Prähistorischer Stoffwechsel: Warmblütige Dinosaurier
Wissenschaftler haben die Stoffwechselrate einer ganzen Reihe von Dinosauriern analysiert und festgestellt: Die meisten von ihnen waren wohl agile Warmblüter – auch wenn sich einige Arten nach und nach zu wechselwarmen Tieren entwickelt haben.
Heiße Riesen: Die Stoffwechselrate des Brontosaurus war eine der höchsten unter den Dinosauriern.
Die Frage, ob Dinosaurier warmblütig wie moderne Vögel und Säugetiere waren oder wechselwarm wie moderne Reptilien wird in der Paläontologie schon lange heiß diskutiert. Eine neue Studie, die unter der Leitung der Paläobiologin Jasmina Wiemann von der Yale University in New Haven, Connecticut entstand, liefert nun Antworten – basierend auf der Analyse eines neuen Biomarkers, der Stoffwechselstress in fossilen Knochen nachweisen kann.
Bei ihrer Forschung fanden Wiemann und ihre Kollegen schließlich heraus: Unter den frühen Dinosauriern gab es besonders viele Arten mit einem sehr effizienten Stoffwechsel – quasi eine ganze Reihe an warmblütigen Riesen. „Zu den Dinosauriern gehörten bemerkenswert schnelle und wendige Tiere mit einem Energielevel, das dem moderner Warmblüter gleicht“, sagt Derek Briggs, Paläontologe und Co-Autor der Studie, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Das bestätige den Image-Wandel der Dinosaurier, der durch neue Forschungsergebnisse seit einigen Jahren stattfände: von langsamen, reptilienartigen Giganten zu agilen Raubtieren.
Dennoch stellten die Forschenden auch eine unerwartete Variabilität bei der Thermoregulation der Dinosaurier fest. „Wir präsentieren in unserer Studie den unseres Wissens ersten Beweis für niedrige Stoffwechselraten und Ektothermie – also Wechselwärme – bei einigen Dinosauriern“, so die Forschenden.
Von warm bis kalt: Orange gefärbte Dinosaurier (darunter Plesiosaurus, Diplodocus, und Allosaurus) sind warmblütig, während der blau gefärbte Stegosaurus mit der Zeit zum wechselwarmen Dinosaurier wurde.
Evolution der Dinosaurier-Stoffwechsel
Unter den Dinosauriern gab es also sowohl warmblütige als auch wechselwarme Arten – doch gerade die Menge an warmblütigen frühen Dinosauriern verblüfft die Forschenden. „Es ist beachtenswert, dass es Dinosaurier gab, die den außergewöhnlichen Stoffwechsel moderner Vögel lange vor dem aktiven Flug entwickelten“, so Briggs. Insgesamt wiesen die Forschenden unter anderem bei Flugsauriern (Pterosauria), Vogelbeckensauriern (Ornithischia) und Sauropoden – darunter Brontosaurus und Apatosaurus – derart hohe Stoffwechselraten nach.
Wiemann hebt hervor, dass die Ergebnisse der Studie auch neue Erkenntnisse zur allgemeinen Evolution tierischer Warmblütigkeit liefern. So habe sich Warmblütigkeit im Tierreich gleich mehrmals unabhängig voneinander entwickelt. „Diese Entwicklung gab es bei Säugetieren, bei Meeresreptilien wie den Plesiosauriern und eben bei den Ornithodira, unter die die Dinosaurier und die Flugsaurier fallen“, sagt sie. „Moderne Vögel haben ihren Stoffwechsel also von ihren Ornithodira-Vorfahren geerbt.“
Auffällig sei zusätzlich, dass mit der Zeit einige der warmblütigen Dinosaurier der Ordnung Ornithischia, also der Vogelbeckensaurier, zu wechselwarmen Tieren wurden – darunter Stegosaurus und Triceratops. „Obwohl sie ursprünglich höhere Stoffwechselraten hatten, reduzierten die Ornithischia ihre Stoffwechselfähigkeiten mit der Zeit in Richtung Ektothermie“, so die Forschenden. Die Thermoregulation entwickelte sich demnach bei verschiedenen Dinosauriern auf unterschiedliche Weise – und einige von ihnen wurden wechselwarm.
Stoffwechselrate nicht ausschlaggebend beim Massenaussterben
Doch warum ist die Frage nach der Thermoregulation der Dinosaurier überhaupt so wichtig? Laut den Forschenden spielt der Stoffwechsel vor allem eine Rolle, wenn es um die Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen geht. „Die Interaktionen der Tiere und die Rolle, die sie in einer ökologischen Gemeinschaft spielen, spiegeln sich in ihrer Stoffwechselrate wider“, sagt Briggs. Im Falle der Dinosaurier existierte die Idee, dass hohe Stoffwechselraten beim Massenaussterben der späten Kreidezeit einen Vorteil bedeutet haben könnten – aufgrund der höheren Anpassungsfähigkeit.
Diese Idee konnte durch die Studie nun aber widerlegt werden – denn unter den ausgestorbenen Dinosauriern waren auch viele warmblütige Arten. „Also müssen andere Eigenschaften als der Stoffwechsel das Schicksal der Dinosaurier während des Massenaussterbens in der Endkreidezeit bestimmt haben“, so die Forschenden.
Laut Wiemann wolle man die Erkenntnisse aus der Studie nun erweitern und nutzen, um Strategien zur Erhaltung der biologischen Vielfalt zu entwickeln. „Unser Ziel ist es, ein vollständigeres Bild davon zu zeichnen, wie die Physiologie der Tiere auf vergangene Umwelt- und ökologische Veränderungen reagiert hat“, sagt sie. Das könne dann auch bei aktuellen Artenschutzfragen im Rahmen der globalen Klimaerwärmung helfen.