,Dame von Kölleda‘ trug bei ihrer Bestattung wertvollen Schmuck

Bei der Ausgrabung einer merowingerzeitlichen Siedlung in Thüringen haben Forschende das Grab einer ranghohen jungen Frau entdeckt. Die Grabbeigaben bieten Einblicke in die frühe thüringische Elite.

Von Lisa Lamm
Veröffentlicht am 11. Nov. 2024, 10:09 MEZ
Das Skelett der Frau von der Hüfte aufwärts mit einer Kette um den Hals.

Bis heute kann man unter anderem die Halskette erkennen, die die Dame vor 1.300 Jahren bei ihrer Beisetzung trug.

Foto von M. Jung, TLDA, Weimar

Eine Perlenkette mit Goldanhängern und Halbedelsteinen, ein mit Goldfäden durchzogener Schleier und ein in Gold gefasster Amethyst-Anhänger: Bis heute trägt die ,Dame von Kölleda‘ die luxuriöse Sonntagstracht, mit der sie vor über 1.300 Jahren beerdigt wurde. Es ist einer der ersten derartigen Funde aus dem mitteldeutschen Raum – und bietet neue Einblicke in eine Zeit, in der sich in Thüringen langsam eine soziale Oberschicht zu bilden begann.

Eine Merowinger-Siedlung und ein besonderer Friedhof

Entdeckt wurde das Grab der Frau bei Ausgrabungen im Gewerbegebiet Kölleda-Kiebitzhöhe im Landkreis Sömmerda in Thüringen. Dort haben Archäolog*innen des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) einen Friedhof mit etwa 20 Gräbern sowie die dazugehörige Siedlung aus dem 6. bis 7. Jahrhundert nach Christus ausgegraben. 

Laut Christian Tannhäuser vom thüringischen LDA ist der Fund einer der ersten, der Rückschlüsse über merowingerzeitliche Siedlungen in Mitteldeutschland zulässt – bislang wurden nur relativ wenige frühmittelalterliche Siedlungsbefunde ausgegraben. Viele Informationen hat man allerdings über die neu entdeckte Siedlung noch nicht. Man vermutet, dass sie etwa 100 Jahre lang existierte und ein halbes Hektar Land umfasste. Wie viele Menschen dort gleichzeitig lebten, kann man bisher nicht sagen. „Es hat etwa 70 Gebäude in der Siedlung gegeben, aber es ist nicht klar, wie viele von ihnen gleichzeitig standen“, sagt Tannhäuser.

Neben der Siedlung befindet sich der Friedhof. Ein Großteil der 20 dort liegenden Gräber ist bereits beraubt worden, allerdings kann man laut LDA anhand der noch vorhandenen Grabbeigaben ausmachen, dass alle Gräber einst reich bestückt waren. Die Beigaben sowie die aufwändig verarbeiteten hölzernen Grabkammern zeigen: Der Friedhof war einer sozialen Elite vorbestimmt, die sich vom Rest der Siedlungsgemeinschaft abgesetzt hatte – mit eigenen Bestattungsbräuchen und einer abgeschirmten eigenen Ruhestätte. 

Die Dame von Kölleda und die frühe soziale Elite

Das Grab der Dame von Kölleda stach bei den Untersuchungen hervor, weil ein Großteil ihrer Grabbeigaben noch vorhanden ist. Ihre Ruhestätte liegt etwa vier Meter unter der heutigen Erdoberfläche und unter einer zweiten leeren Grabkammer, die vermutlich die Beraubung des Grabes verhindert hat. Neben ihrer üppigen Tracht fand man bei den Überresten der zum Zeitpunkt des Todes etwa 25 bis 30 Jahre alten Frau weitere Grabbeigaben. Darunter eine Spindel, die sie vermutlich symbolisch für ihre Arbeit als Vorsitzende ihres Haushaltes mit ins Jenseits bekam, sowie geschliffenen Bergkristall und ein Bronzebecken.

BELIEBT

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    Das freigelegte Grab der jungen Frau.

    Das freigelegte Grab der jungen Frau. Sie und auch die anderen auf dem Friedhof bestatteten Menschen wurden verhältnismäßig tief unter der Erde beigesetzt. Die Beisetzung war also sehr aufwändig – ein weiteres Anzeichen für ihren hohen sozialen Status.

    Foto von M. Jung, TLDA, Weimar

    Vor allem das Becken, das vermutlich aus dem fränkischen oder oberitalienischen Raum stammt, zeigt den hohen Status der Frau – möglicherweise wurde es ihr als Gastgeschenk aus Italien oder Franken mitgegeben oder mitgebracht.

    Laut Tannhäuser zeigen die Funde etwas, das bereits aus westdeutschen Siedlungen dieser Periode bekannt ist: In der Merowingerzeit entwickelte sich langsam eine soziale Elite, die eine Gefolgschaft hatte und sich vom Rest der Gesellschaft abhob. „Daraus haben sich in der Folge dann irgendwann der Adel oder Clans entwickelt“, so Tannhäuser. Ausgezeichnet hat sich diese frühe Elite wohl vor allem durch ihren gesellschaftlichen Einfluss und ihre Verbindungen zu anderen Gruppen in Europa – wie auch in diesem Fall.

    Woran die Frau letztendlich gestorben ist und wie groß die Siedlung war, in der sie lebte, sollen künftige Untersuchungen zeigen.

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