Wildtiere von Hagel erschlagen: So ergeht es Reh und Co. bei Unwettern

In Europa kommt es immer häufiger zu Gewittern mit starkem Hagel. Wie dieser entsteht – und wie verheerend er für Wildtiere ist.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 1. Sept. 2023, 13:43 MESZ
Unzählige Hagelkörner auf erdigem Boden.

Einmal auf der Erde angekommen, sehen sie harmlos aus. Doch Hagelkörner können extremen Schaden verursachen – auch bei Lebewesen.

Foto von lukjonis / Adobe Stock

Rehe, deren Augen von Hagelkörnern ausgeschlagen wurden, Weidetiere, die im Stall unter Eismassen begraben starben und erschlagene Störche in Oberbayern: Aktuelle Meldungen über die Auswirkungen schwerer Hagelstürme auf Wild- und Weidetiere gleichen Szenen aus einem Horrorfilm.

Doch wie entstehen die zerstörerischen Hagelkörner überhaupt? Und warum sind Tiere ihnen scheinbar schutzlos ausgeliefert?

Wie entsteht Hagel?

Hagelkörner bilden sich, wenn die Aufwinde eines Gewitters so stark sind, dass Wassertropfen bis in Luftschichten getragen werden, die das Wasser gefrieren lassen. Am Entstehungsort eines Hagelkorns können Temperaturen von bis zu minus 60 Grad Celsius herrschen – auch, wenn es im Gewittergebiet auf der Erde eigentlich sommerlich heiß ist. Je nach Stärke der Auf- und Abwinde eines Gewitters kann das ursprüngliche Hagelkorn zusätzlich an Masse gewinnen, wenn weiteres Wasser an ihm festfriert.  Ist das Korn schließlich schwer genug, fällt es gen Boden.

Extrem großer Hagel entsteht laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) nur in „hochreichenden organisierten Gewitterzellen wie beispielsweise Superzellen oder Multizellen“. Durch die dort herrschenden starken Winde halten sich Hagelkörner teils lange in Wolken mit großem Flüssigwassergehalt auf und werden dort immer größer. Vor allem diese großen Hagelkörner richten am Ende ihrer Reise extremen Schaden an.

Gleichzeitig häufen sich die Extremwetterereignisse. Studien zeigen: Sowohl das Gewitter- als auch das Hagelpotenzial hat in den letzten Jahren in Europa zugenommen – und wird sich bis Ende des 21. Jahrhunderts vermutlich weiter erhöhen. „Niederschlag in Form von Hagel gab es ja schon immer und auch vom Blitz erschlagene Weide- und Wildtiere sind schon immer vorgekommen“, sagt Julian Heiermann, Teamleiter für Naturschutz- und Umweltinformationen beim NABU Deutschland. „Aber das aktuelle Ausmaß der Unwetter, in Häufigkeit, Ausdehnung und Intensität lassen für die Zukunft nichts Gutes erahnen.“ 

Wie schützen Tiere sich vor Unwettern, Gewitter und Hagel?

Gefährlich sind die Hagelkörner vor allem aufgrund der Geschwindigkeit, mit der sie auf die Erde fallen. Schon ein zwei bis drei Zentimeter großes Korn kann eine Fallgeschwindigkeit von 70 km/h erreichen, größere Hagelkörner schaffen bis zu 150 Kilometer pro Stunde. Diese sind zwar selten, können aber tödlich sein – vor allem für Tiere.

Denn laut Heiermann können sich diese nur bedingt gegen Extremwetterereignisse wappnen. Wildtiere verfügten zwar über eine Art sechsten Sinn für Wetterumschwünge, trotzdem seien Bäume und Wälder gerade bei starken Unwettern mit Hagel kein Garant für Sicherheit. „Tiere, die über einen Unterschlupf verfügen, sind klar im Vorteil, um sich gegen Wettergewalten zu schützen“, sagt er. Tiere, die keine Bauten haben – darunter Rehe, Wildschweine, Rothirsche und Feldhasen – müssen den widrigen Umständen allerdings im Freien trotzen.

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    Helfen kann man den Tieren nur bedingt. „Weidetiere kann man mit dem Bau von stabilen Unterkünften helfen“, sagt Heiermann. Diese Tiere seien ohnehin auf die Vorkehrungen der Tierhalter*innen angewiesen. Bei Wildtieren sieht das anders aus. Bei ihnen könne selbst der Bau von stabilen Unterschlüpfen möglicherweise nicht viel ausrichten „Zu viele Unterkünfte auf ganzer Fläche wären nötig und es wäre ungewiss, ob Wildtiere diese Bauten überhaupt als Schutzvorrichtung erkennen und annehmen würden.“

    Nicht nur für diese Tiere sind Hagel und Gewitter verheerend. Auch Insekten und Vögel leiden unter solchen starken Unwettern. Beispielsweise geht extremer Hagel lokal oft mit einer Reduktion der Insektendichte einher. Auch Vögel, die bei Unwetter eher Schutz suchen als zu fliehen, sind gefährdet. Die extremen Wetterereignisse richten also nicht nur Sachschäden an – auch die Tierwelt wird in Mitleidenschaft gezogen. Der Schutz der Tiere muss bei zukünftigen Unwettern mitgedacht werden.

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