Das Windrad im Dachstuhl

Wer krank ist, hat Zeit zum Nachdenken – und Peter Schaberl nutzte sie. Vor einigen Jahren hatte der Österreicher an seinem Haus im Südburgenland Reparaturen unterm Dach auszuführen.

Von Monika Rößiger
Foto von Jörg Block

Wer krank ist, hat Zeit zum Nachdenken – und Peter Schaberl nutzte sie. Vor einigen Jahren hatte der Österreicher an seinem Haus im Südburgenland Reparaturen unterm Dach auszuführen. «Obwohl Hochsommer war, habe ich mich nach drei Tagen so verkühlt, dass ich hinterher 14 Tage lang flachlag», erinnert er sich.

«Es hat extrem gezogen da oben. Ich dachte: Das muss man sich doch zunutze machen können.»

 

Peter Schaberl, 57, mit einem Modell seines Windhauses. Die Lamellen garantieren, dass auch bei wenig Wind genug Strom erzeugt wird. Schaberl bietet zudem individuelle Lösungen an, die als freistehende Objekte in die Landschaft integriert werden kö;nnen. Die Methode funktioniert als „Insellösung“ in abgelegenen Gebieten ebenso wie als Kombination eigener Stromproduktion in Verbindung mit dem öffentlichen Stromnetz.
Foto von Patrick Dietz

Er stellte sich die Frage, wie man diesen Windzug in etwas Produktives umwandeln könnte, zum Beispiel zur Stromerzeugung. Er tüftelte ein paar Jahre, dann war seine Erfindung patentreif: ein „Windkanal“. Er besteht, vereinfacht gesagt, aus senkrecht hängenden, verstellbaren Lamellen, die entfernt an den Sichtschutz in einer Arztpraxis erinnern. Diese kanalisieren den Wind so, dass aus turbulenten Luftwirbeln eine lineare Strömung entsteht. Sie reicht, um bereits in geringer Höhe ein Windrad effektiv anzutreiben und Ökostrom zu erzeugen. So 
ein Windrad kann sogar in den Dachstuhl eines Hauses eingebaut werden.

Schaberl ist übrigens nicht etwa Ingenieur, sondern Industriedesigner. «Aber wenn es 
in meinem Umfeld ein Problem gibt», erzählt er, «kommt man meistens zu mir.» Zusammen 
mit Alexander Cekic, einem technisch begabten Freund, hat er einen Prototyp seiner Erfindung gebaut. Das kleine Haus steht in Kleinmürbisch bei Güssing. Da passt es gut hin: Dieser Ort 
ist für Pioniere und Innovationsfreude bekannt, auch das Europäische Zentrum für erneuerbare Energie hat sich hier angesiedelt. Der Weg zu einem zweiten Anschauungsobjekt ist etwas weiter: Es steht in Dubai auf dem Dach eines Hochhauses. «Da haben wir recht erfolgreich mit einigen Scheichs verhandelt», erzählt Schaberl.

Überhaupt kommt er viel herum mit seiner Erfindung, sie interessiert in Russland ebenso wie in Saudi-Arabien oder Thailand. Man braucht 
ja auch nicht viel, um die Idee vom Windstrom unterm Dach umzusetzen: «Ein Gebäude, das im Grundriss mindestens vier mal vier Meter groß 
ist. Die Technik, um Energie aus Wind und Sonne in aufladbaren Batterien zu speichern und in Wechselstrom umzuwandeln. Und das Dach: Bei einem Satteldach wird die Anlage im Dachboden eingebaut, beim Flachdach als Fertigbauteil draufmontiert. Ein dreieckiges Modul, das man auch auf Garagen, Ställe oder andere Nebengebäude mit Flachdach aufsetzen kann.“

Die Kosten für die Grundausstattung reichen von 5.000 bis 15.000 Euro, je nach Größe. Schon bei einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von fünf Metern pro Sekunde – kaum mehr als 
ein laues Lüftchen – erzeugt das Windrad übers Jahr gesehen rund 3.000 Kilowattstunden Strom. Das ist nur knapp weniger als ein Durchschnittshaushalt pro Jahr benötigt (3.300 kWh). Wer noch ein bisschen am Verbrauch spart oder das Windrad mit einer Fotovoltaikanlage ergänzt, die Schaberl ebenfalls anbietet, dem können steigende Strompreise fortan egal sein.

Die positive Resonanz hat ihn dennoch überrascht. Aber ein privates Windkraftwerk unter dem eigenen Dach, unsichtbar und geräuscharm – an dieser Alternative zu hoch in die Landschaft ragenden Windrädern kann sich eben niemand stören: weder Wutbürger noch Vogelschützer. Seine geniale Idee ist damit ein weiteres Mosaiksteinchen in dem Bild, das noch vor gar nicht so langer Zeit als grüne Utopie belächelt wurde: die Stromerzeugung aus Wind und Sonne – dezentral und in Bürgerhand. Peter Schaberl wäre es recht: «Dafür hab ich’s ja erfunden.»

Alle Angebote zu Peter Schaberls Windhaus finden Sie unter: www.windhaus.at

Sauber, billig, unabhängig: Strom aus dem eigenen Garten
„Aerocatcher“ nennt sich eine Firma in Thüringen,
die kleine, bezahlbare Windkraftanlagen zum Selberbauen anbietet – unter anderem mit einem großen Angebot vertikaler Rotoren, die wenig Platz brauchen. Beispiele und Preise unter aerocatcher.de

Wo Wind ist, ist auch eine Lösung
Im Schwarzwaldort Ettenheim firmiert das Unternehmen „BR-Windenergie – Ihr Weg zur autarken Stromversorgung“. Eine Besonderheit im Programm sind künstlerisch gestaltete Windkraftanlagen, zum Beispiel als Werbesignal für Hotels. Mehr unter br-windenergie.de

Ein Drache, der Energie spendiert
Gefördert vom Land Brandenburg, steigt Alexander Bormanns Winddrache mehr als 300 Meter hoch und erzeugt dabei Strom über eine Generatorenwinde. Wie das funktioniert, zeigt ein kurzer Film auf Youtube (Stichwort Enerkite); alles Weitere unter enerkite.de

Alles auf einen Blick
Der Bundesverband Kleinwindanlagen und seine Regionalgruppen unterstützen private und gewerbliche Stromerzeuger in baulichen und rechtlichen Fragen beim Bau von Windkraftanlagen. Sehr hilfreich: eine Seite mit 20 Erklärvideos zu häufig gestellten Fragen unter bundesverband-kleinwindanlagen.de

(NG, Heft 04 / 2014, Seite(n) 24 bis 25)

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