Souvenirs für die Ewigkeit: Wie eine Hotelgruppe Schluss mit konventionellem Reisen macht

Wer in den Habitas Hotels eincheckt, checkt als neuer Mensch aus. Denn diese Hotels haben eine Mission.

Von Anna-Kathrin Hentsch
Veröffentlicht am 7. Feb. 2020, 18:09 MEZ
Hotel Habitas Tulum
Das Hotel Habitas Tulum in Mexiko liegt, wie die nahe gelegenen Maya-Fundstätten, direkt am Strand. Hier liegt immer ein Geruch von Copalrauch - dem Ritualharz der Mayas - in der Luft.
Foto von Adrian Gaut

Im Urlaub wollen wir den Alltag vergessen, die fremde Umgebung und gutes Essen genießen. Doch für Oliver Ripley, Co-Founder und CEO der disruptiven Hotelgruppe Habitas, und seine Gäste steckt hinter einer Reise viel mehr: „Wenn wir reisen, können wir uns nicht erinnern, wie schick das Zimmer war, in dem wir gewohnt haben. Wir erinnern uns an die Menschen, mit denen wir zusammen waren, und an die Erfahrungen, die wir gemacht haben. Diese Erfahrungen und Momente haben die Möglichkeit, unseren Geist zu formen und zu erweitern. Wenn das passiert, werden wir nie wieder dieselbe Person sein“. Deshalb wollen die Gründer von Habitas ihren Gästen eine neue Hotelerfahrung bieten, die nicht nur nachhaltig umweltverträglich ist, sondern auch die Einstellung der Gäste nachhaltig verändert.

Die Habitas Lodge in Namibia ist ein Naturschutzprojekt inmitten von über 50.000 Hektar Natur und Tierwelt.
Foto von Creativelab

Der Sinn des Reisens

Oliver Ripley und seine Co-Founder Kfir Levy and Eduardo Castillo haben Nuancen im Zeitgeist wahrgenommen und mit Habitas darauf reagiert: Auf der Suche nach intensiven Momenten und inspirierenden Gesprächen, wird die moderne Technologie zum Störfaktor. Ripley sieht sich und seine Gäste „in erster Linie als eine Gemeinschaft verschiedener, aber gleichgesinnter Menschen, die ähnliche Werte und eine ähnliche Denkweise teilen. Wir glauben, dass es in unserer Verantwortung liegt, eine bessere Zukunft zu erschaffen und ein Leben voller Sinn und Inspiration zu führen, unsere Umwelt zu schützen, anderen etwas zurückzugeben und sie zu unterstützen“. Beide Sichtweisen vereinen sich zu seiner Vision vom neuen Sinn des Reisens, in dem Disconnection und Reconnection stattfindet: „Wir leben in einer Welt, in der wir von Technologie und Gesellschaft isoliert sind. Die Mission von Habitas ist es, das Leben der Menschen positiv und nachhaltig zu verändern, indem wir tiefere menschliche Verbindungen wiederherstellen. Wir glauben, dass die Welt Orte braucht, an denen Menschen zusammenkommen können, um sich zu vernetzen, zu lernen und Spaß zu haben.“

Die Hotels stehen an den inspirierensten Orten der Welt. Verbunden mit der Natur, geben sie den Menschen die einzigartige Möglichkeit, die Verbindung in die eine Richtung zu trennen, sie aber in die andere wieder aufzubauen. „Hier kann man sich wieder mit seinen Lieben verbinden, neue Freunde finden, neue Erfahrungen sammeln und diese teilen, auch lange nachdem man uns verlassen hat.“

BELIEBT

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    Entspannend und inspirierend: Gleichgesinnte lauschen einem Konzert.
    Foto von enriqueabed.com

    Pioniere der Gastfreundschaft

    Bevor Oliver Ripley 2014 zusammen mit Kfir Levy and Eduardo Castillo die Hotelgruppe Habitas und die gemeinnützige Organisation Habitas Rise gründete, organisierte er außergewöhnliche Pop-up Events für Menschen mit ähnlichen Interessen an Kunst, Musik, Essen und Gesprächen. Das Besondere: Um an den Veranstaltungen, wie beispielsweise einem verlängerten Retreat-Wochenende in ländlicher Idylle, teilzunehmen, musste man sich bewerben. Dadurch sollten die Events weniger exklusiv, dafür aber inklusiver werden. Weil nur so Menschen mit ähnlicher Denkweise aber völlig unterschiedlichem Alter und Hintergrund zusammen kommen. Um die erste internationale Veranstaltung für bunt gemischte Alltagsflüchter durchzuführen, kauften sie das Nomade Hotel in Tulum an der Karibikküste Mexikos. Weil die 38 Räume nicht ausreichten, errichteten sie 6 km nördlich am Strand 30 Zelte im Dschungel und das Habitas Tulum war geboren. Ähnliche Hotelprojekte folgten in Malibu, Namibia und auf den Bahamas.

    Schlaflieder des Dschungels: Durch die Wände der Zelt-Unterkünfte des Habitas Tulum dringen die Geräusche der Natur.
    Foto von Adrian Gaut

    Nachhaltiger Fokus

    Jede Entscheidung der Hotelgruppe wird im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Umwelt getroffen, erzählt Ripley: „Es fängt bei den gewählten Orten an. Wir bauen unsere Hotels mit nachhaltigen Materialien, ortsansässigen Handwerkern und auf eine Weise, die keine Auswirkungen auf die Umwelt hat. Unser Essen besteht aus lokalen Zutaten. Über die Programmgestaltung bis hin zu den örtlichen Gegebenheiten, die wir unterstützen und für die wir unsere Gäste sensibilisieren – das alles spielt im Entscheidungsprozess eine Rolle. Nicht zuletzt hoffen wir, dass unsere Gäste durch Sensibilisierung und Aufklärung einige dieser Ideen und Praktiken mit nach Hause nehmen können“.

    Eine dieser Ideen ist der Schutz der Natur. Sich in ihr aufzuhalten ist für Ripley der wirkliche Luxus, nicht ein Marmorbad im Hotelzimmer. Auch ein Grund, warum die Zimmer der Hotels von der Natur inspiriert sind. „In Tulum haben wir uns für Zelte entschieden, weil wir beim Einschlafen den Wind und das Schlagen der Wellen gegen die Felsen hören wollten – es geht darum mit der Natur verbunden zu sein. Unser Design basiert zu allererst auf Erlebnissen. Normale Hotelzimmer tendieren dazu, alle gleich langweilig zu sein“ meint der Hotelier und Investor im Interview.

    Mission gute Reise

    Die Vision vom großen Ganzen und die konsequente Umsetzung in Gemeinschaft und Natur, macht die Habitas Hotelgruppe einzigartig und zum Vorbild für zukünftiges Reisen. Um die Idee von einer besseren Welt umzusetzen, entstand aus der tiefen Überzeugung heraus, einen gemeinschaftlichen Mehrwert für jeden Einzelnen stiften zu wollen, das Habitas Manifest, welches man auf der Website nachlesen kann. Darin geht es um den Glauben daran, „dass das Leben mehr zu bieten hat als Arbeiten, Schlafen, Essen, Wiederholen“, den Wunsch nach Veränderung und die Notwendigkeit von gemeinschaftlichen authentischen Erlebnissen, für die Habitas einen Ort schaffen will. Das Manifest schließt ab mit: „Vor allem glauben wir, dass Geben lohnender ist als Nehmen, denn je mehr wir geben, desto mehr können wir die Welt verändern.“

    Veränderung leben

    Was wie ein Bibelzitat klingt, wurde bei Habitas RISE von Anfang an umgesetzt. „Wir haben RISE aus einer Verpflichtung heraus geschaffen, etwas zu tun und zu verändern. Wenn wir an einen Ort kommen, hören wir zuerst einmal zu, um örtliche Besonderheiten zu identifizieren und die richtigen Dinge zu unterstützen“, erklärt Ripley. Die Projekte können mit der Umwelt, den örtlichen Schulen usw. zu tun haben. Was unterstützt wird, variiert von Tulum über Namibia bis hin zu Todos Santos. „Durch unsere Gemeinschaft und unsere Gäste unterstützen wir auch globale Anliegen, einschließlich der Flüchtlingskrise in Uganda. Hier haben wir in einem der ältesten Flüchtlingslager der Welt Uhuru gebaut, ein Projekt zur Schaffung eines Stadtplatzes mit einem Amphitheater in dem Musik, Filmvorführungen und andere kulturelle Veranstaltungen stattfinden sollen.

    In Pop-up Schulen lernen ortsansässige Jugendliche alles über die Hotellerie.
    Foto von Creativelab

    Aktuell gibt es eine Partnerschaft mit Sira Hospitality, einer Non-Profit Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Hotels über Bildung mit den örtlichen Gemeinden zu verbinden: In Pop-up Schulen wird jenes Wissen zur Verfügung gestellt, das man braucht, um eine Karriere in der Hotellerie zu starten. Die Vorteile sind für alle spürbar. Neben dem gesteigerten lokalen Interesse, sinkt die Fluktuation in den Hotels und es stehen motivierte Arbeitskräfte aus der Gegend zur Verfügung - diejenigen, die eine daraus resultierende Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse am dringendsten brauchen.

    Zwischen völlig zerstörten Häusern bietet das große Zelt ein vorläufiges Zuhause.

    Das Engagement von Habitas zielt nicht nur auf langfristige Verbesserungen. So spendete Habitas in Zusammenarbeit mit der Integro Foundation mehrere Leinenzelte an die Dorian Relief Mission von Third Wave Volunteers auf den Bahamas, um den Opfern des Hurrikan Dorian, die ihr Haus verloren hatten, eine Unterkunft zu geben.

    Die neue Art zu Reisen?

    Die Projekte und Visionen von Habitas träumen von einem Neuanfang. Ob nach einer Naturkatastrophe, einer Notsituation oder auf einer Luxusreise. Habitas schafft Orte, an denen sich Menschen mit der Natur, der Gemeinschaft und sich selbst verbinden und neu ausrichten können. Im Urlaub klappt das gut. Wer dort war, nimmt ein Stück dieses Lebensgefühls als Souvenir mit nach Hause. Damit wird die Reise zum Katalysator für kontinuierliches Lernen, Mitgefühl, Selbstbewusstsein und Naturschutz.

     

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