„Die Hölle ist hier“

Die erschütternde Aufnahme eines Asiatischen Elefantenkalbs und seiner Mutter, die vor einem Mob fliehen, verdeutlicht den Konflikt zwischen Mensch und Tier in Indien.

Von Michael Greshko
bilder von Biplab Hazra
Veröffentlicht am 13. Nov. 2017, 11:37 MEZ
Ein Asiatisches Elefantenkalb und seine Mutter laufen um ihr Leben, als ein Mob im indischen Bundesstaat ...
Ein Asiatisches Elefantenkalb und seine Mutter laufen um ihr Leben, als ein Mob im indischen Bundesstaat Westbengalen brennende Teerklumpen nach dem Paar wirft.
Foto von Biplab Hazra, Sanctuary Nature Foundation

Das erschütternde Foto eines brennenden Asiatischen Elefantenkalbs, das den ersten Platz bei einem Wildtierfotografie-Wettbewerb gewonnen hat, rückte den Konflikt zwischen Menschen und Elefanten in Indien in den Fokus der weltweiten Aufmerksamkeit.

Das Bild mit dem Titel „Hell is here“ (dt. Die Hölle ist hier) zeigt eine verstörende Szene: Ein Elefantenkalb und seine Mutter versuchen, im indischen Bundesstaat Westbengalen einem Mob zu entkommen. Das Kalb fing Feuer, als die Menschen brennende Teerklumpen nach dem Paar warfen.

Der Hobby-Wildtierfotograf Biplab Hazra, der das Bild geschossen hat, gewann vor Kurzem einen jährlichen Fotowettbewerb von „Sanctuary Asia“, einem indischen Wildtiermagazin. Mit in der Jury saß auch der National Geographic-Fotograf Steve Winter.

„In meiner ganzen 14-jährigen Karriere als Wildtierfotograf hatte ich noch nie einen solchen Vorfall erlebt“, sagte Hazra, der eine Ziegelbrennerei betreibt, gegenüber dem „New Indian Express“. „Ich habe mich ganz darauf konzentriert, das Foto zu schießen.“

Innerhalb von Stunden war das Bild um die Welt gegangen und verdeutlichte die Spannungen zwischen den menschlichen Bewohnern Indiens und den Dickhäutern.

In dem Land leben mehr als 27.000 Asiatische Elefanten, was mindestens die Hälfte der weltweiten Population ausmacht. Die Tiere gelten als stark gefährdet, was zu großen Teilen an den Menschen liegt, die ihren natürlichen Lebensraum zerstören und fragmentieren.

Die Elefanten nutzen mindestens 101 Korridore, um Indien zu durchqueren. Von denen sind laut einer Umfrage des Wildlife Trust of India vom August 2017 aber nur etwa ein Fünftel frei von menschlichen Siedlungen. Zwei Drittel der Korridore führen über Fernverkehrsstraßen – und nur 13 Prozent befinden sich vollständig unter Baumbewuchs.

Nirgendwo sonst in Indien kommt es so häufig zu Auseinandersetzungen zwischen Menschen und Elefanten wie in Westbengalen, wo das Foto aufgenommen wurde. Etwa 488 Elefanten leben in den nördlichen Wäldern des Bundesstaats, von denen viele zahlreiche menschliche Siedlungen und Teegärten enthalten.

Eine solche Nähe führt regelmäßig zu tödlicher Gewalt, besonders, wenn Elefanten die Farmen durchwühlen, Ernten zerstören und Häuser beschädigen. Laut der „Times of India“ wurden in den ersten neun Monaten des Jahren 2015 18 Menschen in Westbengalen von Elefanten getötet. Im März 2016 forderten die Behörden des Bezirks die Tötung eines „gefährlichen“ Elefanten, der zwei Menschen getötet hatte. In Westbengalen sterben zudem regelmäßig Elefanten an Elektroschocks, wenn sie in elektrische Zäune und Leitungen laufen.

Hazra erzählte dem „New Indian Express“, dass der Elefant auf dem Foto womöglich gar nicht absichtlich angezündet wurde. Allerdings benutzen die Farmer der Region regelmäßig brennenden Teer und Feuerwerk, um die Elefanten abzuwehren – eine Taktik, die schnell außer Kontrolle geraten kann.

„Crowd Management ist eine der Schlüsselmaßnahmen, der man im Konfliktmanagement zwischen Menschen und Wildtieren strikt Folge leisten muss“, sagte M. Ananda Kumar, ein Wissenschaftler der Nature Conservation Foundation, 2016 in einem Interview mit dem britischen Magazin „Geographical“. „Wir müssen den Leuten klarmachen, dass diese großen Tiere Raum brauchen. Wir müssen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass gewalttätiges Verhalten nur zu tragischen Zwischenfällen führen würde.“

In diesem Fall kam es glücklicherweise jedoch nicht zum Schlimmsten: Hazra zufolge überlebte das Elefantenkalb den Angriff des Mobs.

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