Übereifrige Eidechse bildet drei Schwänze aus

Forscher entdeckten das ungewöhnliche Reptil im Kosovo und haben eine Vermutung, wie es zu der Fehlbildung kam.

Von James Owen
Veröffentlicht am 23. Aug. 2019, 18:57 MESZ
Die drei Schwänze dieser Pracht-Kieleidechse wuchsen wahrscheinlich, nachdem das Tier seinen ursprünglichen Schwanz vollständig abgeworfen hatte.
Die drei Schwänze dieser Pracht-Kieleidechse wuchsen wahrscheinlich, nachdem das Tier seinen ursprünglichen Schwanz vollständig abgeworfen hatte.
Foto von Daniel Jablonski

Als wäre es noch nicht bizarr genug, dass einige Tiere verlorene Gliedmaßen nachbilden können, hat es eine Echse im Kosovo nun geschafft, gleich drei Schwänze statt nur einem nachwachsen zu lassen.

Das Tier wurde im Juni 2015 in der Region Metochien entdeckt. Es handelt sich um eine ausgewachsene Pracht-Kieleidechse (Algyroides nigropunctatus). Ihre drei Schwänze waren jeweils 30,15 und 10 Millimeter lang.

Galerie: Warane

Das außergewöhnliche Exemplar ist nicht nur das erste bekannte innerhalb seiner Art, sondern zählt auch zu nur einer Handvoll dreischwänziger Eidechsen, die weltweit bislang dokumentiert wurden. So erzählt es der Mitentdecker des Tieres, Daniel Jablonski, ein Biologe an der Comenius-Universität in Bratislava in der Slowakei. Exemplare mit zwei Schwänzen kommen etwas häufiger vor, sind aber trotzdem eine Seltenheit.

„Ich erforsche Reptilien schon ziemlich lange und habe hunderte, vielleicht sogar tausende Exemplare untersucht. Aber das war mein erstes“ mit drei Schwänzen, schrieb er in einer E-Mail.

Knochenbruch mit Folgen

Die drei Schwänze zeugen vermutlich von einer Fehlfunktion in der Autonomie der Eidechse – jenem Prozess, bei dem manche Tierarten ihren Schwanz abwerfen, um einem Raubtier zu entkommen. Im Anschluss daran bilden sie einen neuen Schwanz aus, indem sie die fehlenden Knochen durch Knorpel ersetzen.

Auch andere Wirbeltiere wie Brückenechsen und Salamander können ihren Schwanz ersetzen. Die meisten Tiere mit dieser Fähigkeit zählen aber zu den Echten Eidechsen.

Frühere Studien mehrschwänziger Eidechsen deuteten darauf hin, dass ein zusätzlicher Schwanz meist dann auftritt, wenn der ursprüngliche Schwanz nur teilweise abgetrennt wurde und am Körper hängenbleibt.

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In einigen Fällen bildet sich das zusätzliche Körperteil aber auch aus, nachdem der gesamte Schwanz abgetrennt wurde. Genau das geschah wahrscheinlich bei dem Exemplar aus dem Kosovo.

Vermutlich wurde das Ende der Wirbelsäule durch Gewalteinwirkung gebrochen, sodass aus jedem abgetrennten Wirbel ein neuer Schwanz wuchs, wie es in der entsprechenden Studie heißt, die in „Ecologica Montenegrina“ erschien. Ein Greifvogel oder ein Hund könnte die Eidechse angegriffen haben. Verwilderte Haushunde „kommen auf dem Balkan ziemlich häufig vor“, wie Jablonski anmerkt.

Ein weiterer Beleg dafür, dass die Eidechse ihren ursprünglichen Schwanz vollständig verloren hat, ist der Umstand, dass die drei Schwänze allesamt eine andere Farbe und ein anderes Schuppenmuster haben als die Haut jenseits der Bruchstelle.

„Ziemlich dramatisch“

„Das Coole an diesem Fall ist, dass der ursprüngliche Schwanz abgetrennt wurde, anstatt nur beschädigt zu werden“, sagt Bill Bateman, ein Biologe an der Curtin University im australischen Perth.

Für viele Tierarten ist die Autonomie eine wichtige Fluchttaktik, erklärte er. „Daher ist es nicht überraschend, dass es zu solchen seltsamen Fällen kommen kann“, so Bateman, der an der Studie nicht beteiligt war.

Trotzdem handelt es sich bei der Eidechse aus dem Kosovo um ein „ziemlich dramatisches“ Exemplar, „weil alle drei Schwänze so aussehen, als wären sie aus einem Stumpf gewachsen, und außerdem ziemlich groß wirken.“

Batman hat in den USA einmal einen Bahamaanolis (Anolis sagrei) mit drei Schwänzen gesehen. Allerdings hatte er nur „sehr kurze und unterentwickelte ‚Schwänzchen‘“, die am ursprünglichen Schwanz hingen, wie er sagt.

Gesund und munter

Theoretisch könnten die drei Schwänze für das Gleichgewicht des Tieres hinderlich sein oder andere Probleme bereiten. Aber die Pracht-Kieleidechse aus dem Kosovo war der Studie zufolge in guter Verfassung und wurde nach der Untersuchung unbeschadet wieder freigelassen.

Die dreischwänzige Pracht-Kieleidechse war bei bester Gesundheit und wurde unbeschadet wieder in ihr heimatliches Revier zurückgesetzt.
Foto von Daniel Jablonski

Es sei laut Bateman möglich, dass die Eidechse ihre Fehlbildung kompensiert, indem sie ihr Verhalten anpasst. Beispielsweise könnte sie besonders vor Fressfeinden auf der Hut sein oder sich auf ein kleineres Revier beschränken.

„Ich bezweifle, dass die zusätzlichen Schwänze irgendwelche gesundheitlichen Folgen nach sich ziehen“, fügt er hinzu.

Schließlich ist das ein Angebot, das man nicht jeden Tag bekommt: drei Schwänze zum Preis von einem.

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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