Das ungewöhnlichste Postamt der Welt
Auf der kleinen Galapagosinsel Floreana werden Touristen zu Briefträgern
Die Galapagosinseln sind eher für ihre Seelöwen und Pinguine bekannt als für ihren Postdienst. Aber auf der Insel Floreana gibt es ein einzigartiges, briefmarkenloses System, mit dem man Post von einer der artenreichsten unbewohnten Gegenden der Welt verschicken kann.
Schon lange, bevor Ökotouristen die abgelegene Insel vor der Küste Ecuadors erobert haben, diente sie als Zwischenstopp für die Walfänger des 18. Jahrhunderts, die über die Meere segelten. Nach Monaten oder gar Jahren auf See hatten die vom Heimweh geplagten Seeleute einen genialen Einfall, der es ihnen ermöglichte, ihren Familien Briefe zukommen zu lassen. Sie stellten auf Floreana Island ein Fass auf und hinterließen darin ihre Briefe, damit vorbeifahrende Schiffe sie einsammeln und zustellen konnten.
Die erste Erwähnung dieses „Postamtes“ stammt laut dem Autor John Woram aus dem „Journal of a Cruise“, einem Bericht eines Captain David Porters über seine Reise zu den Galapagosinseln im Jahr 1813. In seinem Buch erinnert sich Porter an ein Besatzungsmitglied, das mit Papieren aus einer Kiste zurückkam, „die an einen Topf genagelt war, über dem ein schwarzes Schild prangte, auf dem Hathaway‘s Postoffice geschrieben stand“.
25 Jahre später erzählte ein weiterer Abenteurer von der Praxis, Nachrichten dort zu verstauen, auf dass sie von Fischerbooten nach Amerika gebracht würden. Eben diese Fischer „versäumten es nie, vor ihrer Abfahrt an dieser Insel zu halten und einen Vorrat an Schildkröten aufzusammeln.“ Der Verzehr von Riesenschildkröten während dieser Periode war einer der Gründe dafür, weshalb Charles Darwin keine mehr auf Floreana Island fand, als er dort 1835 ankam.
Dieses unkonventionelle Postsystem hat bis ins 21. Jahrhundert überlebt. Heutzutage gehen Tausende von Briefen und Postkarten durch die Post Office Bay. Touristengruppen legen an der Insel oft einen Zwischenstopp ein, um die alten Lavahöhlen zu erkunden und Postkarten abzugeben und einzusammeln.
Das einfache Holzfass, in welchem sie lagern, ist über und über mit handschriftlichen Zetteln und Andenken beklebt und beschlagen, die dort von Reisenden hinterlassen wurden. Durch das kleine Holzdach wirkt es kaum eindrucksvoller als ein besseres Vogelhäuschen. Der Ursprung des ersten Fasses ist nicht ganz geklärt, aber vermutlich wurde es in den 1890ern von einer Schiffscrew aufgestellt. Seitdem wurde es mehrfach von Schiffen aus aller Welt ersetzt, die dort vorbeikamen. Im Laufe der Jahre sammelte sich Treibholz, das mit Namen und Daten bemalt wurde, um das Fass herum an, um an vergangene Zustellungen zu erinnern.
Die Besucher der Insel können die Karten und Briefe nach solchen durchsuchen, deren Zielort sich in der Nähe ihres eigenen Wohnorts befindet, und sie dann mitnehmen und verschicken – oder vorzugsweise händisch zustellen. Die Touristenführer erzählen den Urlaubern gern, dass es geschummelt ist, einfach eine Briefmarke aufzukleben und die Karte oder den Brief in einen Briefkasten zu werfen. Die Walfänger des 18. Jahrhunderts hätten sich hingegen wohl über jede Möglichkeit der Zustellung gefreut.