Unverpackt: „Plastikfrei leben geht nicht von heute auf morgen“

Die Bloggerin Charlotte Schüler ersetzt Plastik durch Glas, Metall und andere Materialien. Warum das auch Tieren hilft, erklärt sie hier.

Von Kathrin Fromm
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:45 MEZ
Läden, in denen sich Lebensmittel unverpackt kaufen lassen, gibt es inzwischen in vielen größeren Städten, so ...
Läden, in denen sich Lebensmittel unverpackt kaufen lassen, gibt es inzwischen in vielen größeren Städten, so wie hier die „Plastikfreie Zone“ in München.
Foto von Privat

Kühlschrank und Badezimmer sind in der Regel voll von Plastik. Wie sieht das bei Ihnen aus?
In meinem Bad steht eine Bambuszahnbürste und ein Glas mit Denttabs. Das sind Tabletten, auf die man einmal draufbeißt und die ansonsten funktionieren wie Zahnpasta, nur ohne Minzgeschmack. Ich verwende auch nur feste Seife. Im Kühlschrank lagere ich meine Vorräte in Gläsern oder Metallboxen.

Sie betreiben den Blog Plastikfrei Leben. Wie kam es dazu?
Es hat damit angefangen, dass meine Mama sich immer mehr mit dem Thema beschäftigt hat und schließlich den Laden „Plastikfreie Zone“ in München eröffnete. Das war vor mehr als drei Jahren. Ich habe meine Sachen danach Stück für Stück ersetzt. Plastikfrei leben geht nicht von heute auf morgen, das ist ein Prozess. Als ich von einer WG in die erste eigene Wohnung gezogen bin, habe ich meinen ganzen Haushalt plastikfrei gestaltet.

Wo kaufen Sie ein?
Ich gehe viel in kleine Läden, zum Gemüsehändler, zum Metzger. Da sind die Leute offener für solche Wünsche. In großen Supermärkten gibt es eher Vorschriften und die Mitarbeiter trauen sich dann vielleicht nicht, etwas anders oder gar nicht zu verpacken. Märkte sind auch gut. Ich habe Stoffbeutel für loses Obst und Gemüse dabei, Schraubgläser für Joghurt und eine Brotzeitbox für Wurst und Käse. Alle anderen Dinge wie Bambuszahnbürsten kann man sich auch online besorgen. Es ist eigentlich kein Problem, so etwas zu bekommen.

Wie gehen Sie vor, wenn Sie unterwegs sind?
Ich achte darauf und passe mich den Gegebenheiten an. Wenn ich zum Beispiel mein Einweckglas nicht dabei habe, aber gerne Asiatisch vom Imbiss holen würde, dann nehme ich mir halt die Zeit, setze mich hin und esse da. Und wenn ich unterwegs ein Getränk bestelle, habe ich mir antrainiert immer gleich zu sagen: „Bitte ohne Strohhalm!“ – weil nie klar ist, wo ein Strohhalm drin ist und wo nicht. 

Charlotte Schüler, 22, wohnt in München und bloggt seit einem Jahr über ihr plastikfreies Leben.
Foto von Privat

Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
Plastik ist ungesund, für uns Menschen, wenn wir zum Beispiel daraus trinken, aber vor allem auch für Tiere. Im Urlaub habe ich Müll gesammelt am Strand, weil ich auf den Boden geschaut und schon auf den ersten Blick total viel gesehen habe. Jedes kleine Teil, das wir benutzen, kann von einem Tier gefressen werden, das dann mit viel Plastik im Magen verendet. Das muss nicht sein! Außerdem habe ich plastikfrei mehr Lebensqualität. Die Produkte, die ich dadurch benutze, sind alle hochwertiger, fühlen sich schöner an und sehen auch nach einer gewissen Gebrauchszeit noch gut aus.

Ist ein komplett plastikfreies Leben überhaupt möglich?
Nein, natürlich nicht. Es gibt immer mal wieder Leute, die sagen: „Aber dein Lichtschalter ist ja auch aus Plastik, oder?“ Klar, das kann ich nicht ändern. Aber so darf man das nicht sehen, sonst kommt man überhaupt nicht voran. Bei Technik, Medizin und Kontaktlinsen mache ich Ausnahmen, die Sachen sind eben aus Plastik oder darin verpackt. Darauf kann und will ich nicht verzichten.

Wie reagieren Freunde und Kollegen auf Ihre ungewöhnliche Lebensweise?
Die sind da ganz offen und finden das meistens gut. Man trifft ja selten jemand, der stolz darauf ist, so viel Müll zu produzieren. Ich thematisiere das auch ganz unterschwellig. Ich sage nicht gleich: „Übrigens, ich verzichte auf Plastik!“ Sondern ich mache meine Sachen anders, die Leute sehen das, fragen nach – und dann erzähle ich.

Welchen Tipp würden Sie Menschen geben, die selbst gerne plastikfrei leben wollen?
Mit kleinen Veränderungen starten, mit einer Trinkflasche aus Glas oder Metall zum Beispiel. So hat es bei mir auch begonnen. Dann kann man immer einen Stoffbeutel für Einkäufe dabei haben. Bei Lebensmitteln ist es am Anfang vielleicht schwieriger. Wenn man ein Produkt hat, das man unbedingt essen will, aber es das eben nur in Plastik gibt, ist es halt so. Aber selbst wenn man diese eine Sache nicht ersetzen kann, lassen sich viele andere verändern. Es geht mehr um das große Ganze. Was zum Beispiel jeder machen kann: Plastik, das am Boden liegt, aufheben und in den nächsten Mülleimer schmeißen. Schon damit ist den Tieren geholfen!

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