Bäume in der Stadt – wichtig und bedroht
Welche Aufgaben Linde, Ahorn und Co. an Straßen und in Parks übernehmen und wie wir ihnen helfen können.
Warum haben es Bäume in der Stadt so schwer?
Weil hier viele ungünstige Faktoren zusammenkommen, gerade an Straßen. Da sind zum einen die wechselnden Wetterbedingungen: unterschiedliche Lichteinflüsse, Wind und vor allem der Düseneffekt durch schmale Straße und hohe Bebauung, zudem eine hohe Hitzebelastung durch die Asphaltdecke. Häuser speichern Wärme und geben diese ab, besonders Gebäude mit Glasfassade – auch das setzt den Bäumen zu. Überdies ist das Bodenleben weniger gesund als in Parks und Wäldern, wo Laub fällt, sich zersetzt und so wieder Nährstoffe ins Erdreich gelangen. Diesen natürlichen Kreislauf gibt es in der Stadt meist nicht. Ein Großteil der Flächen ist ohnehin durch Asphalt versiegelt. Hinzu kommt, dass zwischen Parkhäusern, U-Bahn-Tunneln und Wasserrohren die Wurzeln oft zu wenig Platz haben. Weitere negative Einflussfaktoren sind der Urin von Hunden, der die Rinde und die Wurzeln verätzt, und Streusalz im Winter, das den Boden belastet. „Der Standort Straße ist nach dem subalpinen Lebensraum kurz vor der Baumgrenze das Härteste, was man einem Baum zumuten kann“, sagt Christian Hönig, Referent für Baumschutz beim BUND Berlin. Das alles führt dazu, dass die Lebensdauer sinkt. Laut der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald werden Bäume an Straßen oft nur 60 Jahre alt, in Parkanlagen erreichen sie immerhin um die 200 Jahre.
Welche Arten sind den Herausforderungen besonders gewachsen?
Das ist sehr unterschiedlich und kommt auf den Standort an. Im maritimen Klima, wie es in Norddeutschland vorherrscht, gedeihen andere Bäume als in den Wärmeinseln des Rhein-Main-Gebiets. Eine weitere Rolle spielen der Untergrund und die Lage, etwa an einem Hang. „Die Zusammensetzung der verschiedenen Baumarten ist je nach Stadt sehr unterschiedlich. Was man eigentlich überall findet, sind Linde und Spitzahorn. Die sind vielseitig und anpassungsfähig“, erklärt Christian Hönig. Ebenfalls häufig: Platanen und Kastanien. Eichen hingegen sind nicht in jeder Stadt verbreitet, kommen aber am richtigen Standort gut klar.
Was bringen Bäume in der Stadt?
Sie kühlen die Luft. Das ist besonders wichtig, weil die Temperatur als Folge des Klimawandels steigt und vor allem die Sommer heißer werden. Bäume werfen Schatten auf Straßen, Gehwege und Häuser; dadurch verhindern sie, dass Stein und Beton sich im Sommer stark aufheizen. Die Bäume befeuchten durch das Wasser in ihren Blättern die Luft, was das Atmen angenehmer macht. Außerdem binden die Blätter Schwebstoffe wie Rußpartikel und den Abrieb von Autoreifen. „Allerdings gelangen die Schadstoffe auf den Blättern häufig durch den Regen in die Kanalisation“, gibt der Baumexperte Christian Hönig vom BUND zu bedenken. Er nennt noch weitere Pluspunkte der Stadtbäume. Sie sind Lebensraum für Pflanzen und Tiere wie Käfer, Falter, andere Insekten und kleine Vögel. Die Höhlen von älteren Bäumen dienen als Brut- und Lebensräume für Eichhörnchen und Fledermäuse. Und Bäume reduzieren den Straßenlärm, Parks dienen als Oasen der Ruhe und der Erholung. „Auch wenn der Unterschied physikalisch nur gering ist, das sind nur ein, zwei Dezibel. Aber eine grüne Wand bedeutet trotzdem psychologisch einen großen Unterschied“, sagt Hönig. Außerdem haben Bäume einen symbolischen Wert, sie stehen für Naturnähe und sind für viele Menschen ein Lebensbegleiter. Diese wichtige Funktion werde oft übersehen, so Hönig. Dabei gehen gerade aus diesem Grund viele verärgerte Anrufe bei ihm ein, wenn ein Baum gefällt wird.
Wie kann ich den Bäumen vor meiner Haustür helfen?
Ein erster Schritt ist Rücksicht: Beim Einparken des Autos keine Bäume anrempeln. Das Fahrrad nicht daran abschließen, weil dadurch die Stämme verletzt werden, gerade bei jungen Exemplaren. Hunde nicht an Bäume pinkeln lassen (oder zumindest nicht immer an den gleichen). Im Winter auf Streusalz verzichten und lieber so genannte stumpfe Streumittel (mit dem Blauen Engel) verwenden. Wer mehr tun will, kann den Bäumen in seinem Viertel aktiv helfen. Gut ist es zum Beispiel, wenn das Erdreich rund um den Stamm mit Gräsern und Kräutern bepflanzt ist. „Der Boden ist dadurch lockerer, er kann besser Wasser aufnehmen, und es gelangt mehr Sauerstoff an die Wurzeln“, sagt Christian Hönig vom BUND. Sein Tipp: „Nicht zu dicht bepflanzen und auf jeden Fall vorher mit der zuständigen Behörde sprechen.“ Eine weitere Hilfsmaßnahme ist das Gießen in heißen Sommern – am Besten einmal in der Woche zehn Eimer oder Gießkannen pro Baum. Jeden Tag ein bisschen bringt nur wenig, weil das Wasser dann nur an der Oberfläche bleibt und schnell verdunstet. Möglicherweise haben die Nachbarn Interesse an einer Gießgemeinschaft. In einigen Städten wie beispielsweise Köln, Frankfurt und Stuttgart ist es möglich, die Patenschaft für einen Baum und die dazugehörige Grünfläche drumherum zu übernehmen.
Ein Artikel über die moderne Form des Stadtbaums, den so genannten CityTree, steht in der Ausgabe 11/2017 des National Geographic Magazins (und hier). Jetzt ein Magazin-Abo abschließen!