Sensationsfund: Das älteste Foto, das je in Deutschland aufgenommen wurde
Diese Fotografie der Frauenkirche in München aus dem Jahr 1837 gilt nun als ältestes Foto Deutschlands.
Bei der Recherche für ein Buch über die deutsche Fotografiegeschichte hat die Wissenschaftlerin Cornelia Kemp eine geschichtsträchtige Entdeckung gemacht: Im Archiv des Deutschen Museums fand sie das bisher älteste Foto Deutschlands, datiert auf den März 1837. Die Aufnahme stammt von dem deutschen Mineralogen Franz von Kobell und zeigt die Frauenkirche in München. Die Fotografie war auf der Rückseite eigenhändig von Kobell datiert worden.
Geschichte der Fotografie
Bisher war man davon ausgegangen, dass die ältesten Fotografien Deutschlands zwei Jahre später entstanden sind, im Jahr 1839, und von Kobell und seinem Kollegen Carl August von Steinheil stammen. Diese Bilder zeigen unter anderem die Glyptothek in München und das Schloss Nymphenburg.
Ein weiteres Bild aus der Serie der Fotografien aus dem Jahr 1837. Hier zu sehen: das sogenannte Bazargebäude am Odeonsplatz (Tambosi).
Dieses Foto des Schlosses Nymphenburg galt zuvor als eines der ältesten Deutschlands, bis ihm das nun entdeckte Bild den Rang ablief.
Dass das Jahr 1839 dennoch als Geburtsjahr der Fotografie gilt, ist dem französischen Maler und Erfinder Louis Daguerre zu verdanken. Er entwickelte eine Fotografietechnik names Daguerreotypie. Dabei wird eine versilberte Kupferplatte zunächst mit Jod-, Brom-, und Chloriddampf chemisch behandelt, um sie lichtempfindlich zu machen. Dann wird das Bild mithilfe eines speziellen Fotoapparates durch Belichtung auf die Platte gebracht. Damit machte Daguerre bereits vor 1839 Fotos – das bekannte Bild „Boulevard du Temple“, das vermutlich erste Bild der Welt, das Menschen zeigt, entstand beispielsweise bereits im Jahr 1837 oder 1838. Er stellte seine Erfindung aber erst 1839 im großen Stil vor.
„Daguerre war ein sehr schlauer Geschäftsmann“, sagt Kemp. „Er hatte seinen Schwager Alphonse Giroux damit beauftragt, Kameras zu bauen und sorgte dafür, dass es auch eine Gebrauchsanweisung für seine Art der Fotografie gab.“ Das bedeutet: Ab dem Zeitpunkt, an dem die Erfindung bekannt gegeben wurde, konnten Menschen sich selbst eine Kamera zulegen und Fotos machen. Das schlug damals riesige Wellen.
Eines der ältesten Bilder der Welt ist diese Aufnahme von Louis Daguerre mit dem Titel Boulevard du Temple aus dem Jahr 1837 oder 1838.
Wohl auch, weil ihnen genau dieser Geschäftssinn fehlte, sind von Kobell und von Steinheil, die beiden deutschen Fotografie-Vorreiter, heute weitaus weniger bekannt – obwohl sie bereits vor oder zumindest gleichzeitig mit Daguerre Fotografien erstellten. „Für Steinheil und Kobell war die Fotografie ein Experiment“, sagt Kemp. „Als sie das Prinzip verstanden hatten, haben [sie] sich wieder anderen Themen zugewendet.“ Von Kobell benutzte für seine Aufnahmen übrigens eine andere Technik als Daguerre: Er verewigte die Fotografien auf Salzpapier.
Von wem stammt das älteste Foto der Welt?
Und es gibt noch ältere Fotografien: Mitte der 1830er-Jahre beispielsweise machte der englische Entdecker William Henry Fox Talbot erste Aufnahmen mithilfe seines eigens entwickelten Verfahren der Kalotypie, bei dem bei der Fotografie zunächst ein Negativ entstand, von dem dann wiederum Abzüge gemacht werden konnten.
Sogar noch einige Jahre früher entstand die älteste erfolgreich aufgenommene und bis heute erhaltene Fotografie der Welt: das Bild „Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras“ von Joseph Nicéphore Niépce. Es wurde im Jahr 1826 im französischen Saint-Loup-de-Varennes mithilfe des Verfahrens der Heliografie aufgenommen, das von Niépce entwickelt wurde. Bei dieser wird das Motiv über eine Belichtungszeit von über acht Stunden hinweg auf eine mit Asphalt bestrichene Zinn-, Kupfer-, Zink- oder Silberplatte gebracht.
Die wahrscheinlich älteste Fotografie der Welt: Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras.
Die Heliografie gilt heute als erstes Verfahren der Welt, mit dem erfolgreich dauerhafte Bilder aufgenommen werden konnten. Allerdings vermarktete Niépce sein Verfahren nie und machte es nicht der breiten Öffentlichkeit zugänglich – wohl ein Grund, warum Daguerre mit seinem Geschäftsmodell Daguerreotypie bekannter wurde.