Nachhaltige LED-Lampen - Licht ohne Ende

Ein Projekt gegen Elektroschrott: Weil es sie störte, dass man 
LED-Lampen nicht reparieren kann, gründeten drei Männer in Stuttgart das Start-up Relumity – ein leuchtendes Beispiel, das Ressourcen schont.

Von Alexandra Wolters
Foto von Benno Kraehahn

Ein Projekt gegen Elektroschrott: Weil es sie störte, dass man 
LED-Lampen nicht reparieren kann, gründeten drei Männer in Stuttgart das Start-up Relumity – ein leuchtendes Beispiel, das Ressourcen schont.

Wenn der Elektroingenieur Franz Streibl anderen Menschen die Idee seines Lebens vorstellt, hört er oft Sätze wie: „Interessant. Aber braucht man das wirklich? Die Dinger halten doch ewig.“ Werbung wirkt eben: Eine Betriebsdauer von bis zu 25.000 Stunden verspricht die Leuchtmittelindustrie für ihre LED-­Lampen. Das wären bei einer täglichen Nutzung von fünf Stunden knapp 14 Jahre – fünf, sechs Lampen für ein ganzes Leben.

Weil Franz Streibl aber weiß, „dass LEDs auch einem physikalischen Alterungsprozess unter­ liegen“, hat er das Relumity-­Projekt gestartet und die erste LED-­Lampe entwickelt, deren Komponenten repariert oder ausgetauscht werden können. Wenn eine Diode schwächer leuchtet, „was mit der Zeit immer passiert“, muss man nicht die ganze Lampe entsorgen, sondern kann sie auseinandernehmen und einzelne Teile ersetzen. Die Relumity­ Leuchte soll eine Lebensdauer von bis zu 50.000 Stunden haben.

Licht ist eine Herzensangelegenheit für die Deutschen. Als 2008 nach einer EU-­Verordnung die alte Glühbirne vom Markt genommen wurde, kam es zu Hamsterkäufen und Protesten. Der bekannte Lampendesigner Ingo Maurer sagte gar, die neuartigen Leuchtmittel würden dazu führen, „dass mehr Leute zur Psychotherapie müssen“. Inzwischen hat sich die Aufregung ein wenig gelegt. Für die LED-Lampe gibt es gute Argumente; sie benötigt etwa 90 Prozent weniger Strom als eine Glühbirne. Die Unternehmensberatung McKinsey rechnet damit, dass LED­-Leuchten im Jahr 2020 einen Marktanteil von 70 Prozent haben werden.

Aber gerade bei solchen Stückzahlen ist es wichtig, dass das Produkt effizient und bewusst eingesetzt wird und nicht vorschnell auf dem Müll landet. Als Franz Streibl vor einiger Zeit trotz Elektrotechnik­-Studium daran scheiterte, eine defekte LED-Lampe zu reparieren, kam ihm die Idee zu Relumity. Weil die Komponenten in den modernen Leuchten meist verklebt werden, erklärt Streibl, ist es unmöglich, Ersatzteile einzusetzen. Der 37-­jährige Stuttgarter stellte zudem fest, dass billig produzierte Komponenten wie das Netzteil oder die Kontakte oft schneller kaputtgehen als die Diode selbst. Dann bleibt dem Nutzer keine andere Wahl, als die ganze Leuchte wegzuwerfen. Ein winziger Fehler führt zum Totalschaden.

Streibl störte es, dass das Produktdesign die Konsumenten dazu zwinge, ein immer noch wert­ haltiges Objekt wegzuwerfen. Seine ultra­nachhaltige LED-­Lampe ist langlebig, reparier­ und recycelbar sowie auf faire Art und Weise hergestellt. Sie ähnelt vom Aufbau einer normalen LED-­Leuchte, verursacht im Vergleich aber viel weniger Abfall. Ihr Gehäuse besteht aus biologisch abbaubarem Milchsäure­Kunststoff, das Schutzglas ist eine handelsübliche Petrischale.

Als Streibl bei einer Veranstaltung über soziales Unternehmertum in Tübingen einen Prototypen vorstellte, traf er auf den Wirtschaftswissenschaftler Alexander Bernhard und den Mathematiker Florian Schmidt. Die beiden waren begeistert von dem Projekt. „Und von Streibl“, sagt Bernhard, der als Dienstleister soziale Unternehmen unterstützt. „Es gibt zu wenige Ingenieure, die sich für Nachhaltigkeit interessieren.“

Bei Relumitiy kümmert sich der 31-­jährige Bernhard um wirtschaftliche Fragen, der Mathematiker Schmidt stellt derzeit Lichtberechnungen für den gewerblichen Einsatz von Relumity ­LED-Röhren an. Per Crowdfunding haben die drei Lichtrevoluzzer die Finanzierung für die Produktion der ersten Relumity­-Lampen zusammengetrommelt. Für 50 Euro konnten Fans eine Leuchte erwerben, die Ende November 2016 ausgeliefert werden soll.

Profit machen sie nicht. Aber darum geht es auch nicht. Streibl sagt: „Wir möchten zeigen, dass es möglich ist, Elektrogeräte zu bauen, die nicht auf dem Müll landen müssen."

(NG, Heft 10 / 2016, Seite(n) 28 bis 29)

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