„Wir wollen Botschafter für die Unterwasserwelt ausbilden“

Im Unterwasserwelten Camp von Abenteuer Schwarzwald lernen junge Erwachsene, anderen Menschen die Schönheit der Unterwasserwelt zu vermitteln, um auf Umweltprobleme hinzuweisen. Daniel Bichsel ist Initiator des Projekts und einer der Organisatoren.

Von Andrea Henke
Veröffentlicht am 28. Feb. 2019, 23:40 MEZ
Teilnehmer des Unterwasserwelten Camps beim Freitauch-Lehrgang im Schwarzwälder Apostelsee.
Teilnehmer des Unterwasserwelten Camps beim Freitauch-Lehrgang im Schwarzwälder Apostelsee.
Foto von Chris Keller

Was ist das Unterwasserwelten Camp, Herr Bichsel?

Das ist ein zehntägiges Umweltbildungscamp für zehn junge Erwachsene zwischen 18 und 26 Jahren, die wir zu Botschaftern für die Unterwasserwelt ausbilden wollen. Wir setzen darauf, dass unsere Teilnehmer Multiplikatoren werden, durch die wir zusätzliche Inhalte aus dem Camp nach draußen liefern können und die in Zukunft auch eigene oder Nachfolgeprojekte entwickeln und umsetzen können. Zusätzlich erweitern wir mithilfe der Camps unser Netzwerk junger Menschen, die etwas verändern möchten.

Wie bilden Sie aus?

Wir bieten verschiedene Workshops und Vorträge an. Am Anfang steht das Freitauchen oder Apnoetauchen, also das Tauchen mit einem einzigen Atemzug. Es gibt auch Workshops für Unterwasserfilmen und -fotografieren, Storytelling, Collective Innovation und Gewässerökologie. Außerdem halten Experten Vorträge, dazu  inspirieren und instruieren sich Team und Teilnehmer gegenseitig.

Warum unterrichten Sie das Tauchen mit nur einem Atemzug?

Wir können so eine ganz andere Präsenz unter Wasser entwickeln. Schon vor dem Tauchgang konzentrieren wir uns darauf, mithilfe von Atemtechniken zur Ruhe zu kommen und andere Dinge auszublenden. Die Atemtechniken und der Tauchreflex, der beim Tauchen mit einem Atemzug im Körper stattfindet, führt zu einem viel intensiveren Erleben der Unterwasserwelt als das Tauchen mit Pressluftflasche. Beim Freitauchen kann man überall schnell ins Wasser kommen und verursacht keine Luftblasen – denn die verscheuchen Fische. Als Freitaucher können wir viel näher an Tiere herankommen und sie beobachten.

Was ist der Tauchreflex?

Das sind physiologische Vorgänge im Körper, eine Art Sauerstoffspar-Mechanismus. Der Herzschlag wird beispielsweise langsamer und das Blut geht ins Körperzentrum, damit der Sauerstoffverbrauch auf die überlebenswichtigen Organe reduziert wird.

Wo tauchen Sie während des Unterwasserwelten Camps?

Wir üben erst im Schwimmbad und wählen in den folgenden Tagen zwischen vier bis fünf Seen – je nachdem, wie gut dort die Sicht zur Zeit des Camps ist. Meistens sind wir im Apostelsee in Ettenheim, weil er nur zehn Minuten von unserem Camp entfernt ist und wunderbar klares Wasser hat. Wir tauchen jeden Tag.

Im Unterwasserwelten Camp 2018 lag der Fokus auf der Vermüllung von Gewässern durch Plastik. Gibt es auch einen Schwerpunkt des nächsten Camps im August?

Weiterhin die Verschmutzung von Gewässern durch Plastik, aber auch deren Vergiftung durch Zigarettenstummel. Wir kommen oft zum Tauchen an einen See und sammeln als Erstes eine Tüte mit 300 bis 400 Zigarettenstummeln ein. Es gibt eine Studie der Universität San Diego, wonach schon eine Kippe, in einem Liter Wasser aufgelöst, nach vier Tagen kleine Lebewesen wie Fische tötet. Nikotin ist ein Nervengift! Langfristig möchten wir ganz Freiburg frei von Zigarettenstummeln bekommen... Als konkretes Projekt zum Thema Plastik wollen wir täglich für eine Ausstellung fotografieren: Bilder von Gewässern mal mit, mal ohne Müll.

Wer sind Ihre Referenten?

Wir laden Experten ein, wie unseren Schirmherrn, den Fotografen David Hettich, der hoffentlich auch in diesem Jahr einen Vortrag zum Thema Abenteuer Ozean halten wird. Paritosha Kobbe, der Mitgründer von „Making Oceans Plastic Free“ (MOPF) und Ahmad Allahgholi, der Gründer von Coralive.org: eine Organisation, die dabei hilft, sensible Ökosysteme wie Korallenriffe, Mangrovenwälder und Seegraswiesen wieder aufzubauen, sind hoffentlich auch wieder dabei. Aber auch andere spannende neue Referenten werden kommen.

Haben sich besondere Nachfolgeprojekte ergeben?

Nach dem ersten Unterwasserwelt Camp 2017 ist der Film „Watermorphosis“  entstanden. Die Teilnehmerin Sophie Henriksson wollte mit Tanz und Freitauchen Bewusstsein für die Verschmutzung unserer Meere durch Plastik schaffen. Sie hat sich von Quallen inspirieren lassen, die sie bei einem Tauchgang irrtümlich für Müll hielt. Bei Facebook ist der Film inzwischen fast 15 000 Mal aufgerufen worden; er ist bei den Filmfestspielen in Mailand gelaufen und bei den Hanauer Filmfestspielen „Jung & Abgedreht“ hat er gerade einen 2. Preis gewonnen!

Daniel Bichsel beim Freitauchen in der Türkei.
Foto von Chris Keller

Wonach suchen Sie die Teilnehmer des Unterwasserwelten Camps aus?

Wir gucken: Wer schreibt gut? Wer hat schon Projekte im Umweltschutz mitgemacht? Wer hat inspirierende Ideen oder möchte unbedingt etwas bewegen? Wir fangen Mitte April mit der Bewerbungsphase an. Bisher hatten wir tolle Teilnehmer! Wir haben auch mehr als zehn gute Bewerbungen, aber wir laden lieber nur wenige ein, die wir hochwertig schulen. Geld soll kein Kriterium sein: Das Camp wird nur 150 Euro Verpflegungsgebühr kosten, alles andere bieten wir kostenlos an.

Das Camp Abenteuer Schwarzwald – Unterwasserwelten findet seit 2017 im Sommer in der Nähe von Freiburg statt. Informationen zur Bewerbung gibt es hier.

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