatsächlich mit den Tieren in Kontakt käme, sei höchst unwahrscheinlich. Wichtig sei eine Impfung besonders für Menschen, die in Gebieten mit Tollwut unterwegs sind, und wo eine adäquate medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist.
Das bestätigt man in Kapstadt. „Geimpft werden hier aktuell nur Menschen, die mit den Tieren interagieren“, sagt Oelofse. Er selbst zum Beispiel. Dies ist nur eine Maßnahme von vielen, die im September in einem Workshop erarbeitet wurden. Beschlossen wurde dabei auch die Impfung bestimmter Tiere – zum Beispiel der in den Häfen von Kalk Bay und Hout Bay heimischen Individuen. Sie kommen besonders oft in Kontakt mit Menschen.
Tollwut-Ausbruch ist schwer zu kontrollieren
Auch Südliche See-Elefanten (Mirounga leonina) werden geimpft. So soll das Risiko einer Ausbreitung in die Antarktis und subpolare Regionen verringert werden, denn die Tiere legen weite Strecken zurück – im Jahr über 30.000 Kilometer. „Die Tollwut komplett in den Griff zu bekommen, dürfte jedoch schwierig werden“, sagt Gregg Oelofse.
Die Stadt Kapstadt rief unterdessen bereits im Juni dazu auf, dringend Abstand zu den Seebären zu halten – an Land wie im Wasser – und sie nicht zu füttern. Diese Richtlinien gelten auch (und schon lange) für nicht kranke Wildtiere.