Im Falle des Verschluckens: Käfer bringt Kröte mit Giftstrahl zum Erbrechen

Bombardierkäfer haben eine ausgefallene Methode, um sich selbst dann noch zu retten, wenn sie bereits gefressen wurden.

Von Carrie Arnold
Veröffentlicht am 16. Feb. 2018, 12:49 MEZ
Bombardierkäfer wehren sich noch nach dem Verschlucken

Es gibt manchmal Dinge, die einem auf den Magen schlagen. Und es gibt Bombardierkäfer.

Wenn diese Tiere sich bedroht fühlen, spritzen sie einen heißen, fast kochenden Strahl aus chemischen Substanzen aus ihrem Hinterleib. Wenn so ein Käfer von einem Frosch oder einer Kröte verschluckt wird, setzt er diese Chemiekeule im Inneren des Magens frei, in dem er sich gerade befindet. Verständlicherweise treibt das seinen Fressfeind dazu, ihn wieder hochzuwürgen.

In fast der Hälfte aller Fälle überlebt das Insekt seinen kurzen Abstecher in den Verdauungstrakt des Amphibiums, wie japanische Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“ berichteten.

Sie konnten zum ersten Mal beobachten, wie der Käfer diese Taktik benutzte, nachdem er bereits gefressen wurde. Zwar haben auch schon andere Tiere eine solch missliche Lage überlebt – wie diese Blindschleiche, die den gesamten Verdauungstrakt einer Kröte durchlief und am hinteren Ende wieder wohlbehalten herauskam –, aber dies ist der erste Fall, bei dem eine ganze Tierart eine solche Strategie nutzt.

SODBRENNEN AUF ABRUF

Bombardierkäfer sind nicht gerade selten. Es gibt über 500 Arten, die auf jeden Kontinent mit Ausnahme der Antarktis zu finden sind. Sie alle bilden eine giftige Mischung aus Chemikalien in einer besonderen Kammer in ihrem Hinterleib.

Dort werden kurz vor dem Angriff die Zutaten des explosiven Cocktails zusammengemischt und lassen neben einer Menge Hitze und Druck auch Wasserstoffperoxid und Benzochinon entstehen. Beide Chemikalien wirken reizend und können die Lunge und die Haut schädigen.

Dank der besonderen Form der Kammer wird die fast kochende Mischung unter großem Druck herausgespritzt.

„Das gibt so ein quietschendes Ploppen“, sagt Wendy Moore, eine Entomologin an der Universität von Arizona, die an der Studie nicht beteiligt war. „Das lässt einen wirklich aufhorchen. Und es ist definitiv effektiv, um Sammler abzuschrecken.“

Im Zuge der Untersuchung dieser chemischen Verteidigung verfütterten Takuya Sato von der japanischen Universität Kobe und andere Forscher einen solchen Käfer an eine Japanische Erdkröte. Ganze 45 Minuten nach dieser Mahlzeit erbrach das Tier den Käfer wieder. Spannenderweise schien er das Ganze unbeschadet überstanden zu haben.

Laut Shinji Sugiura, einem Wissenschaftler der Universität Kobe und dem Co-Autor der Studie, hatte man zuvor schon beobachtet, wie diese Käfer dank ihrem Chemiecocktail aus dem Maul von Fressfeinden entkamen, bevor sie verschluckt wurden. Allerdings hatte er noch nie zuvor gesehen, dass ein Frosch oder eine Kröte einen solchen Käfer wieder auswürgte, nachdem er ihn gefressen hatte.

ZUM KOTZEN

Er und Sato beschlossen, die Fähigkeit des Käfers zu testen, die Kröten zum Erbrechen zu bringen. Sie verglichen zwei Krötenarten – die Japanische Erdkröte Bufo japonicus und die Art Bufo torrenticola – und fütterten sie mit der Bombardierkäferart Pheropsophus jessoensis, die in Japan und Korea heimisch ist. Die Hälfte der Käfer reizten die Forscher mit einem kleinen Stock, damit sie ihren Vorrat an toxischen Chemikalien ausstießen, bevor sie sie verfütterten.

Diese wehrlosen Käfer wurden von den Kröten allesamt verschluckt und verdaut. Von den wehrhaften Käfern wurden allerdings 43 Prozent zwölf bis 102 Minuten nach dem Verzehr wieder ausgewürgt.

Das Team berichtete, dass die größeren Käfer eher einen Brechreiz auslösten und die kleineren Kröten eher zum Erbrechen neigten. Alle wieder ausgewürgten Käfer waren im Anschluss gesund und munter.

Aber wie schafften es einige von ihnen, fast zwei Stunden lang im Magen der Kröten zu überleben? Wie sich herausstellte, sind Bombardierkäfer ziemlich zäh – im übertragenen Sinne. Die Forscher verglichen sie mit anderen Käferarten, nachdem beide 20 Minuten im Magen einer Kröte verbracht hatten: Die Bombardierkäfer hatten nach diesem Zeitraum deutlich weniger unter den Verdauungssäften gelitten.

„Die starken Säuren in den Verdauungssäften der Fressfeinde könnten ein Beutetier töten, bevor es wieder ausgewürgt wird. Das lässt vermuten, dass Bombardierkäfer die Fähigkeit entwickelt haben, den Verdauungstrakt der Kröten zu überleben“, schrieb Sugiura in einer E-Mail.

Der Vorteil an dieser Strategie liegt Moore zufolge darin, dass sie nicht nur die Überlebenschancen der Käfer erhöht, sondern die Kröten vermutlich auch davon abhält, sich nach so einer Erfahrung noch mal ein leckeres Käferhäppchen zu gönnen.

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