Gravitationslinseneffekt: Entferntester Stern wird sichtbar
Die Entdeckung des uralten, riesigen Sterns kann Wissenschaftlern mehr über die Entstehung von Sternen und über Dunkle Materie verraten.
![Icarus Icarus](https://static.nationalgeographic.de/files/styles/image_3200/public/icarus_STSCI-H-p1813a.webp?w=1600&h=900)
Ein leuchtend blauer Gigant namens Icarus ist nun der am weitesten entfernte Stern, den die Menschheit je gesehen hat.
Der Blaue Überriese (offizieller Name: MACS J1149 Lensed Star 1) ist deutlich größer als unsere Sonne und Hunderttausende Male heller. Trotz seiner Helligkeit hat sein Licht dennoch neun Milliarden Jahre benötigt, um die Erde zu erreichen.
ZUFÄLLIGE ENTDECKUNG
Eine Gruppe von Astronomen hatte mit dem Hubble-Weltraumteleskop eine weit entfernte Supernova beobachtet, als den Forschern ein neuer Lichtpunkt auffiel.
Dank des Gravitationslinseneffekts wurde dessen Leuchtkraft optisch verstärkt. Dieser Effekt tritt auf, wenn die Gravitation eines großen Objekts im All wie eine Lupe wirkt, da das Licht von Objekten dahinter gebogen und verstärkt wird.
In fünf Milliarden Lichtjahren Entfernung von der Erde befindet sich ein Galaxienhaufen zwischen der Erde und Icarus. Laut einem Modell, das in „Nature Astronomy“ veröffentlicht wurde, wurde Icarus vergrößert, als ein Stern aus dem Galaxienhaufen sich vor den Blauen Überriesen schob und seine tatsächliche Helligkeit 2.000-fach verstärkte.
„Die Lichtquelle wird nicht heißer, sie explodiert nicht. Das Licht wird nur vergrößert. Genau das würde man beim Gravitationslinseneffekt erwarten“, sagte der Studienleiter Patrick Kelly von der Universität Minnesota Twin Cities in einer Pressemitteilung.
Icarus sei ihm zufolge mindestens hundertmal weiter entfernt als sein nächster Stern, der noch nicht in einer Supernova verglüht ist. Wissenschaftler konnten zwar schon Galaxien beobachten, die noch weiter entfernt liegen, allerdings keine einzelnen Sterne darin ausmachen.
STERN WIRFT LICHT AUF DUNKLE MATERIE
Der Studie zufolge wird Icarus ein Anhaltspunkt dafür sein, wie Astronomen die Evolution von Sternen mit Hilfe des Gravitationslinseneffekts untersuchen können.
Derzeit geht man davon aus, dass das Universum vor etwa 13,8 Milliarden Jahren beim Urknall seinen Anfang nahm. Icarus ist so alt, dass das momentan sichtbare Licht des Sterns entstand, als das Universum gerade mal 30 Prozent seiner aktuellen Lebenszeit hinter sich gebracht hatte.
Das helle Leuchten des Sterns hilft Astronomen auch dabei, Hypothesen über Dunkle Materie zu testen – dem geheimnisvollen Material, das laut aktuellen Theorien den Großteil der Masse des Universums ausmachen soll.
Eine solche Theorie besagt, dass Dunkle Materie aus primordialen Schwarzen Löchern besteht – hypothetischen Objekten, die kurz nach dem Urknall entstanden. Die Lichtfluktuationen, die bei Icarus beobachtet wurden, machen diese Theorie jedoch unwahrscheinlich, wie die Forscher sagen. Ihre Beobachtungen wären nicht möglich gewesen, wenn Schwarze Löcher ihnen die Sicht versperrt hätten.
![loading](/images/ng-logo-animated.gif)