Wo sind die Schiffe von Christoph Kolumbus?

Die Überreste der Niña, der Pinta und der Santa Maria entziehen sich den Forschern trotz Jahrzehnten der Suche.

Von Kristin Romey
Veröffentlicht am 9. Nov. 2017, 03:46 MEZ
Holzschnitt
In diesem undatierten Holzschnitt sind die Schiffe von Kolumbus‘ erster Reise abgebildet: das Flaggschiff Santa Maria in der Mitte sowie links und rechts die kleineren Schiffe Niña und Pinta. Nur das Schicksal der Santa Maria ist bislang bekannt.
Foto von Bettman, Corbis, via Getty

In diesem Jahr findet das 525. Jubiläum der transatlantischen Expedition von Christoph Kolumbus statt – eine Reise, die den italienischen Seefahrer eigentlich nach Asien hätte bringen sollen. Stattdessen sichtete seine Mannschaft am 12. Oktober 1492 in der Karibik Land und setzte eine Folge von Ereignissen in Gang, die zur europäischen Kolonisierung der Neuen Welt führen würde.

Kolumbus brach mit einer kleinen Flotte aus drei Schiffen auf: der Niña, der Pinta und der Santa Maria. Aber die Überreste dieser Schiffe und der drei nachfolgenden Expeditionen sind nach wie vor verschollen, obwohl Archäologen und Schiffswrackjäger seit Jahrzehnten danach suchen.

Warum aber ist es so schwer, die Reste dieser riesigen Holzkonstruktionen samt all ihrer Fracht zu finden? Dafür gibt es einige gute Gründe:

Die Bedingungen für den Erhalt der Schiffe sind furchtbar

Die warmen Wasser der Karibik sind ein Paradies für Schiffsbohrwürmer, eine Muschelart mit einem Heißhunger auf Holz. Diese „Termiten des Meeres“ können ein Wrack innerhalb eines Jahrzehnts auffressen und sind die Erzfeinde der Unterwasserarchäologen, die in dieser Region arbeiten.

Jedes hölzerne Schiff, das dem Appetit der Schiffsbohrwürmer widerstehen kann, müsste außerdem fünf Jahrhunderte lang Tropenstürme und Hurrikans in den flachen Gewässern überstehen, sagt Donald Keith. Der Archäologe hat nach der Gallega gesucht, einem Schiff aus Kolumbus‘ vierter Flotte, das 1503 verschwand. „Schiffe, die in kalten, dunklen und tiefen Gewässern verloren gehen, bleiben mit viel größerer Wahrscheinlichkeit unversehrt und bewahren ihren Wert als ‚Zeitkapsel‘.“

Die Landschaft hat sich seit Kolumbus‘ Tagen dramatisch verändert

Jahrhunderte der Tropenstürme, der wechselnden Landnutzung und der Entwaldung haben die Küstenlinien, an denen Kolumbus einst navigierte, signifikant verändert. Der Archäologe Greg Cook hat in der Stadt Saint Ann’s Bay in Jamaika nach den Überresten eines Schiffs aus Kolumbus‘ vierter Flotte gesucht. Er beschreibt, wie er unter sechs Metern Sediment Hinweise auf die einstige Landschaft entdeckt hat. „Die Bucht hat sich so sehr verändert.“

Eventuelle Überreste wären schwer zu finden

Archäologen suchen vornehmlich mit einem Seitensichtsonar nach Schiffswracks am Meeresboden. Wenn das Wrack aber unter mehreren Metern Sediment begraben ist, kann das Sonar „einfach blind“ dafür sein, sagt Cook. Ein weiteres wichtiges Werkzeug ist das Magnetometer, das unter Wasser nach metallischen Gegenständen sucht. Aber da bei Schiffen aus dieser Epoche kaum Metall verbaut wurde, können sie sich bei der Suche „sehr gut verstecken“, fügt er hinzu.

„Es ist im wahrsten Sinne eine Suche nach drei Nadeln im Heuhaufen“, findet James Delgado, Vizepräsident von Search Inc.

Wir kennen nur das Schicksal von einem der drei Schiffe

„Die Santa Maria gilt als einziges Schiff der ersten Flotte als verloren“, erklärt Keith. Man weiß zwar, dass das Schiff auf ein Riff lief, jedoch wurde es im Anschluss in Teilen verbaut. „Bisher konnte noch niemand überzeugend ermitteln, was nach ihrer Rückkehr nach Europa aus der Pinta und der Niña geworden ist.“ Cook stimmt zu: „Da wir den Verbleib der Niña und der Pinta nicht kennen, wäre es am besten, nach der Santa Maria zu suchen.“

Ein angeblicher Fund der Santa Maria im Jahr 2014 wurde von der UNESCO eindeutig widerlegt.

Kolumbus‘ Crew recycelte

Laut dem Logbuch von Kolumbus lief die Santa Maria am Weihnachtsabend des Jahres 1492 vor dem heutigen Cap-Haïtien in Haiti auf ein Riff auf. Der Schiffsrumpf wurde zerlegt und für den Bau des befestigten Dorfes La Navidad genutzt, das bisher ebenfalls noch nicht gefunden wurde. „Man muss sich das wie ein Raumschiff vorstellen, das am Rande des Universums strandet“, sagt Delgado. „[Die Seefahrer] waren für ihr Überleben auf die Überreste des Schiffs angewiesen. Wir brauchen ein Verständnis für das Maß an Wiederverwertung, das an diesen Orten betrieben wurde.“

Sollten wir die Suche fortsetzen?

Absolut, sagen die Forscher. Aber nicht unbedingt, weil die Niña, die Pinta und die Santa Maria zu den Heiligen Gralen der Schiffsarchäologie gehören. „Die Suche nach einem Stück eines Schiffs [der ersten Flotte] fühlt sich ein bisschen so an, als versuchte man, ein Stück vom Kreuze Jesu zu finden“, sagt Delgado. Er glaubt, dass die wichtigsten archäologischen Entdeckungen in Bezug auf Kolumbus‘ Reisen mehr über die frühen Interaktionen der einheimischen Bevölkerung mit den europäischen Erforschern offenbaren können. „Konzentrieren wir uns mehr auf das Thema des Erstkontakts.“

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