Aufnahmen: Wenn zwei Galaxien zusammenstoßen
Die Bilder dieses leuchtenden Rings ermöglichen Forschern ein besseres Verständnis für die Vorgänge eines solchen Ereignisses.
Etwa 300 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, tief im Sternbild Fliegender Fisch, sind zwei Spiralgalaxien zusammengestoßen und hinterließen einen leuchtenden Ring aus Schwarzen Löchern und Neutronensternen.
Die kosmische Kollision resultierte in der neuen Ringgalaxie AM 0644-741, die in zwei Aufnahmen festgehalten wurde, welche im „Astrophysical Journal“ veröffentlicht wurden.
Wenn zwei Galaxien zusammenstoßen, gibt es eigentlich fast gar keine echten Kollisionen. Die Sterne und andere große Himmelsobjekte sind so weit verstreut, dass sie während so eines Ereignisses nur selten aufeinanderprallen. Aber die Gravitationskräfte können die beteiligten Galaxien merklich durcheinanderbringen und umformen.
„Als ich die Bilder die Ringgalaxie sah, war ich sofort wie gebannt. Sie sind einfach so spektakulär, dass man sich fragt, wie die Natur solche unglaublichen Formen erschaffen kann“, schrieb die Co-Autorin Antonella Fruscione, eine Astrophysikerin am Chandra X-ray Center, in einer E-Mail.
In diesem Fall zog eine kleinere Galaxie – womöglich die in der linken unteren Ecke des Bildes – vollständig durch AM 0644-741. Dabei entstanden gravitative Verzerrungen in Form einer Dichtewelle, die sich vom Zentrum der Galaxie her ringförmig ausbreitete – ähnlich wie bei einem Stein, den man in einen Teich wirft.
„Diese Wellen verschieben den Orbit einiger Sterne in Richtung der äußeren Regionen und verdichten größtenteils das Gas in der Zielgalaxie und den umliegenden Bereichen. Das verdichtete Gas erreicht dann den Punkt, an dem daraus neue Sterne entstehen“, erklärt die Co-Autorin Anne Wolter, eine Astronomin des italienischen INAF-Osservatorio Astronomico di Brera, in einer E-Mail.
Die bestehenden Sterne, die verschoben wurden, und ihre neu entstandenen Geschwister breiteten sich aus und erzeugten die Ringstruktur der neu entstandenen Ringgalaxie. Sie ist auch als Lindsay-Shapley-Ring bekannt, nach Eric Lindsay und Harlow Shapley, die sie 1960 entdeckten.
Die beiden Bilder zeigen den Ring in der Aufnahme des Chandra-Röntgenteleskops in Kombination mit der optischen Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops. Die hellen, lilafarbenen Punkte rund um die Galaxie sind ultrahelle Röntgenquellen – Binärsysteme, die sich den Astronomen zufolge wahrscheinlich aus der Energie von Schwarzen Löchern oder Neutronensternen speisen. Bilder wie diese können dabei helfen, dieses Rätsel zu lösen. Sie liefern aber auch wertvolle Informationen für ähnliche künftige Ereignisse, zum Beispiel für den Zusammenstoß der Milchstraße und der Andromedagalaxie in etwa vier Milliarden Jahren.
„Wenn wir eine große Zahl solcher Quellen zusammenstellen, wird uns das dabei helfen, Antworten auf diese Fragen zu finden – und am Ende auch darauf, wie Sterne geboren werden, leben und sterben“, so Wolter.
Auch jenseits ihres wissenschaftlichen Werts versetzen die Aufnahmen den Betrachter in Erstaunen – und zwar nicht nur in Amateurkreisen. „Diese Art von Bildern war der Grund, warum ich Astronomin werden wollte“, sagt Fruscione, „und warum ich meinen Job noch immer aufregend finde.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.
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