Computerrekonstruktion eines Gesichts.

Gesichtsrekonstruktion: So sah der chinesische Kaiser Wu aus

Kaiser Wu der Nördlichen Zhou-Dynastie war im 6. Jahrhundert ein einflussreicher Herrscher in China. Rund 1.500 Jahre nach seinem Tod kann man heute sehen, wie er wirklich aussah.

Die Studie zur Rekonstruktion des Gesichts von Kaiser Wu offenbarte auch eine Erklärung für den mysteriösen frühen Tod des Herrschers. 

Foto von Pianpian Wei et al.
Von Marina Weishaupt
Veröffentlicht am 19. Apr. 2024, 15:55 MESZ

Rund zwei Jahrzehnte lang regierte Kaiser Wu die Nördliche Zhou-Dynastie im Nordwesten Chinas. Während seiner turbulenten Regierungszeit von 560 bis 578 wird ihm unter anderem die Vereinigung Nordchinas zugeschrieben – ein nicht gerade leichtes Unterfangen, das seinen großen Einfluss und seine Regierungsfähigkeit widerspiegelt.

Mit nur 36 Jahren verstarb Wu im Jahr 578 plötzlich. Etwa 1.500 Jahre später entdeckten Forschende sein Grab – sowie seine erstaunlich gut erhaltenen Gebeine. Wiederum 30 Jahre nach der Entdeckung gelang es Wissenschaftler*innen der Fudan University mittels Genanalysen und digitaler Rekonstruktion seines Schädels nun, dem einstigen nordchinesischen Herrscher ein Gesicht zu geben.

3D-Rekonstruktion: Vom fast intakten Schädel zum Gesicht

Im Zuge ihrer Studie, die in der Fachzeitschrift Current Biology erschien, konnten die Forschenden um Pianpian Wei und Shaoqing Wen für ihre Rekonstruktion auf den beinahe vollständigen Schädel des Kaisers zurückgreifen. Anhand von diesem war es ihnen möglich, die Gesichtszüge des Kaisers mittels einer digitalen Weichteilrekonstruktion darzustellen.

Wus Schädel und das Erbgut aus seinen Knochen lieferten den Forschenden wichtige Hinweise.

Foto von Pianpian Wei et al.

Zusätzlich offenbarten DNA-Sequenzen aus seinen Knochen genetische Merkmale, die dem Forschungsteam eindeutige Rückschlüsse auf sein optisches Erscheinungsbild lieferten. Bezüglich Wus Phänotyp gehen die Forschenden demnach von braunen Augen, dunkel schwarzem Haar und eher dunkler Haut aus. Ebenso zeigten die Analysen, „dass Kaiser Wu typische ost- oder nordostasiatische Gesichtszüge hatte“, sagt Shaoqing Wen, Mitautor und Anthropologe von der Fudan University.

Diese Ergebnisse widerlegen bisherige Annahmen über das Aussehen des Kaisers. Wu, dessen bürgerlicher Name Yuwen Yong war, stammt vom nomadischen Volk der Xianbei ab. Dieses lebte vor allem in der Region der heutigen Mongolei und im nördlichen China. „Es gab Vermutungen, dass die Xianbei ein ‚exotisches‘ Aussehen besessen hätte, etwa durch einen besonders hohen Nasenrücken und gelbliches Haar“, sagt Shaoqing Wen. Die Studie konnte dies – zumindest für Kaiser Wu – widerlegen.

BELIEBT

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    Bisher war das ungefähre Aussehen des Kaisers Wu von Gemälden bekannt. Wie authentisch historische Figuren darauf dargestellt wurden, bleibt oft unklar.

    Foto von Yan Liben / Wikimedia Commons

    Die Kombination dieser Erkenntnisse führte schließlich zu einem durchaus realistisch anmutenden Abbild des Kaisers – ganz zur Freude der Forschenden. „Bisher musste man sich auf historische Aufzeichnungen oder Wandmalereien verlassen, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Menschen der Antike aussahen“, sagt Co-Autorin und Anthropologin Pianpian Wei.

    DNA Analyse: Erbgut offenbart Ethnie und mögliche Todesursache

    Die Studie des kaiserlichen Erbguts liefert zudem einen Einblick in die ethnische Geschichte Chinas. So offenbaren die DNA-Analysen etwa die weitreichende Tradition der Mischehen zwischen dem Volk der Xianbei, von denen Wu zu zwei Dritteln abstammt, und der Han-Dynastie, der das übrige Drittel seiner Abstammung zugeschrieben werden kann.

    Auch für den frühen Tod des Kaisers im Alter von 36 Jahren, liefert die Studie eine mögliche Erklärung. Bislang gingen einige Forschende davon aus, dass Wu womöglich durch eine nicht natürliche Todesursache umkam, etwa durch Vergiftung. Das Team um Pianpian Wei und Shaoqing Wen kam allerdings zu einem anderen Schluss. Im Erbgut des Kaisers fanden sie Hinweise darauf, dass er ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatte. Ein plötzlicher Tod durch einen Schlaganfall würde auch zu historischen Aufzeichnungen passen, in denen von hängenden Augenlidern, einer abnormalen Gangart oder einer Aphasie – also einer erworbenen Sprachstörung – des Kaisers berichtet wird.

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