Erstaunliche Ursprünge der Kommunikation: Mimik und Gestik in der nonverbalen Welt

Die Beobachtung von Tieren zeigt, wie sich auf einem Fundament nonverbaler Kommunikation unser Sprechen entwickelt haben könnte.

Von Tim Vernimmen
Veröffentlicht am 23. Sept. 2024, 13:59 MESZ
Hundeblick

Hunde verzaubern Menschen oft mit ihren Gesichtsausdrücken.

Foto von Bernard Spragg

Während der Corona-Pandemie haben wir erlebt, was uns verloren geht, wenn unsere Körpersprache auf „stumm“ geschaltet ist. Wir haben Masken getragen und per Videocall kommuniziert, ohne direkten Blickkontakt. Wie schwierig es war, einander nicht ins Wort zu fallen! Zu beurteilen, ob alle dem Gespräch folgen, und selbst aufmerksam zu bleiben. So begann mein Interesse an Mimik und Gestik, die wir kaum bewusst wahrnehmen. Die nun beeinträchtigt waren, aber wesentlich dazu beitragen, dass wir reibungslos miteinander interagieren. Im April 2022 reiste ich zu einer Fachkonferenz über nonverbale Kommunikation nach London. Es ging um drei Fragen: Wie verhalten wir uns von Angesicht zu Angesicht? Wie entwickelte sich aus diesem Verhalten die Sprache? Und gleichen uns Tiere in unseren Fähigkeiten?

Über angenehme und unangenehme Gesprächspausen

Die Psychologin Thalia Wheatley forscht am Dartmouth College unter anderem zu sozialer Interaktion. In ihrem Vortrag wies sie darauf hin, dass Gesprächspausen unter Freunden nicht störend wirken, ansonsten aber schnell unangenehm werden. Dabei seien solche Pausen sehr selten. Untersuchungen zeigen, dass Menschen im Schnitt bereits nach einer Fünftelsekunde sprechen, sobald eine Pause eintritt. Das heißt, dass wir bewusst oder unbewusst stets schon eine Antwort vorbereiten, während unser Gegenüber noch spricht. Offenbar beachten wir sehr aufmerksam subtile Signale, die darauf hindeuten, dass die andere Person zum Ende kommt: eine Geste, ein Augenrollen oder eine Veränderung der Tonlage.

Viele Teilnehmer der Tagung sind sich einig, dass man das Sprechen am besten anhand von miteinander redenden Menschen untersucht. „Die meisten Sprachforschungen basieren auf isoliertem Hören, Lesen, Sprechen oder Schreiben einzelner Personen“, sagt Judith Holler vom niederländischen Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen und Mitorganisatorin der Tagung. „Aber Sprechen ist fast per Definition interaktiv, daher muss man es auch so untersuchen.“ Für ihre Studien lädt Holler stets mehrere Testpersonen ein. Sie verwendet Kameras, Mikrofone und weitere Instrumente, um aufzuzeichnen, wohin ihre Probanden blicken, wie schnell ihr Herz schlägt, wie feucht ihre Haut wird, wenn sie sich aufregen.

Über die Doppeldeutigkeit von Gesten

Ein Gespräch geht weit über das hinaus, was gesprochen wird – das stelle sich jedes Mal heraus. „Die meisten Wörter und ein paar Gesten beziehen sich auf bestimmte Konzepte“, erklärt Holler. „Aber wir verwenden Elemente unserer Körpersprache auch, um etwa zu signalisieren, dass wir etwas sagen wollen; dass wir beide wissen, worum es geht; oder dass wir den anderen nicht gut verstehen.“ Wer sprachliche Inhalte wörtlich nimmt oder einen besonderen Sinn für Humor hat, kann auf die Frage „Kannst du mir die Mayonnaise reichen?“ sachlich richtig antworten: „Das kann ich.“

Verstehen setzt voraus, dass man die Intention des Gegenübers erkennt. Gesten können doppeldeutig sein: Reibt sich jemand am Kinn, weil ihn etwas kitzelt – oder weil mir am Kinn Soße klebt? Menschen sind gut darin, feine Nuancen im Verhalten zu erkennen, die den Unterschied verdeutlichen. Unsere Fähigkeit, den Faden schnell aufzugreifen, wenn ein Gesprächspartner aufhört zu sprechen, ist Teil einer Reihe evolutionärer Anpassungen. Eine weitere ist die Beurteilung der Intention anderer Menschen. Im Lauf der Zeit – lange, ehe wir begonnen haben zu sprechen – haben wir gelernt, einander immer besser zu verstehen. Zunächst intensivierten sich also sozi ale Kontakte und Kooperationen, innerhalb derer sich Laute und Gesten zu einer echten Sprachfähigkeit entwickeln konnten.

Cover National Geographic 8/24

Foto von National Geographic

Wissenschaftler sich einig, dass unsere Fähigkeit, per Sprache zu kommunizieren, im Tier reich einzigartig ist. Aber gilt das auch für die nonverbalen Fertigkeiten, die einst den sozialen Kontext herstellten, in dem wir schließlich sprechen lernten? Oder kommen solche Fertigkeiten auch bei Tieren vor? Und sind wir überhaupt in der Lage, die subtilen Signale zu erkennen, die Tiere untereinander verwenden? Den ganzen Artikel finden Sie im National Geographic Magazin 8/24. Verpassen Sie keine Ausgabe mehr: Sichern Sie sich die nächsten 2 Ausgaben zum Sonderpreis!

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