Trondheim kulinarisch: Ein unvergessliches 20-Gänge-Menü

Unberührte Fjorde und fruchtbare Wälder rund um die norwegische Stadt liefern beste lokale Produkte. Eine neue Generation von Köchinnen und Produzenten setzt auf die reichen, natürlichen Ressourcen der Region.

Von Jessica Vincent
Veröffentlicht am 18. Dez. 2024, 09:17 MEZ
Blick auf Trondheim, Norwegen

Blick auf Trondheim, Norwegen

Foto von Michelle Raponi / Pixabay.com

Es ist fast Mitternacht, aber es kommen immer weitere Gerichte. Wandersaibling mit Pfifferlingen und Pflaumen. Gewürzter Seeteufel mit geräucherten Farnspitzen. Languste nach Yakatori-Art. Ich bin längst satt, aber Rhabarbersorbet, Eis aus Frischmilch und Petit Fours stehen noch aus. Nicht nur das norwegische Sommerlicht scheint zu vorgerückter Stunde, auch das ambitionierte 20-Gänge-Menü im Credo – einem von drei Restaurants in Trondheim, die in den letzten Jahren mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet worden sind – bietet den langen Genuss.

Zum Auftakt vor einigen Stunden gab es Seetang- und Austerntörtchen im Zwischengeschoss des Restaurants, weiter ging es in der ehemaligen Molkerei in einem minimalistischen Saal. „Als ich 1998 das Credo eröffnete, wussten die Köche hier nicht, was sie mit Jakobsmuscheln oder Langusten machen sollen“, sagt die erste weibliche Sterneköchin Norwegens, Heidi Bjerkan, die ihre Leidenschaft für Nahrungsmittel bereits als Kind beim Fischen mit ihrem Großvater entdeckt hat.

Ein neuer Blick auf regionale Küche

Noch vor einem Jahrzehnt gab es in Norwegens drittgrößter Stadt mehr Kebab-Lokale als einheimische Küche. Trotz seiner Wälder, lachsreichen Fjorde und Hunderten von Familienbetrieben in der umliegenden Provinz Trøndelag verlor das fastfoodverliebte Trondheim seine besten Köche und Produkte an Sternerestaurants in Oslo. Aber dank Heidi und anderen Pionieren nimmt die Wertschätzung für regionales Essen und die gehobene nordische Küche in der ehemaligen Wikinger-Hauptstadt zu.

„Die Pandemie hat diese Stadt verändert“, sagt Heidi, als sie mir die Kochschule und den Gemeinschaftsgarten des Restaurants zeigt, ein Projekt, das die nächste Generation von Köchen ermutigen soll, selbst Lebensmittel anzubauen. „Wir Norweger schätzen inzwischen, was wir vor unserer Haustür haben, und verstehen, wie wichtig nachhaltige Ernährung ist. Die Menschen sind jetzt bereit, für gutes Essen zu zahlen.“

Von der Stadt aufs Land: Kulinarische Erlebnisse auf Skjølberg Søndre

Mit dem süßen Geschmack von Waffeln und Pflaumenkompott auf der Zunge fahre ich am Trondheimfjord entlang zu Skjølberg Søndre. Der Milchviehbetrieb des Ehepaars Carl Erik Skjølberg und Elin Östlund ist nur eine Stunde von den hippen Cafés und Designerläden der Stadt entfernt, aber es fühlt sich an wie eine andere Welt: Bauernhäuser mit Torfdächern ragen aus gelben und violetten Wildblumenwiesen hervor; Schafe und Kühe weiden auf grünem Gras vor schneebedeckten Bergen.

„Als Kind war ich von der dunklen Erde in den Wäldern hier fasziniert“, sagt Carl Erik, als wir den Kräutergarten und Kompostkeller besichtigen. „Ich konnte nicht verstehen, warum die Landwirte sie nicht für den Gemüseanbau nutzten. Also habe ich mir zu meinem 14. Geburtstag einen Sack Erde gewünscht, um Karotten anzubauen. Seitdem bin ich begeistert vom Boden von Trøndelag.“ Er erklärt, dass dunkler Boden in der Regel bedeutet, dass er auf natürliche Weise (mit Kompost) gedüngt wurde und reich an Nährstoffen ist.

Elin und Carl Erik liefern nicht nur viele der Zutaten für das Credo, sie bieten auch Kulinarikerlebnisse und Workshops zu biodynamischer Landwirtschaft an. Wir setzen uns auf mit Schafsfell bezogene Stühle im ältesten Gebäude von Skjølberg Søndre, ein rot gestrichenes Holzhaus aus dem 17. Jahrhundert, in dem einst Fleisch gepökelt wurde. Der Holzofen knistert, während wir das von Elin frisch zubereitete Mittagessen verspeisen: warme Fladenbrote mit sanft gegartem Pulled Pork, eingelegten roten Zwiebeln, Meerrettich und Salat.

„Wenn wir die Verbindung zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen und Boden verstehen wollen, müssen wir die Landwirtschaft mit dem Erlebnis des Essens verbinden. Das ist die wahre Bedeutung von Farm-to-Table“, sagt Carl Erik beim abschließenden großartigen Rhabarber-Crumble samt hausgemachtem Kombucha.

Cover National Geographic Traveler 6/24

Cover National Geographic Traveler 6/24

Foto von National Geographic

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