8 Millionen Tonnen Plastik landen jährlich im Meer

Das entspricht fünf Einkaufstüten pro 30 Zentimeter aller weltweiten Küstenlinien.

Von Laura Parker
Veröffentlicht am 12. Apr. 2018, 17:46 MESZ
Plastiktüte
Im Meer vor den Philippinen treibt eine Plastiktüte. Der Plastikmüll im Meer schafft es sogar bis in die Tiefsee und das arktische Eis.
Foto von Keith A. Ellenbogen, Ap

Wissenschaftler haben eine neue Methode entwickelt, um zu messen, wie viel Plastikmüll im Meer schwimmt – und die Zahlen sind noch schlimmer als befürchtet.

2010 landeten acht Millionen Tonnen Plastikmüll von Küstenländern im Meer – weitaus mehr als die Gesamtmenge, die an der Oberfläche in den sogenannten „garbage patches“ oder Müllflecken treibt.

Das ist die schlechte Nachricht. Die noch viel schlechtere Nachricht ist, dass sich diese Zahl in den nächsten zehn Jahren verzehnfachen wird, wenn die Menschheit keinen Weg findet, um ihre Müllsammlung- und verwertung zu verbessern.

Die Ergebnisse sind Teil einer bahnbrechenden neuen Studie, die in “Science” veröffentlicht wurde und zum ersten Mal bemaß, wie viel Müll jedes Jahr in den Ozeanen landet.

Bisher konzentrierten sich die meisten Messungen zum Müll in den Meeren eher darauf, einzelne Probemengen an der Oberfläche der größten Müllflecke der Weltmeere auszuwerten. Eine Studie aus dem letzten Jahr resultierte beispielsweise in der Schätzung, dass an der Meeresoberfläche maximal 245.000 Tonnen schwimmen.

TOP 20 DER SCHLIMMSTEN VERSCHMUTZER

Die neue Studie identifiziert auch die größten Plastikmüllquellen und benennt die Top 20 der Länder, welche die größte Menge an Müll erzeugen, die schließlich im Meer landet. China ist auf Platz 1, die USA auf Platz 20. Auf der Liste sind auch 11 asiatische Länder, die Türkei, fünf afrikanische Länder sowie Brasilien vertreten.

BELIEBT

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    Die Grafik zeigt, von welchen Ländern aus jährlich der meiste Müll ins Meer gelangt. Dabei wird die Gesamtmenge berücksichtigt, nicht die Pro-Kopf-Menge. Bangladesch ist mit 867.879 Tonnen insgesamt zum Beispiel auf Platz 10, wäre aber mit 157 Kilogramm pro Kopf auf Platz 187. Dänemark hingegen ist mit einer Gesamtmenge von 1.974 Tonnen auf Platz 143, wäre aber mit 854 Kilogramm pro Kopf auf Platz 19.
    Foto von <p class="block">NG Staff; J. L. Wang. Source: Science</p>

    Obwohl die USA ebenso wie Deutschland ein hochentwickeltes System zur Müllsammlung haben, sind sie aus zwei Gründen in den Top 20 gelandet: Sie haben eine große, dichte Küstenpopulation und haben als reiche Nation einen großen Verbrauch von Konsumgütern.

    “Wir haben uns die andere Seite der Gleichung angesehen – das, was aus der Leitung kommt, anstatt dem, was schon in der Badewanne schwimmt”, sagt Kara Lavender Law. Die Ozeanografin der Sea Education Association in Woods Hole, Massachusetts, hat an dem Bericht mitgeschrieben.

    “Die Diskrepanz ist gewaltig: 20 bis 2.000 Mal größer als die Spanne an Schätzungen zum schwimmenden Müll. Das ist ziemlich schockierend, besonders, wenn man berücksichtig, welche Menge in einem einzigen Jahr im Meer landet, und dass die aktuell gezählte Menge seit 50 Jahren da reinwandert.“

    Acht Millionen Tonnen können sehr abstrakt wirken, daher hat Jenna Jambeck von der Universität von Georgia einen greifbaren Vergleich aufgestellt. Die Umweltingenieurin und Studienleiterin sagt, dass man die Menge auf fünf Einkaufstüten Müll pro 30 Zentimeter entlang aller weltweiten Küstenlinien umrechnen kann.

    “Und 2025 werden aus diesen fünf Einkaufstüten voller Plastik zehn geworden sein”, warnt sie.

    Das wären dann 155 Millionen Tonnen pro Jahr, sofern sich an dem aktuellen Umgang mit dem Müll nichts ändert.

    PLASTIK, ÜBERALL PLASTIK

    Jambeck und ihr Team rechneten die Bevölkerungszahlen und wirtschaftlichen Daten von 192 Küstenländern am Atlantik, Pazifik und Indischen Ozean sowie dem Schwarzen und dem Mittelmeer zusammen. Insgesamt erzeugten diese Länder jährlich 275 Millionen Tonnen Müll, von denen 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen im Meer landeten. Das sind nur 2 bis 5 Prozent der Gesamtmenge an Müll, die in diesen Ländern erzeugt wird.

    Die Nutzung von Plastik als Verbrauchsgut hat stetig zugenommen, und seit der Einführung des Materials als Massenware vor einem halben Jahrhundert ist auch die Produktion konstant angestiegen. 2012 wurden weltweit beispielsweise 288 Millionen Tonnen Plastik produziert.

    Das Plastik, das im Meer landet, wurde schon so gut wie überall entdeckt: Man hat Spuren davon in der Tiefsee und im arktischen Eis gefunden. Etwa 700 Arten von Meereslebewesen fressen Teile des Mülls absichtlich oder unabsichtlich, aber in jedem Fall mit schlimmen Folgen.

    Die aktuelle Studie hat aber auch eine neue große Frage aufgeworfen: Da die Lücke zwischen der Menge an der Oberfläche und der Menge, die tatsächlich ins Meer gerät, so groß ist, müssen die Wissenschaftler nun herausfinden, wo und in welchen Mengen sich der Rest sammelt.

    “Jetzt müssen wir diese Lücke schließen“, sagt Richard Thompson, ein Meeresbiologe der Universität von Plymouth im Vereinigten Königreich.

     

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