Papua-Neuguinea – Leben mit dem Vulkan

Die Fotografin Ulla Lohmann liebt Vulkane, der aktive Tavurvur auf der Halbinsel Matupit hat es ihr besonders angetan. Ein ganz persönlicher Reisetipp!

Von Ulla Lohmann
Foto von Ulla Lohmann

Der Vulkan fauchte und stieß dicke Rauchsäulen in die Luft. Nichts Ungewöhnliches für die Jungen aus Matupit. Wie jeden Nachmittag kamen sie zu ihrer Badestelle auf der Halbinsel, nur einen Kilometer vom Tavurvur entfernt. Sie tollten im Wasser herum und quietschten vergnügt – ein Moment purer Lebensfreude vor dem Feuerberg, der ihren Alltag prägt. Viele der Jungen kannte ich schon als Babys. Der Tavurvur hatte mich 2001 nach Papua-Neuguinea gelockt. Inzwischen war ich bestimmt zwanzig Mal dort, und die Menschen in Matupit sind zu Freunden geworden.

Ich liebe Vulkane , mich fasziniert die zerstörerische Kraft, die sie in sich bergen – und dass sie neues Leben spenden. Als ich acht Jahre alt war, sah ich die Mumien von Pompeji am Fuße des Vesuv, seither lassen mich die Feuerberge nicht mehr los. Ein Vulkan ist für mich wie ein Auge, durch das ich in das Herz der Erde schauen kann. Einen verhee­renden Ausbruch des Tavurvur erlebten die Bewohner von Matupit im Jahr 1994. Es begann mit einem Erdbeben, das Wasser zog sich weit in die Bismarcksee zurück, dann folgte eine Eruption, die dem Berg die Därme aus dem Leib zu reißen schien. In einer mächtigen Feuerwalze rollte die Lava vom Vulkan herab und begrub die zur Kolonialzeit er­blühte Hafenstadt Rabaul und Matupit unter sich. Zwei Wochen lang fiel Asche vom Himmel. Häuser wurden zerstört, Orchideen und Palmen erstickt, die Farbenpracht von gespenstischem Grau überdeckt.

Nach dieser Naturkatastrophe haben sich viele Menschen weiter weg, in sicherer Entfernung zum Tavurvur angesiedelt. Nur wenige kehr­ten nach Rabaul zurück. Der Vulkan ist bis heute fast ununterbrochen aktiv. Während der kurzen Ruhephasen grünt und blüht alles auf den fruchtbaren Lavaböden. Doch kaum haben die Menschen ihre Gärten bestellt, regnet es wieder Asche. Sie dringt in jede Ritze, setzt sich in den Bronchien fest, mischt sich ins Essen. Wasser ist durch sauren Regen ungenießbar geworden. Um Trinkwasser zu holen, müssen meine Freunde mit dem Einbaum über die Bucht paddeln, drei Stunden hin und zurück. Oder mit dem Bus fahren, aber das ist teuer.

Ihre Lebensgrundlage trotzen viele Menschen in Matupit dem Tavurvur ab. Sie graben bis zu zwei Meter tiefe Löcher in seine Flanken, um an die Eier zu kommen, die das Thermometerhuhn (es heißt wirklich so!) dort abgelegt hat. Das Huhn überlässt die Brutpflege der Wärme des Vulkans. Wenn die Küken schlüpfen, klopfen sie die Schale auf und krabbeln raus. Oft kommt es aber gar nicht dazu, denn die Eier sind eine Delikatesse und ein Zahlungsmittel. Inzwischen ist die Gegend um den Vulkan mit trichterförmigen Löchern übersät, es sieht dort aus wie auf einem Minenfeld.

Um den Menschen in Matupit zu helfen, habe ich mit Freunden den Pacific People Aid Fund gegründet. Mit den Spenden, die der Verein erhält, bezahlen wir Wassertanks und das Schulgeld für die Kinder.

Ich habe von den Menschen dort auch sehr viel bekommen. Seit ich sie kenne, weiß ich, dass man nicht viel braucht, um glücklich zu sein.

(NG, Heft 01/2014, Seite 148 bis 152)

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