Kulinarischer Geheimtipp Slowenien: Drei Empfehlungen für Genießer

Von Maribor bis zur schokoladenverliebten Stadt Radovljica: Eine Reise durch den Norden des Landes bietet herzhafte traditionelle Gerichte, süße Köstlichkeiten und Dessertweine von Weltklasse.

Von James March
Veröffentlicht am 30. Nov. 2023, 21:16 MEZ
Marzipanpralinen beim Schokoladenfestival in Radovljica

Auf dem jährlich stattfindenden Schokoladenfestival in Radovljica präsentieren Aussteller ihre Köstlichkeiten, darunter diese Marzipanpralinen.

Foto von Jens Lambert / Shutterstock.com

Tipp 1: Kulinarik in Maribor

„Ist hier jemand aus Schweden?“, fragt Küchenchef David Vračko und löst damit nervöses Gelächter und verwirrte Blicke im Speisesaal aus. Ein paar Minuten später stellt er einen Lautsprecher auf den kleinen Tisch in der Mitte des Raums. Das dröhnende Klavier und der Gesang von Abbas „Chiquitita“ erfüllen bald den Raum, während die Kellner sich im Takt der Musik einreihen und pflichtbewusst Bananensorbets servieren. Dieses kulinarische Spektakel findet in Vračkos Restaurant Mak statt, das an einer unscheinbaren, schwach beleuchteten Straßenecke in der slowenischen Stadt Maribor liegt. Das Essen dauert bereits drei Stunden, und erst jetzt wird das Dessert serviert. Vračko ist bärtig, sein langes braunes Haar hat er zurückgebunden. Über seiner Schulter hängt stets ein verblichenes blaues Handtuch. Eine etwas zerzauste Erscheinung. Nachdem er zehn Jahre lang sein Handwerk im Ausland gelernt hatte, kehrte er 2011 nach Maribor zurück, um das Mak zu eröffnen – das seither mehrere Auszeichnungen erhalten hat, darunter den Michelin-Teller.

Tipp 2: Traditionelle Küche mit Blick in die Berge

Vračkos theatralische und unbestreitbar unterhaltsame Auffassung von gutem Essen ist das Finale meiner Reise durch den Norden Sloweniens, eine filmreife Landschaft mit weiten Hochebenen, wogenden Weizenfeldern, grünen Tälern und dicht bewaldeten Bergen. Das kleine Land mit zwei Millionen Einwohnern, das 1992 unabhängig wurde und zu etwa 60 Prozent von Wald bedeckt ist, hat sich in Sachen Nachhaltigkeit einen Namen gemacht. Es ist ein beliebtes Ziel bei Outdoor-Fans: im Sommer für Wanderungen und Kajakfahrten, im Winter für Ski- und Snowboardtouren in den Bergen des Triglav-Nationalparks im Norden des Landes. Nicht weit davon entfernt, auf dem knapp 850 Meter hohen Berg Jošt, werfe auch ich meine ersten Blicke auf die bukolische Landschaft.

Pr’Končovc, ein Bauernhof mit Restaurant, geführt von der Familie Kristan, liegt hoch in den Hügeln mitten im dichten Buchenwald, durch den sich verschlungene Pfade ziehen. Es ist ein feuchter Sommernachmittag, und ich werde zu einem großen geschnitzten Holztisch am Rande eines gefährlich aussehenden Abhangs geführt. Unten breitet sich die Stadt Kranj aus. Nur das Gezwitscher der Vögel durchbricht die Stille, während ich köstlichen Kalbseintopf und dicke Buchweizengrütze serviert bekomme. „Das hätten die Menschen hier vor, sagen wir 200 Jahren auch gegessen“, erklärt mein Guide Jure Ausec, während ich den Blick schweifen lasse. 

Die herzhafte Suppe mit den gelegentlichen süßen Zwiebelstücken ist ebenso eindrucksvoll wie die Aussicht. „Meine Großmutter macht das immer noch“, sagt Jure und lächelt. Ich bin fast überzeugt, dass das auch auf die saftigen Rehstücke zutrifft, die noch folgen, ebenso wie die traditionelle Potica-Nuss-Rolle, gefüllt mit pikanten Feigen und Walnüssen. „In den Bergen schmeckt alles besser“, verkündet Jure, als wir aufbrechen, und ich kann ihm nur zustimmen – auch wenn mir die aufziehenden grauen Wolken und ein entferntes Donnergrollen zu denken geben.

Tipp 3: Auf nach Radovljica, die süßeste Stadt der Welt

Eine 30-minütige Fahrt später erreichen wir die kleine mittelalterliche Stadt Radovljica an den Ausläufern der Julischen Alpen. Die verführerischen Ufer des Bleder Sees sind nur einen Steinwurf entfernt. Radovljica behauptet, die „süßeste Stadt der Welt“ zu sein – das bezieht sich sowohl auf ihre historische Tradition der Bienenzucht und Honigproduktion als auch auf ihre Besessenheit von Schokolade. Und niemand verkörpert den süßen Zahn der Stadt mehr als Nataša Mikelj. Früher war sie Direktorin des örtlichen Fremdenverkehrsamtes, doch während der Pandemie beschloss sie, zusammen mit ihrem Mann Gregor ein Schokoladengeschäft zu eröffnen: Radol’ca Chocolate. „Wir sind nicht mehr jung, aber unser Motto lautet: ‚Es ist nie zu spät‘“, erklärt sie mir, während ich Reihe um Reihe von Pralinen und Likören durchstöbere. 

„Es war keine leichte Entscheidung, denn wir mussten unsere Jobs aufgeben und haben auch Kinder. Jetzt sehen mich die Einheimischen draußen beim Fensterputzen und denken: ‚Warst du nicht mal Direktorin?‘ Aber wenn ich gewusst hätte, dass dieses Leben so gut ist, hätte ich es schon viel früher gemacht.“ Sie reicht mir einen delikaten Trüffel mit Kastanienhonig und Pollen in typisch slowenischer Manier, der genauso sirupartig-zart ist wie der Spitzname der Stadt. In Radovljica findet auch ein jährliches Schokoladenfestival statt, und hinter der dekorativen Fassade des Schlosses Radovljica aus dem 18. Jahrhundert versteckt sich ein Museum, das der Bienenzucht gewidmet ist – eine Praxis, die fest zum nationalen Bewusstsein gehört.

National Geographic Traveler 4/23

Foto von National Geographic

Dieser Artikel erschien in voller Länge und mit vielen weiteren kulinarischen Tipps zu Slowenien im NATIONAL GEOGRAPHIC TRAVELER 4/23. Verpassen Sie keine Ausgabe mehr: Sichern Sie sich die nächsten 2 Ausgaben zum Sonderpreis!

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