Wanderweg für Unerschrockene: Der Trans Bhutan Trail

Der uralte Trans Bhutan Trail schlängelt sich dramatisch über Bergpässe und durch abgelegene Täler. Neu kartiert und restauriert steht er unerschrockenen Wanderern wieder offen und entwickelt sich zur Hauptattraktion Bhutans.

Von Sarah Marshall
Veröffentlicht am 19. Apr. 2024, 14:43 MESZ
Blick auf das Tigernest Kloster

Blick auf das Tigernest Kloster

Foto von Timothy Neesam / Flickr.com

Eine dicke Nebeldecke über dem Tal zwingt die Mönche, ihre Gewänder enger zu ziehen, während sie die Tempeltreppe hinauf- und hinunterhuschen. Heute ist der Tag des gesegneten Regens, ein Feiertag Ende September, der das Ende der Monsunzeit und den Beginn des kühlen Herbstwetters in den Bergen markiert. Am nebligen Horizont zeigen Löcher in den Wolken die schneebedeckten Gipfel des Himalajas. „Meine Großeltern haben sich bei der Durchquerung dieser Täler kennengelernt“, sagt Dorji Bidha, eine der wenigen Trekkingführerinnen in Bhutan, als wir unterhalb des Tempels Druk Wangyal Lhakhang stehen und die beeindruckende Landschaft betrachten. „Mein Großvater brachte Fleisch, Käse und Butter mit, um sie gegen Reis zu tauschen“, erklärt sie.

​Ein Jahrhunderte alter Pfad

Das Wegenetz vor uns hat seine Wurzeln im 16. Jahrhundert, als eine Reihe strategisch günstig gelegener Dzongs (befestigte Klöster) entstand, um eine 400 Kilometer lange Route zu schaffen, die Osten und Westen des winzigen Bergkönigreichs verband und schließlich dazu beitrug, Bhutan 1907 als modernen Staat zu vereinen. Es gibt Geschichten von Händlern, die auf Ponys reisten, von tapferen Soldaten auf Patrouille und Legenden von Garps (königlichen Boten), die riesige Entfernungen schneller als der Wind zurücklegten, mit wenigen Pausen und Nahrung. Und das alles auf Pfaden, die über Bhutans atemberaubende Bergpässe und durch tiefe Täler führen. „Mit dem Bau von Straßen in den 1960erJahren verfiel der Pfad“, erklärt Dorji.

Doch nun wurde die Route vollständig restauriert und als Trans Bhutan Trail wiederbelebt. Das Projekt wurde großteils während der langen Abriegelung Bhutans wegen Covid-19, die erst im September 2022 endete, durchgeführt Das Himalaja-Königreich Bhutan, das zwischen Indien und China liegt, schwelgt in den Traditionen, Bräuchen und Überzeugungen, die seine eigene einzigartige Identität stärken. Im Land werden keine Tiere getötet (stattdessen wird alles Fleisch importiert), viele Berge wurden noch nie bestiegen (aus Angst, die Geister zu stören), und die Einwohner tragen immer noch stolz ihre Nationaltracht. Aber die Zeiten ändern sich. Ich bin eine der ersten Reisenden, die einen Fuß auf die frisch verlegten Steine setzen.

​Weg durch die Natur

Statt der vollen Expedition mit 30 Tagen werde ich nur Etappen des Weges gehen. Unser Ausgangspunkt ist der 3100 Meter hohe Pass Dochu La, der von den Druk Wangyal Chörten dominiert wird: 108 Stupas in konzentrischen Kreisen in Gedenken an die Soldaten, die 2003 bei einer Offensive gegen indische Aufständische getötet wurden. Ältere Frauen mit Gebetsketten gehen mit gesenkten Köpfen singend im Uhrzeigersinn um den Komplex. Die heutige Tour beginnt in einem Nachbartal in dichtem, märchenhaftem Wald. Wie Würgeschlangen winden sich Ranken um die Bäume, und die Äste tragen Handschuhe aus samtigem Moos. Unter meinen Füßen sprießen Pilze in kräftigem Zinnoberrot, und Kurkuma und Farne kitzeln mich, während ich mich durch das Unterholz zwänge.

Fast 70 Prozent Bhutans sind von Wald bedeckt, und die industrielle Entwicklung ist minimal, was das Land zum einzigen kohlenstoffnegativen Land der Welt macht. Vielleicht liegt es an meiner Einbildung (oder an der Höhe), aber die Luft hier schmeckt frischer, sauberer und klarer als überall sonst, wo ich bisher war. Entlang des Weges schneidet ein Team von freiwilligen Forstarbeitern des „DeSuung“- Projekts in orangefarbenen Overalls das Laub zurück und entfernt heruntergefallene Äste. „Diese Leute sind für die Instandhaltung des Weges verantwortlich“, erklärt Dorji, die sich auch für die Arbeit im Projekt während der Pandemie gemeldet hat. „Die ‚Wächter des Friedens‘ stehen auf Abruf bereit, um Brände zu bekämpfen oder sich um Überschwemmungen zu kümmern“, fährt Dorji fort und rückt ein Abzeichen zurecht, das sie an ihrem Kira-Kleid (der Nationaltracht für Frauen) befestigt hat.

Cover National Geographic Traveler 2/24

Foto von National Geographic

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