Gut und böse
Unsere Titelgeschichte im Januar: Was entscheidet, wie wir werden? Die Neurowissenschaft kann heute erklären, warum wir uns mitfühlend oder grausam verhalten.
Ob wir wollen oder nicht: Es ist in jedem von uns. Und deswegen fasziniert uns das Böse. Jeden Sonntag inspizieren Millionen Deutsche den „Tatort“ im Fernsehen, Krimis und Thriller sind die beliebtesten Genres im Buchmarkt. Dabei gilt die Entlastung psychologisch als das wichtigste Motiv des Publikums: Am Ende muss der Täter gefasst werden, das Gute siegen. Das dient der Selbstvergewisserung, dass das Böse unter Kontrolle ist und bleibt.
Aber wo fängt es an, das Böse? Beim Pöbeln im Auto, weil der Vordermann nicht sofort bei Grün losfährt? Beim Einstecken der Euromünze, nachdem der Kunde nebenan sie im Einkaufswagen stecken gelassen hat?
Wem gelingt es schon, Kants kategorischem Imperativ im täglichen Handeln ständig zu folgen?
Solange die vielen guten Taten überwiegen, über die man gar nicht viele Worte verliert, muss sich niemand Sorgen machen: Freundschaftsdienste, ein Lächeln für den Kollegen, das Kümmern um die kranken Eltern. Unser Zusammenleben würde nicht funktionieren, wenn wir nicht grundsätzlich gut wären.
Und doch zeigen die wiederholten Genozide in der Geschichte, wie verführ- und manipulierbar der Mensch ist und wie böse er sein kann. Zudem gibt es in jeder Gesellschaft Täter, die aufgrund frühkindlicher Traumatisierung Stress nicht richtig verarbeiten und bei denen aggressive Impulse im Gehirn nicht mehr gehemmt werden. Die gefährlichste Gruppe sind die Psychopathen, die keinerlei Empathie empfinden. Sie zeigen genetische Auffälligkeiten – doch inwieweit brutale Gewalttätigkeit angeboren sein kann, bleibt umstritten.
Die gute Nachricht aber: Unser Gehirn entscheidet, wie mitfühlend wir handeln – und es lässt sich trainieren.
Die Titelgeschichte über das Gute und das Böse steht in der Ausgabe 1/2018 des National Geographic Magazins. Jetzt ein Magazin-Abo abschließen!