Magisches Deutschland
Magisches Denken, Schamanismus, Naturspiritualität: Das sind Begriffe, die seltsam fehl am Platz wirken in unserem aufgeklärten Jahrhundert, wie aus der Zeit gefallen in unserer durchtechnisierten Gesellschaft, in der für die letzten magischen Momente im Alltag die Entwickler neuer Smartphones und VR-Brillen zuständig zu sein scheinen.
Und dennoch: Es gibt ihn noch, diesen urtümlichen Drang des Menschen, sich in „andere Welten“ zu versenken, etwas Übersinnliches zu erspüren oder gar mit Geistern zu kommunizieren, wie auch immer man sich diese vorstellen mag. Und es gibt Anhänger entsprechender Rituale nicht nur in nordamerikanischen Indianerreservaten und bei den Bewohnern entlegener Himalajatäler – sondern auch hier bei uns. Menschen, die im Alltag ganz normalen Berufen nachgehen, suchen in bestimmten Wäldern, an bestimmten Felsen, zu bestimmten Mondphasen oder mit bestimmten Riten nach Wahrheiten jenseits unserer Sinneserfahrungen und unserer übersichtlich eingeteilten Welt, in der es für jede Wirkung eine Ursache gibt.
Auch, wenn man persönlich mit Esoterik fremdelt, kann man sie als Phänomen ernst nehmen. Und: interessant finden. Denn es sind höchst spannende kulturelle, historische, psychologische Zusammenhänge, die das Fundament bilden für die Praxis einer solchen modernen Spiritualität. Und immer intensiver befassen sich auch Religionsforscher mit dem sogenannten neuen Paganismus, dem neuen „Heidentum“, dem vor allem Menschen anhängen, die den etablierten Religionen nicht das Monopol auf spirituelle Erfahrungen überlassen wollen. In unserer Titelgeschichte hat der Biologe und Philosoph Andreas Weber sich dem Thema mit Respekt und Neugier genähert.