Hotel Le Negresco: Eine kulturelle Oase in Nizza

Seit 1913 vereint das Hotel Le Negresco in Nizza Kunst, Geschichte und Luxus. Berühmtheiten wie Salvador Dalí und Königin Elizabeth II. erlebten schon die einzigartige Atmosphäre, die geprägt von der Vision einer außergewöhnlichen Besitzerin ist.

Von Anna-Kathrin Hentsch
Veröffentlicht am 1. Okt. 2024, 16:57 MESZ
Le Negresco Promenade Aufmacher

Das Hotel Le Negresco liegt direkt an der berühmten Uferpromenade „Promenade des Anglais“ in Nizza und zählt zu den bedeutendsten historischen Hotels Europas. Die imposante Architektur der Belle Époche bietet seit über 100 Jahren Gästen ein Zuhause.

Foto von Gregoire Gardette

Den ersten Blick wirft man am besten von der Strandpromenade auf das Hotel Le Negresco in Nizza: Eingerahmt vom Weiß der Sonnenschirme, dem Blau des Himmels und Azur des Mittelmeers, erhebt sich dieser majestätische Palast der Belle Èpoche, der seit seiner Eröffnung im Januar 1913 mehr als nur ein Luxushotel ist. Das Le Negresco ist eine Art lebendiges Museum und ein Ort, an dem man sich seit über einem Jahrhundert zum kreativen Austausch trifft.

Dabei ist es egal, ob man sich zu den Aristokraten, Berühmtheiten oder Normalbürgern zählt – dem einzigartigen Charme dieses historischen Hotels kann man sich nicht entziehen. Denn die Kulturgeschichte ist tief in die Gemäuer gesickert.

Fantastische Architektur aus der Belle Époque 

Das Hotel Le Negresco liegt direkt an der Uferpromenade „Promenade des Anglais“ in Nizza und zählt zu den bedeutendsten historischen Hotels Europas. Als architektonisches Meisterwerk symbolisiert es den Glanz der Belle Époque, seine Zimmer beherbergten nicht nur Könige, Prominente und Künstler*innen, sondern seine Räume etablierten sich auch als lebendiger Kunsttempel.

Die Entwicklung des Hotels ist untrennbar mit seiner jahrelangen Besitzerin Jeanne Augier und ihres Ehemanns Paul verbunden, die das Negresco seit der Übernahme im Jahr 1957 zu einem einzigartigen Kulturzentrum formten und deren Vision sich bis heute durch das Erbe des Hotels zieht.

Doch erbaut wurde das Le Negresco mehr als 50 Jahre vor der Übernahme durch die Familie Augier: Der rumänische Hotelier Henry Negresco (1868–1920) plante mit liquiden Finanziers und dem niederländischen Architekten Édouard Niemans (1859–1928) ein Luxushotel – mit dem Ziel, den Königshäusern und der Elite Europas einen prunkvollen Rückzugsort an der Côte d'Azur zu bieten. 

Auf dieser historischen Aufnahme der Uferpromenade „Promenade des Anglais“ in Nizza ist hinten links das Hotel Le Negresco zu sehen.

Foto von Giletta

Der Plan des Hoteliers ging architektonisch und finanziell auf: Die opulente Architektur des Hotels der Belle Époque, mit der ikonischen rosa Kuppel, die vom berühmten Ingenieur Gustave Eiffel gestaltet worden sein soll (nach einem Modell des Busens seiner Geliebten) zieht mit der Eröffnung im Jahr 1913 die High Society an. Zaren, Maharadschas und die europäische Aristokratie kamen, um in luxuriösem Ambiente zu entspannen. Im ersten Jahr nach der Einweihung konnte der Hotelier bereits 800.00 Goldfranken Gewinn zählen.

BELIEBT

    mehr anzeigen

    Mit der Eröffnung im Jahr 1913 zog das Hotel Le Negresco die High Society an: Zaren, Maharadschas, die europäische Aristokratie und Künstler*innen kamen zum Übernachten und zum kreativen Austausch.

    Foto von AFCEC

    Wende während der Weltkriege: Militärkrankenhaus und Hauptquartier der deutschen Armee 

    Doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs ein Jahr nach der Eröffnung des Hotels veränderte die Geschichte des Hauses – so wie die des Rests der Welt – dramatisch: Das elitäre Luxushotel wurde 1914 zu einem Militärkrankenhaus umfunktioniert. Der prachtvolle Kronleuchter im Ballsaal, das Symbol des Glanzes der Belle Époque, leuchtete nun auf Verwundete und Krankenschwestern herab, die im einst prunkvollen Festsaal nun das Leben von Soldaten retteten. 

    Als der Krieg zu Ende war, waren mit ihm auch alle wohlhabenden Kund*innen an der französischen Riviera verschwunden. Da die Entschädigungsverfahren zur Beseitigung der Schäden am Hotel sich langwierig und kompliziert gestalteten, musste der Hotelier Negresco bankrott anmelden und mit ihm das Hotel.

    Von 1920 bis 1957 gehörte das Hotel Le Negresco der belgischen Marquet-Gruppe, unter deren Führung man zumindest ein wenig an den ehemaligen Erfolg des Hotels anknüpfen konnte. Jedoch sorgte der Zweite Weltkrieg erneut für katastrophale Zustände und rückte das Hotel Negresco wiederholt in den Mittelpunkt der Geschichte. Deutsche Besatzer nutzten den schönen Bau als Hauptquartier der Wehrmacht an der Côte d'Azur, nachdem die Region 1943 unter deutsche Kontrolle gefallen war. 

    Eine Familie mit Vision: Comeback des Le Negresco

    Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich die Art zu reisen verändert: Statt aristokratischen Langzeitgästen und vermögenden Industriellen kamen Kurzzeit-Urlauber und Geschäftsreisende, was das Hotel in finanzielle Schwierigkeiten brachte. Die Marquet-Gruppe beschloss den Verkauf, um die Verluste auszugleichen.

    Madame Jeanne Augier führte das Hotel Le Negresco über 50 Jahre lang von ihrer Wohnung und dem Büro im obersten Stockwerk aus. Sie prägte den Status als kulturelles Zentrum und Luxushotel maßgeblich. 

    Foto von Hotel Negresco

    Das Schicksal sorgte dafür, dass die Familie Augier das Hotel übernehmen sollte: Jeanne war erst kürzlich mit ihren Eltern von der Bretagne zu ihrem Mann Paul Augier, einem Politiker und Geschäftsmann, nach Nizza gezogen. Nachdem ihr Vater Jean-Baptiste Mesnage, ein bretonischer Metzger und späterer Immobilienentwickler, einen finanziellen Rückschlag erlitten hatte, übernahm die 34-Jährige die Familiengeschäfte und suchte nach Immobilien, in die sich ein Investment lohnte. 

    Das glanzlose Hotel Le Negresco rückte vor allem in ihren Fokus, weil Jeannes Mutter nach einer missglückten Operation gelähmt und das Hotel der einzige Ort war, der über Aufzüge verfügte, die breit genug für ein Krankenbett waren. 

    So kam es, dass Jean-Baptiste Mesnage das Hotel im Jahr 1957 kaufte und in den kommenden acht Jahren mit Jeanne und ihrem Mann unermüdlich daran arbeitete, den alten Glanz des Le Negresco wiederzubeleben. Der 6. Stock des Hotels wurde zum Familienapartment umgebaut, die Glaskuppel im Salon Royal restauriert, über 3000 Kunstwerke in ganz Frankreich gekauft und zwei Restaurants eingerichtet – Le Chantecler (das heute mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist) und La Rotonde, das um ein Holzpferd-Karussell aus dem 18. Jahrhundert gebaut wurde. Dank der Vision der Familie florierte das Hotel ab den 1960er Jahren wieder, die Reichen und Berühmten kehrten an die Riviera zurück.

    Jeanne Augier als Hüterin der Kunst: Madame als Mäzenin

    Unter der Leitung von Jeanne Augier erlebte das Hotel Le Negresco seinen Wiederaufstieg und kehrte zu seinem Status als kulturelles Zentrum und Luxushotel zurück. Die prunkvollen Hallen und die Kunstwerke überdauerten die Krisenjahre und das Negresco blühte erneut auf, um Künstler, Könige und Kulturbegeisterte zu empfangen.

    Der Salon Royal mit seiner imposanten Glasdecke und dem Kristallleuchter ist das Herzstück des Hotel Le Negresco. Zwischen imposanten, wechselnden Kunstwerken können Gäste hier sitzen.

    Foto von Gregoire Gardette

    Die Vision seiner Besitzerin, die sie bis ins hohe Alter von ihrem Büro in der Kuppel aus umsetzte, prägt das Le Negresco bis heute entscheidend: Augiers Engagement über fünf Jahrzehnte für die Kunst und das Hotel als zweites Zuhause zu gestalten, sind bis heute spürbar. „Madame“ – wie man sie intern gerne nannte – kaufte nicht nur Kunstwerke für das Hotel, sondern förderte auch gezielt lokale Künstler. Aus Überzeugung verwandelte sie das Le Negresco in mehr als ein Luxushotel – es wurde ein „lebendes Museum“, in dem Gäste von Kunst und Geschichte umgeben sind; zu einem Ort, an dem Leben und Kultur miteinander verschmelzen.

    Heute beherbergt das Hotel über 6.000 Kunstwerke, barocke Skulpturen, moderne Installationen und Antiquitäten aus fünf Jahrhunderten französischer Geschichte, von denen die Familie Augier viele selbst sorgfältig auswählte. „Madame“ investierte dabei nicht nur in historische, sondern auch in zeitgenössische Kunst. Jedes Stockwerk des Hotels widmet sich einer anderen Epoche, jedes Zimmer erzählt seine eigene Geschichte. So wird der Aufenthalt zu einer kulturellen Zeitreise – für die Sinne und den Geist.

    Drinks zwischen Kunstschätzen: In der Bar des Hotel Le Negresco hängt unter anderem ein übergroßes Porträt des Sonnenkönigs, gemalt von Hyacinthe Rigaud. 

    Foto von Gregoire Gardette

    Seit ihrem Tod im Alter von 95 Jahren im Jahr 2019 wird Jeanne Augiers Erbe durch eine von ihr gegründete Stiftung fortgeführt. Daher arbeitet das Hotel Le Negresco bis heute eng mit lokalen Künstlern zusammen, fördert die Kunstszene, veranstaltet Workshops für Kinder und organisiert Ausstellungen. Es gehört weiterhin zum Konzept des Hauses, als Ort des kulturellen Austauschs Werke in öffentlichen Räumen auszustellen und Künstlern aus der Region zur Verfügung zu stellen. Die Zukunft des Hotels ist darauf ausgelegt, weiterhin ein Treffpunkt für kreative Köpfe und Kunstliebhaber zu sein – damit Kunst nicht nur bewundert, sondern gelebt wird.

    Die hauseigenen Werkstätten fertigen, passend zu dem Interieur und Farbkonzept der Räume, Textilien & Co.. Die Stofftapete hinter der historischen Lampe ist mit echten Goldfäden bestickt.

    Foto von Anna-Kathrin Hentsch

    So fertigt die hauseigene Schneiderei nach wie vor exklusive Kostüme und Textilien an, welche die Räume des Hotels schmücken. Die Werkstätte stellt eine Verbindung zwischen traditionellem Handwerk und Innovation her. Durch diese einzigartige Verbindung von Geschichte und Moderne wurde das Negresco vom französischen Staat mit dem Status eines „Lebenden Kulturerbes“ ausgezeichnet.

    Bei Gästen hinterlässt dieses ständige Eintauchen in Kunst und Historie einen fast unwirklichen Eindruck. Als hätte das Hotel die einzigartige Fähigkeit, jemanden gleichzeitig in eine vergangene Zeit zu versetzen und ihm dennoch das Gefühl zu geben, Teil dieser Geschichte zu sein. Schon beim Betreten wird man von der Atmosphäre eingesogen und fühlt sich als Teil der historischen Erzählung. Der Portier in seiner einzigartigen Uniform, einem napoleonischen Reiterkostüm im Stil des 19. Jahrhunderts, begrüßt die Gäste herzlich: "Willkommen in der Negresco-Familie".

    Und so wohnt man dann in der Geschichte, in der Architektur und Idee, Vergangenheit und Gegenwart zu einen. Wie klar die künstlerische Linie ist, sieht man zum Beispiel im neuen Spa des Hotel Le Negresco, das farblich, architektonisch und vom Interieur perfekt zwischen den Epochen balanciert. Als Symbiose zwischen dem alten und dem neuen Le Negresco bietet der Wellness-Bereich alle Annehmlichkeiten, die man von einem modernen Hotel erwartet, bleibt dem ursprünglichen Geist des Hauses aber treu. Denn plötzlich, auf dem Weg zum Pool, fällt ein kleines Gemälde ins Auge: ein echter Picasso. Und genau das macht das Le Negresco so besonders – diese ständige, fast absurde Verbindung von Luxus, Geschichte und Kunst. 

    Der neue Spabereich des Hotel Le Negresco zeigt, wie die Hotelstiftung das Konzept konsequent umsetzt: Zwischen modernen Elementen finden sich überall historische Kunstschätze – unter anderem ein echter Picasso.

    Foto von Gregoire Gardette

    Urlaubs-Tipp: Einen perfekten Ort, um über die fantastische Realität des Hotel Le Negresco nachzudenken und die Farbe des Mittelmeers bei einem Glas Rosé auf sich wirken zu lassen, bietet der neue Le Negresco Beach Club. Wer es lieber traditioneller mag, kommt in der historischen Bar des Hotels N Les Bars, mit ihrer originalen Walnussvertäfelung aus dem Jahr 1913 und dem atemberaubenden Wandteppich aus dem Jahr 1683, gedanklich zur Ruhe.

    Berühmten Gäste im Hotel Le Negresco

    Im Laufe der Jahrzehnte beherbergte das Hotel Le Negresco zahlreiche prominente Gäste, darunter Ernest Hemingway, Coco Chanel, Marlene Dietrich und die britische Königsfamilie. Auch Stars wie Elton John, Sophia Loren, Frank Sinatra, Montserrat Caballé, die Beatles, Pablo Picasso und Salvador Dalí übernachteten bereits in den luxuriösen Suiten des Hotels. 

    Besonders bekannt ist die „Chambre Parisienne“, das Zimmer 318, welches seit den 1950er Jahren unter anderem Gäste wie die britische Königin Elizabeth II., den Jazzmusiker Louis Armstrong und den surrealistische Maler Salvador Dalí beherbergt hat. Alle Zimmer werden seither von den Polsterern der Compagnons du Devoir (einer Gilde der Handwerksberufe) und einem hauseigenen Polsterer gepflegt und renoviert.

    Jedes Stockwerk des Hotel Le Negresco behandelt stilistisch eine andere künstlerische Epoche. Alle Zimmer und Suiten sind einzigartig eingerichtet – wie hier im Stil des Art déco.

    Foto von Anthony Lanneretonne

    Diese illustren Besucher*innen trugen nicht nur zum glamourösen Ruf des Le Negresco bei, sondern hinterließen auch bleibende Spuren als Geschichten im Haus – so soll sich Michael Jackson einen eigenen Tanzraum einrichten haben lassen. Viele der Suiten tragen die Namen ihrer berühmten Gäste. Vielleicht – wenn man genau hinhört (und hinschaut) – erzählen die Gemäuer und Kunstwerke von diesen Begegnungen, von den Gesprächen, Ideen und Träumen der Bewohner*innen. 

    Schlafen wie eine Königin: Die Suite „Marie-Antoinette“ ist nach der Ehefrau des Sonnenkönigs Ludwig XVI. benannt. Inmitten der Kunst, den historischen Möbeln und modernen Stoffen wird klar, dass die Vision von einem lebendigen Museum als Hotel aufgegangen ist.

    Foto von Gregoire Gardette

    Hotel Le Negresco in Nizza: Ein Urlaubsort der Kunst und Emotionen

    Kunst bleibt im Hotel Le Negresco also weiterhin nicht einfach nur Dekoration, sondern ein lebendiger Bestandteil des Hotelbetriebs. Und so passiert es, dass man – wie im Museum – versucht ein Foto vom Le Negresco zu schießen und feststellen muss, dass seine Magie sich so nicht einfangen lässt. Denn dieses Hotel steckt voll historischer Persönlichkeit und die ist vielmehr ein Gesamterlebnis, als ein Fotomotiv: Ein historisches Gefühl, das man in der Realität besuchen kann. 

    Cover National Geographic Traveler 5/24

    Foto von National Geographic

    Weitere fantastische Hotel- und Reisetipps gesucht? Die finden Sie im NATIONAL GEOGRAPHIC Traveler 5/24. Verpassen Sie keine Ausgabe mehr: Sichern Sie sich die nächsten 2 Ausgaben zum Sonderpreis!  

    loading

    Nat Geo Entdecken

    • Tiere
    • Umwelt
    • Geschichte und Kultur
    • Wissenschaft
    • Reise und Abenteuer
    • Fotografie

    Über uns

    Abonnement

    • Magazin-Abo
    • TV-Abo
    • Bücher
    • Disney+

    Folgen Sie uns

    Copyright © 1996-2015 National Geographic Society. Copyright © 2015-2024 National Geographic Partners, LLC. All rights reserved