Brunhild, Blenda und Boudicca: 5 europäische Kriegerinnen, die man kennen sollte

Männliche Helden dominieren sowohl in Geschichtsbüchern als auch in Legenden und Mythen. Doch tauchen hier immer wieder starke und unabhängige Frauen auf, die auch heute ein Beispiel sind für Tapferkeit, Mut und Selbstbestimmung.

Von Isabella Neber
Veröffentlicht am 21. Apr. 2023, 12:16 MESZ
Boudicca Statue in London

Die Statue von Boudicca und ihren Töchtern steht am westlichen Ende der Westminster Bridge in London. 

Foto von stock.adobe.com/Claudio Divizia

Starke Frauen begeistern und bestimmen den Lauf der Geschichte ebenso wie Männer. Queen Elisabeth II. hatte über 60 Jahre den britischen Thron inne und prägte das Weltgeschehen in vielen Bereichen. Michelle Obama, die erste schwarze First Lady der USA, wurde als eine „der einflussreichsten und ikonischsten Frauen des 21. Jahrhunderts“ in die National Women´s Hall of Fame aufgenommen. Die deutsche Ursula von der Leyen belegte als Präsidentin der Europäischen Kommission im Jahr 2022 Platz eins auf der Liste der mächtigsten Frauen der Welt des Wirtschaftsmagazins Forbes. 

Wirft man einen Blick in die Geschichte, begegnet man immer wieder starken weiblichen Persönlichkeiten, die Politik und Kriege nachhaltig beeinflusst haben. In vielen Fällen verschwimmen hier aber die Grenzen von Weltgeschichte, Mythologie und Legende. Dachte man lange, die geheimnisvollen Amazonen seien nur ein Mythos aus der antiken griechischen Sagenwelt, finden moderne Archäologen immer mehr Belege für ihre tatsächliche Existenz. Historikerin Adrienne Mayor von der Stanford Universität in Kalifornien zeigt in der Ausgabe 8/23 von National Geographic History den spannenden Forschungsstand rund um die wilden Kriegerinnen. 

Und auch diese fünf starken Frauen aus der europäischen Geschichte und Mythologie sind ein Beispiel für Tapferkeit, Unabhängigkeit und Mut:

Artemisia von Helikarnassos bei der Schlacht von Salamis.

Foto von "Von Kaulbach, Wilhelm von, 19th century - Ausschnitt aus einer anderen Datei, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org

1. Griechenland: Artemisia I. von Halikarnassos

Artemisia I. von Halikarnassos kommandierte eine eigene Flotte als Verbündete des persischen Großkönigs Xerxes I. im Kampf gegen Griechenland im 5. Jahrhundert v. Chr. Als Königin regierte sie das im Südwesten Kleinasiens gelegene Karien.

Sogar auf Seite der Gegner bei griechischen Geschichtsschreibern findet Artemisia große Beachtung. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet detailliert in seinem Werk von Artemisias Taten und macht sie damit unvergessen: Im Jahr 480 v. Chr. schloss Artemisia sich der Streitmacht der Perser gegen Griechenland aus freien Stücken an. Großkönig Xerxes soll sich sogar in militärischen Fragen von ihr beraten haben lassen. Bei der größten Seeschlacht der Antike bei Salamis soll Xerxes Artemisias Rat missachtet haben – und daraufhin die Schlacht verloren haben. Er bat Artemisia seine Söhne sicher nach Hause zu führen. Als besonders klug und tapfer wird sie in Herodots Historien beschrieben. Auch bei Plutarch und anderen antiken Autoren wird Artemisias Tapferkeit herausgehoben. 

In einer von Männern dominierten Welt sticht Artemisia als starke, unabhängige Frau heraus. Durch ihre Tapferkeit und ihr militärisches Geschick zählt sie zu einer der stärksten – aber eher unbekannten – Frauengestalten der Antike. 

2. England: Boudicca

Eine herausragende Frauengestalt in der britannischen Geschichte ist Boudicca. In der römischen Geschichtsschreibung bei Tacitus und Cassius Dio ist überliefert, wie Boudicca einen Aufstand gegen die römischen Besatzer anführte. 

Über ihre Herkunft und ihr Leben vor dem Aufstand wird in den historischen Quellen nicht näher eingegangen. Cassius Dio beschreibt dafür ihr Aussehen: „Hochgewachsen, gar furchterweckend mit blitzendem Auge,“ (Cassius Dio, Römische Geschichte 62).

Unter Boudiccas Führung erhoben sich die Stämme der Icener und Trinovanten und zogen gegen die römischen Besatzer. Drei niedergebrannte römische Siedlungen und rund 70.000 getötete Einwohner hinterließ Boudicca mit ihren Widerstandskämpfern. Zwei Legionen römischer Soldaten unter dem Kommando des britannischen Statthalters Gaius Suetonius Paulinus schlugen den Aufstand im Jahr 61 n. Chr. schließlich nieder. Laut Tacitus nahm sich Boudicca nach der Niederlage das Leben, nach Cassius Dio erkrankte sie und starb daran. 

Seit der Renaissance gilt Boudicca in Großbritannien als nationale Ikone und als Beispiel für eine Frau von großer Tapferkeit in einer von Männern bestimmten Welt. 

Die Statue der Boudicca wurden von Thomas Thornycroft geschaffen und im Jahr 1902 in London aufgestellt.

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3. Irland: Scáthach

Ins Reich der Mythen und Legenden gehört die starke Frauenfigur der Scáthach. Sie gilt als eine der größten Kriegerinnen der irischen Mythologie und als Ausbilderin von bedeutenden Kriegern. Die Geschichten rund um die Kriegerprinzessin entstammen der keltischen Mythologie und wurden lange nur mündlich tradiert. 

Als Tochter des Árd-Greime, einem Wesen des Älteren Geschlechts, soll Scáthach in Schottland auf der Isle of Skye Unterricht in Kampfkunst erteilt haben. In ihrer Kriegerschule namens Dún Scáith (Burg der Schatten) soll gemäß der irischen Legende Tochmarc Emire auch Cú Chulainn in der Kampfkunst unterrichtet worden sein. Cú Chilainn ist der Held des Ulster-Zyklus, einer Gruppe alt- und mittelirischer Sagen. 

Scáthach ist eine faszinierende und mysteriöse Figur der irischen Mythologie und gilt als Symbol für Stärke, Weisheit und Fähigkeiten im Kampf.

Der Legende nach soll Scáthach auf der Isle of Sky gelebt haben.

Foto von stock.adobe.com/Ji

4. Schweden: Blenda

Die Person namens Blenda ist eine fiktive Figur aus der schwedischen Geschichte, die in der Legende von Blendasägnen auftaucht. Die Legende ist Teil der schwedischen Volkskultur und spielt in der Wikingerzeit. Es gibt keine historischen Aufzeichnungen über eine Person namens Blenda, dennoch betont die Legende die Bedeutung von Weiblichkeit, Stärke und Täuschung in der Verteidigung des eigenen Landes und gilt bis heute als wichtiger Teil der schwedischen Kultur.

Die Blendasägnen erzählt die Geschichte von einer Gruppe von Frauen, die sich im Jahr 1060 n. Chr. in Värend, Schweden, gegen eine Invasion der dänischen Wikinger verteidigten. Die Frauen, die von Blenda angeführt wurden, stellten sich den dänischen Eindringlingen entgegen, indem sie sich als Gruppe von Männern ausgaben und die Wikinger so in die Irre führten. Die Frauen taten als hätten sie ein starkes Heer hinter sich und täuschten die Sammlung zur Schlacht vor. Die Wikinger flüchteten daraufhin vor den vermeintlich überlegenen schwedischen Kriegern.

Obwohl die Legende von Blenda historisch nicht belegt ist, hat sie einen wichtigen Platz in der schwedischen Folklore und wird oft als Symbol für den Widerstand gegen Eroberer und Unterdrückung verwendet. 

Darstellung der Brunhilde von Gaston Bussière (1862-1928) 

Foto von Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org

5. Deutschland: Brunhild

Im mittelalterlichen Heldenepos, dem Nibelungenlied, tritt neben dem Helden Siegfried dem Drachentöter auch eine starke Frau auf: Brunhild, eine mächtige Königin, die als Frau mit außergewöhnlicher Stärke und Weisheit dargestellt wird. 

Brunhild ist in der Erzählung die Königin von Island und eine Walküre – somit eine Göttin oder Halbgöttin mit besonderen Kräften. Als Siegerin einer Wettbewerbssituation, in der Siegfried ihr geholfen hatte, gewinnt sie das Recht, ihren zukünftigen Ehemann selbst zu wählen. Im Konflikt zwischen den Burgunden und den Hunnen wird Brunhild von König Gunther, einem der Burgunden, schließlich besiegt und gezwungen, ihn zu heiraten. Dies führt zu einer Fehde, die schließlich zum Tod vieler Hauptfiguren der Sage führt.

Brunhild wird als stolze, unbeugsame Frau mit großer Willenskraft dargestellt. Sie fordert ihren Mann immer wieder heraus und besteht darauf, dass er sich als würdig erweist, ihr Gatte zu sein.

Ihre Stärke und Unabhängigkeit wird im Nibelungenlied immer wieder betont: "Brunhild, die wunderschöne, die unerreichbar schien, und die doch, wenn sie zornig wurde, mit einem einzigen Schlag ein Dutzend Männer töten konnte." (Strophe 799) 

Ihre Rolle in der Sage betont die Bedeutung von Frauen als mächtige, unabhängige Persönlichkeiten und ist bis heute ein wichtiger Teil der deutschen Kulturgeschichte.

Ein ausführlicher Bericht zum Thema Amazonen erschien in der Ausgabe 8/23 von National Geographic History. Verpassen Sie keine Ausgabe mehr: Sichern Sie sich die nächsten 2 Ausgaben zum Sonderpreis!

NG History – Mordfall Romanow

Foto von National Geographic Magazine
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