500 Jahre alte Aromen: Speisen und Gewürze in Schiffswrack konserviert

Ein halbes Jahrtausend verbrachte das Wrack der Gribshunden am Meeresgrund – doch die Vorratskammer des alten dänischen Kriegsschiffes blieb über die Zeit erstaunlich gut erhalten.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 22. Feb. 2023, 09:41 MEZ
Ein Taucher untersucht das Wrack der Gribshunden unter Wasser.

Seit mehreren Jahren untersucht ein Team der Lund University, des Blekinge Museums und des dänischen Wikingerschiffsmuseums Roskilde das Wrack der Gribshunden. Bislang ist es das weltweit am besten erhaltene Schiff aus dem Zeitalter der Entdeckungen.

Foto von Brett Seymour / Lund University

Als ein internationales Team von Archäologen im Jahr 2019 begann, das Wrack der Gribshunden am Grund der Ostsee zu untersuchen, stießen sie zunächst auf einzigartige Waffen und wertvolle Gebrauchsgegenstände. Doch noch etwas hatte sich im Inneren des mitteltalerlichen Schiffs versteckt: eine üppig ausgestattete Vorratskammer. Diese war nach den Vorstellungen des damaligen Königs von Dänemark und Norwegen reich beladen. Das Besondere für die Nachwelt: Die luxuriösen Speisen und Gewürze waren selbst nach langer Zeit am Meeresgrund noch erstaunlich gut erhalten – und wurden nun von einem Team der schwedischen Universität Lund untersucht.

Das Wrack, das seit 1495 vor Südschweden in der Ostsee liegt, gilt als ganz besondere Zeitkapsel des mittelalterlichen Skandinaviens. „Die Gribshundener Ansammlung von Vorräten und exotischen Gewürzen ist das einzige bekannte archäologische Beispiel einer vollständigen königlichen mittelalterlichen Speisekammer“, so die Forschenden. Die Studie zu dem Fund wurde im Fachmagazin Plos one veröffentlicht. 

Karacken waren vom Ende des 15. Jahrhunderts bis ins frühe 17. Jahrhundert beliebte Handels- und Kriegsschiffe. Auch die Gribshunden war eine Karacke.

Foto von Teil des Ursula-Zyklus von Vittore Carpaccio, Venedig ca. 1495 / Wikicommons

Preseviert am Boden der Ostsee

Als die Gribshunden im Sommer 1495 mitsamt ihrer wertvollen Fracht sank, war sie auf dem Weg zu einer wichtigen Mission nach Schweden. König Johann I., auch König Hans genannt, wollte auf einer Konferenz im schwedischen Kalmar den dort tagenden Rat dazu bringen, ihn zum König von Schweden zu ernennen. So wollte der Unionskönig, der bereits über Dänemark und Norwegen regierte, die gesamte nordische Region unter eine Krone bringen. 

„Er führte alle möglichen Machtmittel mit sich: seine Kriegsschiffe, die Schiffsartillerie, ein Bataillon Berufssoldaten und Handfeuerwaffen wie Armbrüste und Schießpulverwaffen“, so das Forschungsteam. Dazu habe er Schweden mit Luxusgütern beeindrucken wollen – darunter auch Gewürze und Delikatessen. 

Als essbare Statussymbole galten für den König demnach Pfefferkörner, Senf, Kümmel, Dill, Himbeeren und Brombeeren, Gurken, Trauben, Mandeln und Haselnüsse. Auch Gewürze wie Safran, Nelken und Ingwer ließen sich nachweisen – der Safran hat während der 527 Jahre unter Wasser sogar sein charakteristisches Aroma behalten. 

Safran, der aus der Vorratskammer des königlichen Schiffs geborgen werden konnte. Selbst nach 527 Jahren unter Wasser hat das Gewürz seinen charakteristischen Geruch nicht verloren.

Foto von Larsson / Foley

Mit opulenten Lebensmitteln auf königlicher Mission

Erhalten blieben die Überreste wohl aufgrund der besonderen Umweltbedingungen der Ostsee – darunter der niedrige Salzgehalt und die niedrige Temperatur des Wassers. „Die Ostsee ist bekannt für die Erhaltung von archäologischem Material, insbesondere von hölzernen Schiffswracks“, so das Team. Außerdem seien die Güter im Bauch des Schiffs wohl aufgrund der Art und Weise, auf die das Schiff sank, erhalten geblieben. „Das Oberwerk brach in sich zusammen und feinkörnige Sedimente füllten den Rumpf.“

Dass man die geladenen Speisen deshalb noch so konkret bestimmen konnte, ist eine archäologische Sensation. „Die Verwendung einiger dieser Gewürze in Nordeuropa ist nur aus mittelalterlichen schriftlichen Quellen bekannt“, so die Studien-Autoren. Konkret nachgewiesen werden konnten sie nun erstmals durch die Überreste auf der Gribshunden.

Gerade der noch so gut erhaltene Safran sowie Ingwer und Nelken waren vermutlich das Ass im Ärmel des Königs. Der Verzehr exotischer Speisen sei ein Symbol für „Prestige und soziale Überlegenheit in der Zeit, in der Hans regierte“ gewesen, schreiben die Forschenden. Außerdem beweise der Fund, dass auch die nordische Region bereits mit dem Rest Europas verbunden war. „Wir erhalten Einblicke in die kulturellen und sozialen Zeichen der Elite: Wie sich der Monarch und der Adel verhielten, was sie aßen und wie ihre Speisen zubereitet wurden.“

loading

Nat Geo Entdecken

  • Tiere
  • Umwelt
  • Geschichte und Kultur
  • Wissenschaft
  • Reise und Abenteuer
  • Fotografie
  • Video

Über uns

Abonnement

  • Magazin-Abo
  • TV-Abo
  • Bücher
  • Disney+

Folgen Sie uns

Copyright © 1996-2015 National Geographic Society. Copyright © 2015-2024 National Geographic Partners, LLC. All rights reserved