Pluto überrascht mit Dünen aus „Methansand“

Die Atmosphäre des Zwergplaneten galt eigentlich als zu dünn, um ausreichend starken Wind zu ermöglichen.

Von Nadia Drake
Veröffentlicht am 6. Juli 2018, 16:04 MESZ
Die NASA-Raumsonde New Horizons machte am 14. Juli 2015 diese hochauflösende Aufnahme von Pluto.
Die NASA-Raumsonde New Horizons machte am 14. Juli 2015 diese hochauflösende Aufnahme von Pluto.
Foto von NASA, Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory, Southwest Research Institute

In den kalten, dunklen Ebenen des Zwergplaneten am Rande unseres Sonnensystems geht etwas Seltsames vor sich. Auf Pluto finden sich Landschaften, die in gleichmäßigen Abständen von Hunderten Furchen durchzogen sind – fast so, als hätte dort jemand seinen überdimensionierten Daumenabdruck verewigt. Mittlerweile ist aber klar: Es handelt sich um eine Dünenlandschaft aus „Methansand“.

Die Erkenntnis ist durchaus überraschend. Wissenschaftler nahmen eigentlich an, dass Plutos schwache Atmosphäre nicht stabil genug ist, um die Bildung von Dünen zu ermöglichen, die den meisten Definitionen nach durch Wind entstehen.

“Die Dünen auf Pluto und auf jedem anderen Himmelskörper sagen uns, dass es dort eine ausreichende Atmosphäre gibt, um Material umherzubewegen – und dass es Material gibt, das man bewegen kann, in diesem Fall gefrorenen Methansand“, erklärt Jani Radebaugh. Die Forscherin der Brigham Young University ist einer der Autoren der Studie über das Phänomen, die im Mai in „Science“ erschien. Sie erforscht die Entstehung von windgeformten Landschaften auf der Erde und im gesamten Sonnensystem.

Die Forscher entdeckten die Dünen auf Bildern der NASA-Sonde New Horizons, die Pluto 2015 besuchte. Die Aufnahmen zeigen Methanhügel auf dem gewaltigen Gletscher, der den westlichen Teil von Plutos herzförmiger Region Sputnik Planitia ausmacht. Die blassen Hügel erstrecken sich mitunter auf einer Länge von mehr als 19 Kilometern.

Die Winde, die für den Transport des gefrorenen Sandes verantwortlich sind, wehen vermutlich aus Richtung einer Bergkette am Rande des Herzens auf die Gletscherebene. Sie treffen lotrecht auf die Sandhügel und haben dunkle Striemen auf Sputnik Planitia hinterlassen, die es den Forschern ermöglichten, den Weg der Winde zurückzuverfolgen.

Da der Gletscher unter den Dünen hauptsächlich aus weichem Stickstoffeis besteht, vermuten die Wissenschaftler, dass der Methansand ebenfalls von den Gipfeln der nahegelegenen Berge stammt. Diese ragen stellenweise bis zu 3000 Meter weit auf.

Durch Sublimation, die womöglich an den gefrorenen Gipfeln oder auf dem Gletscher selbst stattfindet, geht das Eis direkt in einen gasförmigen Zustand über. Dadurch werden die Methankörnchen in die schwache (aber sehr voluminöse) Atmosphäre des Pluto hinauftransportiert. Sobald sie einmal in der Luft schweben, werden die Körnchen von den Winden mitgezogen, die mit etwa 29 bis 38 km/h wehen.

Noch ist nicht ganz klar, wie hoch die so entstandenen Dünen sind. Wissenschaftler vermuten, dass sie zudem recht jung sind – weniger als 500.000 Jahre. Radebaugh vergleicht Plutos Dünen mit kleineren Wüstendünen Nordamerikas wie den Sanddünen der Mesquite-Ebene im Death Valley.

Nicht zum ersten Mal wurden Dünen in eher unerwarteten Umgebungen entdeckt. Zu den verblüffendsten Beispielen gehört sicher der Komet Tschurjumow-Gerassimenko. Die ESA-Raumsonde Rosetta erkundete das Objekt von 2014 bis 2016 und lieferte Daten, mit deren Hilfe Wissenschaftler dünenartige Wellenformationen auf seiner Oberfläche entdeckten. Auf Titan, dem größten Saturnmond, ragen gewaltige Dünen aus gefrorenen Kohlenwasserstoffen gen Himmel.

“Wenn eine so extrem dünne Atmosphäre wie die des Pluto schon in der Lage ist, die Bildung von Landschaftsformen durch windgetriebenes Sediment zu ermöglichen, was für Aktivitäten könnten wir dann erst auf Io (einem Jupitermond) oder Triton sehen?“, schrieb Alexander Hayes von der Cornell University in einem Kommentar zu der Veröffentlichung.

Plutos Dünen sind nur eine von zahlreichen Entdeckungen auf dem Zwergplaneten in der Eiswüste des Kuipergürtels. Die kleine Welt hat die Erwartungen der Wissenschaftler übertroffen, indem sie sich als so viel dynamischer und vielfältiger erweist, als man es für möglich gehalten hatte.

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