Zähneputzen mit Garnelen?
Putzergarnelen reinigen die Schuppen und Mäuler von Fischen, scheinen aber auch Menschen gern auszuhelfen. Experten raten jedoch ab.
Die tüchtigen Krebstiere fressen Parasiten und abgestorbene Schuppen von Fischen und halten die Tiere so gesund, während sie sich eine Mahlzeit ergattern. Wenn menschliche Taucher sich den Tierchen nähern, bieten diese ebenfalls gern ihre Dienste an.
Aber warum putzen die spezialisierten Garnelen auch uns? Und sollten wir das zulassen?
UNTERWASSER-PUTZKOLONNE
In ihrem Urlaub auf Hideaway Island in Vanuatu filmte die Australierin Victoria Kronsell einen Taucher, der sich eine Schnellreinigung von einer Indopazifischen Weißband-Putzergarnele abholte.
Kronsell selbst hat das nicht versucht, fand aber, dass es „ein netter kleiner Trick für die Touristen“ sei.
Laut Benjamin Titus vom American Museum of Natural History in New York City sei das außerdem etwas, das Taucher des Öfteren versuchen. Titus hat die Auswirkungen von Interaktionen mit Tauchern auf Putzergarnelen erforscht.
Die Garnelen haben eine schlechte Sehkraft, wie er sagt. Das könnte erklären, warum sie vor menschlicher Kundschaft nicht zurückschrecken.
Die Garnelen könnten die Taucher einfach für „große Fische“ halten, erzählt Eleanor Caves, einer Forscherin an der Duke University.
In einer aktuellen Studie zeigte Caves, dass die Putzergarnelen dunklere Stellen auf einem iPad-Bildschirm zu putzen versuchten, das an die Scheibe ihres Aquariums gehalten wurde. In der Natur dunkeln Fische ihre Farbe ab, um den Garnelen zu signalisieren, dass sie sich putzen lassen wollen.
Die Anwesenheit von Tauchern kann das Putzverhalten der Tiere beeinflussen.
Im Rahmen einer Studie aus dem Jahr 2015 beobachteten Titus und sein Team das Putzverhalten an zwei Tauchplätzen – einer davon war kaum besucht und der andere war ein beliebter und viel besuchter Tauchplatz.
Das Putzverhalten zwischen Fischen und Garnelen veränderte sich nicht, wenn es lediglich über aufgestellte Kameras beobachtet wurde. An dem beliebten Tauchplatz ging es aber um 50 Prozent zurück, sobald Menschen anwesend waren. Als Taucher jene Bereiche aufsuchten, an denen sich normalerweise gar keine Menschen tummelten, stellten die Tiere das Verhalte ganz ein. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Fische zwar an die Anwesenheit von Tauchern gewöhnen können, allerdings nicht vollständig.
Während der Putzens verharren die Fische regungslos und exponiert im Wasser, was sie für Fressfeinde zu leichter Beute macht. Wenn Taucher in der Nähe sind, könnten die Fische ihre Körperpflege daher aufschieben, was sich auf ihre eigene Gesundheit und die anderer Fische negativ auswirken könnte.
„Wenn ein Taucher eine Putzstation blockiert, könnte er Fische verjagen oder blockieren, die eine Reinigung brauchen“, sagt Caves.
NICHT DIE LUFT ANHALTEN
Caves selbst hat sich bisher noch nie von einer Garnele die Zähne putzen lassen. Allerdings haben sie schon im Labor ihre Hand gesäubert, als sie Aquarien gewartet hat.
„Sie sind so klein, dass man sie wirklich kaum spürt, mit Ausnahme von ein paar kleinen Kniffen, wenn sie mit ihren Chela [kleinen Zangen] zupacken.“ Sie vermutet daher, dass es sich ziemlich merkwürdig anfühlen würde, wenn einem die Tierchen die Zähne reinigen.
„Es ist toll, wenn die Leute ein besseres Verständnis dafür gewinnen, was sich so alles in einem Riff befindet“, sagt Caves. „Aber sowohl für Taucher als auch für alle anderen, die die Natur genießen wollen, ist die beste Vorgehensweise immer, die Tiere in Ruhe zu lassen.“
Wenn sich die Taucher ruhig verhalten und still an einem Ort verharren, werden sie das Putzverhalten wahrscheinlich beobachten können – und die Tiere dabei so wenig wie möglich stören.
Titus kann den Spaß bei dieser Interaktion zwar nachvollziehen, würde von einer Zahnreinigung durch Garnelen aber abraten.
Außerdem verweist er auf die erste Regel des Tauchens: Nicht die Luft anhalten. Das kann nämlich das Risiko für Dekompressionskrankheit erhöhen. Aber „genau das tut man, wenn man eine Garnele durch seinen Mund kriechen lässt.“
Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.