8 Millionen Tonnen Plastik landen jährlich im Meer
Das entspricht fünf Einkaufstüten pro 30 Zentimeter aller weltweiten Küstenlinien.
Wissenschaftler haben eine neue Methode entwickelt, um zu messen, wie viel Plastikmüll im Meer schwimmt – und die Zahlen sind noch schlimmer als befürchtet.
2010 landeten acht Millionen Tonnen Plastikmüll von Küstenländern im Meer – weitaus mehr als die Gesamtmenge, die an der Oberfläche in den sogenannten „garbage patches“ oder Müllflecken treibt.
Das ist die schlechte Nachricht. Die noch viel schlechtere Nachricht ist, dass sich diese Zahl in den nächsten zehn Jahren verzehnfachen wird, wenn die Menschheit keinen Weg findet, um ihre Müllsammlung- und verwertung zu verbessern.
Die Ergebnisse sind Teil einer bahnbrechenden neuen Studie, die in “Science” veröffentlicht wurde und zum ersten Mal bemaß, wie viel Müll jedes Jahr in den Ozeanen landet.
Bisher konzentrierten sich die meisten Messungen zum Müll in den Meeren eher darauf, einzelne Probemengen an der Oberfläche der größten Müllflecke der Weltmeere auszuwerten. Eine Studie aus dem letzten Jahr resultierte beispielsweise in der Schätzung, dass an der Meeresoberfläche maximal 245.000 Tonnen schwimmen.
TOP 20 DER SCHLIMMSTEN VERSCHMUTZER
Die neue Studie identifiziert auch die größten Plastikmüllquellen und benennt die Top 20 der Länder, welche die größte Menge an Müll erzeugen, die schließlich im Meer landet. China ist auf Platz 1, die USA auf Platz 20. Auf der Liste sind auch 11 asiatische Länder, die Türkei, fünf afrikanische Länder sowie Brasilien vertreten.
Obwohl die USA ebenso wie Deutschland ein hochentwickeltes System zur Müllsammlung haben, sind sie aus zwei Gründen in den Top 20 gelandet: Sie haben eine große, dichte Küstenpopulation und haben als reiche Nation einen großen Verbrauch von Konsumgütern.
“Wir haben uns die andere Seite der Gleichung angesehen – das, was aus der Leitung kommt, anstatt dem, was schon in der Badewanne schwimmt”, sagt Kara Lavender Law. Die Ozeanografin der Sea Education Association in Woods Hole, Massachusetts, hat an dem Bericht mitgeschrieben.
“Die Diskrepanz ist gewaltig: 20 bis 2.000 Mal größer als die Spanne an Schätzungen zum schwimmenden Müll. Das ist ziemlich schockierend, besonders, wenn man berücksichtig, welche Menge in einem einzigen Jahr im Meer landet, und dass die aktuell gezählte Menge seit 50 Jahren da reinwandert.“
Acht Millionen Tonnen können sehr abstrakt wirken, daher hat Jenna Jambeck von der Universität von Georgia einen greifbaren Vergleich aufgestellt. Die Umweltingenieurin und Studienleiterin sagt, dass man die Menge auf fünf Einkaufstüten Müll pro 30 Zentimeter entlang aller weltweiten Küstenlinien umrechnen kann.
“Und 2025 werden aus diesen fünf Einkaufstüten voller Plastik zehn geworden sein”, warnt sie.
Das wären dann 155 Millionen Tonnen pro Jahr, sofern sich an dem aktuellen Umgang mit dem Müll nichts ändert.
PLASTIK, ÜBERALL PLASTIK
Jambeck und ihr Team rechneten die Bevölkerungszahlen und wirtschaftlichen Daten von 192 Küstenländern am Atlantik, Pazifik und Indischen Ozean sowie dem Schwarzen und dem Mittelmeer zusammen. Insgesamt erzeugten diese Länder jährlich 275 Millionen Tonnen Müll, von denen 4,8 bis 12,7 Millionen Tonnen im Meer landeten. Das sind nur 2 bis 5 Prozent der Gesamtmenge an Müll, die in diesen Ländern erzeugt wird.
Die Nutzung von Plastik als Verbrauchsgut hat stetig zugenommen, und seit der Einführung des Materials als Massenware vor einem halben Jahrhundert ist auch die Produktion konstant angestiegen. 2012 wurden weltweit beispielsweise 288 Millionen Tonnen Plastik produziert.
Das Plastik, das im Meer landet, wurde schon so gut wie überall entdeckt: Man hat Spuren davon in der Tiefsee und im arktischen Eis gefunden. Etwa 700 Arten von Meereslebewesen fressen Teile des Mülls absichtlich oder unabsichtlich, aber in jedem Fall mit schlimmen Folgen.
Die aktuelle Studie hat aber auch eine neue große Frage aufgeworfen: Da die Lücke zwischen der Menge an der Oberfläche und der Menge, die tatsächlich ins Meer gerät, so groß ist, müssen die Wissenschaftler nun herausfinden, wo und in welchen Mengen sich der Rest sammelt.
“Jetzt müssen wir diese Lücke schließen“, sagt Richard Thompson, ein Meeresbiologe der Universität von Plymouth im Vereinigten Königreich.
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