Kulinarisches Porto: das Reiseziel für Feinschmecker

Mit einer neuen Attraktion für Weinliebhaber und zahlreichen Spitzenrestaurants gehört die zweitgrößte Stadt Portugals auf die Bucket List jedes Feinschmeckers.

Von Audrey Gillan
Veröffentlicht am 14. Sept. 2022, 11:37 MESZ
Mit einer neuen Attraktion für Weinliebhaber und zahlreichen Spitzenrestaurants gehört die zweitgrößte Stadt Portugals auf die ...

Mit einer neuen Attraktion für Weinliebhaber und zahlreichen Spitzenrestaurants gehört die zweitgrößte Stadt Portugals auf die Bucket List jedes Feinschmeckers.

Foto von Nick Karvounis / Unsplash.com

Wenn Sie den Wein im Mund haben, bewerten Sie die Geschmacksrichtungen – bitter, süß, sauer –, beim Schlucken das Brennen und den Nachgeschmack. Wie lange verbleibt das Aroma in der Kehle? Das Bittere sind die Gerbstoffe, sie verursachen ein Kribbeln im Zahnfleisch und auf der Zunge. Die Süße ist der Restzucker. Und je höher der Säuregehalt des Weins ist, desto mehr Speichel fließt.“ Die Weinverkostung, an der ich gerade teilnehme, ist eine ganz besondere – nämlich ein Teil der Tour durch die neue World of Wine (WoW) in Porto. Die erklärte Aufgabe des „Kulturzentrums im historischen Herzen der Portweinindustrie“: Wein zu entmystifizieren.

Hinter der Vision, ein ganzes Viertel mit touristischen Attraktionen für Porto zu schaffen, steckt Adrian Bridge. 2021 wurde sein Projekt nach sieben Jahren Bauzeit vollendet, jetzt sitzt Adrian auf einer Terrasse in Vila Nova de Gaia, umgeben von sechs Museen, Restaurants, Bars, Geschäften – und der Weinschule. „Wir wollten diese schöne Gegend erhalten. Das Aussehen der Stadt nicht verändern, sondern ihr eine Aufgabe geben“, erklärt er. In den historischen Häusern der Stadt Vila Nova de Gaia, südlich des Flusses Douro, direkt gegenüber von Porto, lagerten früher die Fässer mit Portwein, die von den Weinbergen flussaufwärts mit Lastkähnen angeliefert wurden. Doch bei WoW findet nicht nur der berühmte Port Beachtung, sondern Wein aus aller Welt.

​Porto: Kulinarisches Erwachen

Außerdem können Besucher etwas über die Herstellung von Schokolade – von der Bohne bis zur Tafel – erfahren, über die Verwendung von Korken sowie über die Geschichte Portos und Portugals Norden, seine Kultur und seine Menschen. Das Ziel ist, den Besuchern mehr zu bieten als nur eine Tour von Portweinkeller zu Portweinkeller. Adrian ist nicht allein mit seiner Mission – die Eröffnung von WoW passt zu der Transformation der Stadt und ihrer Umgebung, die sich im Laufe des letzten Jahrzehnts vollzogen hat. Als ich Porto vor sieben Jahren zuletzt besuchte, war die Küche der Stadt deftig und schwer – berühmt für Kuttelsuppen und ein Fleisch-Käse-Sandwich namens Francesinha.

Pedro Lemos, dessen gleichnamiges Restaurant einen der beiden MichelinSterne der Stadt trug, erzählte mir damals von der bedauerlichen lokalen Vorliebe für Quantität statt Qualität. Heute gibt es in Porto und Umgebung vier Sterne-Restaurants – zwei davon haben sogar zwei Sterne. Und viele weitere sind auf dem besten Weg zu ähnlichen kulinarischen Höhenflügen. In Pedros Restaurant in einer Seitenstraße des kleinen Küstenortes Foz do Douro im Westen Portos treffe ich mich mit dem Chefkoch. Er beschreibt das Jahr vor der Pandemie als einen goldenen Moment für die kulinarische Szene der Stadt.

„Im Jahr 2019 boomte Porto. Alle waren unterwegs, und wir hatten das Gefühl, wieder in einer internationalen Stadt zu sein. Während Portugals Zeitalter der maritimen Entdeckungen im 15. und 16. Jahrhundert waren wir überall und kauften alles – also gab es natürlich immer Einflüsse aus anderen Ländern. Aber ich möchte auch meine Vision von echter portugiesischer Küche weitergeben, deshalb habe ich auf jeder Speisekarte auch mindestens ein traditionelles Gericht stehen.“ Er serviert eine Variante von Rancho à Minhota, einem Eintopf mit geräucherter Wurst, Rindfleisch, Kartoffeln, Nudeln und Kichererbsen. Es ist keine üppige Mahlzeit, die den Magen für eine Seereise füllen würde, sondern eher eine sanfte Odyssee. Eine neue Erfahrung für mich, während meine Tischnachbarin – eine Einheimische – sich in die Küche ihrer Großmutter zurückversetzt fühlt. Zumindest in Bezug auf den Geschmack, wenn auch nicht die Zubereitungstechnik.

Die historischen Straßenbahnen Portos sind noch immer in Betrieb und gehören zu den beliebtesten Touristenattraktionen der Stadt.

Foto von Eugene Zhyvchik / Unsplash.com

Zurück im Zentrum, besuche ich das Restaurant Euskalduna. Chefkoch Vasco Coelho Santos, der in einigen der besten Küchen der Welt gekocht hat, versucht, den kulinarischen Zeitgeist auf den Punkt zu bringen – der mit Portos langjähriger Vorliebe für Entdeckungen, Einwanderung und Experimente eng verbunden ist. „Bis vor Kurzem ging es hier nur um Hamburger, Pizza und Francesinhas. Doch dank Menschen mit einem abenteuerlicheren Gaumen veränderte sich die Stadt. Ich habe dieses Restaurant vor fünf Jahren eröffnet, da war ich 28. Es zeigte vielen jungen Köchen, die genau so waren wie ich, dass sie etwas Neues einführen können und keine Angst haben müssen. Heute kommen viele Besucher nach Porto, nur weil sie eine Reservierung in diesen hervorragenden Restaurants haben.“

Das Euskalduna ist von der japanischen Omakase-Küche beeinflusst, bei der der Chefkoch auswählt, was serviert wird. Die Gäste sitzen um einen Tresen herum und unterhalten sich mit den Köchen, während diese die Gerichte zubereiten und den Wein einschenken. Vasco glaubt, dass portugiesische Restaurants vom MichelinSystem unterbewertet werden. „Die regionalen Inspektoren konzentrieren sich zu sehr auf Spanien“, sagt er. „Das ist unfair.“ Beim Verzehr seines Degustationsmenüs habe ich keinen Zweifel daran, dass die Auszeichnungen auf dem Weg sind.

​Nicht länger die kleine Schwester Lissabons

Almeja ist ein weiteres Restaurant in Porto an der Schwelle zum Ruhm. Chefkoch João Cura präsentiert ein Menü, das von seinen Reisen nach Indien beeinflusst, aber gleichzeitig eine Hommage an seine Kindheit ist. Bei meinem Besuch beginnt das Zehn-Gänge-Menü mit einem Gemüsecurry-Samosa, bei dem João mit der portugiesischen Vorliebe für Zimt im Gebäck spielt, den Abschluss bildet ein Dessert aus süßer Currycreme, Mangotartar, Kokosnusseis und gewürzten Kokosstreuseln. „Vor etwa fünf Jahren begann sich das Essen in Porto wirklich zu verändern“, erklärt João. „Davor ahmten junge Köche, die in Küchen auf der ganzen Welt gearbeitet hatten, nach, was sie dort gelernt hatten. Aber dann wurde uns klar, dass wir mit unseren traditionellen Rezepten, unseren Reisen und unserem Können etwas Eigenes schaffen können.

Auch die Gäste änderten sich in Bezug auf ihre Essgewohnheiten – sie legten nun mehr Wert auf Qualität als auf Quantität. Und natürlich hat auch der Tourismusboom ein wenig geholfen“, fügt er hinzu. Porto, die Stadt, deren Ursprünge bis zu den Kelten und Römern zurückreichen, verfügt heute über sechs große Brücken, die ihren Fluss überspannen – und nimmt nach Covid wieder Fahrt auf. Sie ist nicht länger nur die kleine Schwester von Lissabon oder die „Stadt der Bischöfe und Bürger“, wie sie einst genannt wurde. Sondern ein pulsierender Ort, an dem gutes Essen und Wein eine wichtige Rolle spielen. „Heinrich der Seefahrer, einer der großen Eroberer Portugals, lebte in einem Haus gleich dort drüben“, erzählt Adrian Bridge und zeigt von WoW aus auf die andere Seite des Douro. „Jetzt kommen neue Abenteurer auf der Suche nach Entdeckungen zu uns.“

BELIEBT

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    Foto von National Geographic

    Dieser Artikel erschien in voller Länge im National Geographic Traveler 4/22 mit vielen weiteren Tipps zu Porto. Verpassen Sie keine Ausgabe mehr: Sichern Sie sich die nächsten 2 Ausgaben zum Sonderpreis!

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